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das uns tiefes Glück geben könnte? Irgendeinen Menschen? Ist er beständig? Hat er immer dieselben Gefühle, Gedanken und Reaktionen? Oder ändert er sich andauernd? Ist er nicht auch dem Tod unterworfen? Gibt es irgendeine Situation, eine Erfahrung oder etwas, was wir sehen, hören, riechen, schmecken oder denken, das uns vollkommenes Glück geben könnte? Wo ist dies zu finden? Und doch läuft die ganze Welt dem hinterher, wie dem Goldschatz, der am Ende des Regenbogens existieren soll. Läuft man einem Regenbogen hinterher, wird man wohl eines Tages merken, dass man ihn nie erreicht.

      Außerdem ist ein Regenbogen eine äußerliche Manifestation, und Glück und Frieden sind innere Gefühle, die nicht von außen hineinkommen können, die man in sich nur selbst entwickeln kann. Wenn man das nicht tut und nicht kann, dann wird man wohl unglücklich und unzufrieden bleiben. Ein anderer kann noch so nett und lieb sein und versuchen uns zu helfen, wenn wir uns nicht selbst bemühen, kommt das innere Glück nicht zustande. Ramana Maharshi, der ein erleuchteter Weiser im Süden Indiens war und vor ungefähr 35 Jahren starb, hat gesagt: „Glück und Frieden sind nicht unser Geburtsrecht. Diejenigen, die es erlangen, bekommen es durch ständige Anstrengung.“ Erlauben wir unserem Geist negative Richtungen einzuschlagen, so ernten wir nur unser eigenes negatives Karma. Statt diesen Zusammenhang zu erkennen, machen wir oft andere für unsere Reaktionen verantwortlich. Im Prinzip gibt es überhaupt keinen Schuldigen, weder uns selbst, noch andere.

      Es handelt sich hier einzig und allein darum, den Geist zu trainieren und ihn nicht abrutschen zu lassen. Sobald man mit der Meditation anfängt, beginnt das Trainieren des Geistes. Will man körperlich etwas erreichen, vielleicht schnell laufen oder weit springen oder gut schwimmen oder Tennis spielen, so muss man dafür auch oft üben. Übt man die Meditation nicht ständig, wird es auch keinen trainierten Geist geben; er wird genauso diskursiv und reaktiv bleiben, wie er immer war.

      Ein Mensch, der sich nicht ernsthaft bemüht, den Geist zu trainieren, wird nicht in der Lage sein, klar zu denken, weil er von seinen Emotionen, die den Sinneskontakten folgen, überschüttet wird. Sehen wir etwas, das wir nicht leiden können, dann haben wir ein unangenehmes Gefühl, und schon ist die Emotion des Ärgers, der Ablehnung, des Widerwillens da. Genauso geht es mit den anderen Sinneskontakten. Wenn wir etwas hören, was wir nicht gern haben, so entsteht ein unangenehmes Gefühl, und es folgt beleidigt sein, Feindschaft oder nicht leiden können. Und dieses Spielchen können wir natürlich immer wiederholen, Tag für Tag. Wir machen damit nur unser eigenes Leben und das Leben anderer schwierig. Die Menschen, mit denen wir zusammen sind, werden davon in Mitleidenschaft gezogen, und da sie ihren Geist auch noch nicht trainiert haben, reagieren sie natürlich ebenfalls negativ.

      Nehmen wir einmal unseren Tagesablauf und damit unseren Geistesablauf in die Hand, dann können wir unsere Reaktionen allmählich ändern. Der erste Schritt dazu ist, sich bewusst zu machen, dass der Buddha gesagt hat, es sei ein seltener Glücksfall, als Mensch mit einem gesunden Körper und intakten Sinnen geboren zu sein; und auch noch die Möglichkeit zu haben, die wahre Lehre zu hören und zu praktizieren. Wenn man sich dies mindestens einmal am Tag vergegenwärtigt, dann wird es wohl kaum möglich sein, mit der eigenen Situation unzufrieden zu sein, sondern man kann nur Dankbarkeit empfinden. Vielleicht wird man dann auch erkennen, dass man selbst seines eigenen Glückes Schmied ist, indem man alles, was einem begegnet, als Lernsituation betrachtet.

      Nun gibt es natürlich, genau wie in der Schule, Lernsituationen, denen man nicht gewachsen ist. Man fällt durch. Dann muss man es eben noch einmal machen, genau wie in der Schule. Wir sind alle schon viele Male durchgefallen und bekommen immer wieder dieselbe Situation vorgesetzt, bis wir das Examen bestehen. Solange wir die Lektion noch nicht erkannt haben, ist es natürlich schwieriger. Untersuchen wir aber unsere Reaktionen, dann haben wir eine Chance, den Lernsituationen wirklich gewachsen zu sein. Weichen wir ihnen aus, kommen sie später wieder. Es kann sein, dass wir in diesem Moment ausweichen müssen, weil wir einfach nicht damit fertig werden. Das bedeutet aber nicht, die Lernsituation zu tadeln und andere dafür verantwortlich zu machen, sondern wir akzeptieren es einfach als unsere eigene Schwäche. Wir haben noch nicht genug Liebe und Mitgefühl in uns selbst entwickeln können, unser Herz noch nicht genügend kultiviert, dass wir mit so einer schwierigen Situation fertig werden können; das ist alles. Das ist die Wahrheit, alles andere ist Fantasie.

      Es ist kein anderer oder die Umwelt daran schuld. Einzig unsere fehlende Liebe, unser fehlendes Mitgefühl und Verständnis bringen uns immer wieder in Schwierigkeiten. Diese haben wir alle, und jeder kennt seine eigenen. Für jeden gibt es dieselbe Lösung, unsere Schwierigkeiten sind nichts anderes als ein Hilfsmittel zum Wachstum. Dann haben wir eine ganz andere Beziehung dazu und können sagen: „Es ist wohl gerade das, was ich zu meinem Wachstum gebraucht habe, sonst wäre es ja wohl nicht bei mir erschienen.“ In dem Moment ist dann die Schwierigkeit nichts weiter als eine Aufforderung zum Wachsen. Wir können sie auch als eine Herausforderung ansehen, unsere stärksten Kräfte zu aktivieren. Was uns täglich passiert und zwar alles, ohne Ausnahme, ist genau das, was wir zum Wachstum brauchen. Nur dazu dient es, sonst wäre es nicht passiert. Sollten wir damit nicht fertig werden, so ist das auch in Ordnung.

      Unsere Umwelt können wir auf zwei Arten als Spiegel verwenden. Den ersten Weg habe ich bereits beschrieben. Es ist immer wieder zu erkennen, dass das, was wir in dem anderen sehen, nur das ist, was wir in uns schon kennen, und wir nichts weiter vorgespielt bekommen als ein kleines Theaterstück, in dem wir selbst der Hauptdarsteller sind. Wir glauben ja sowieso, dass alle anderen nur Nebenrollen haben.

      Es gibt noch einen anderen Weg, die Umwelt als Spiegel zu benutzen. Und es ist sehr, sehr wichtig, auch diesen Weg zu gehen. Aber im Allgemeinen werden wir von unseren Emotionen derartig überschüttet, dass wir diesen Weg gar nicht gehen können, denn es ist der Weg der Einsicht. Die Emotionen, die uns überschütten, sind häufig so stark wie Wellen im Ozean, unter denen wir dann stehen und nur noch das Wasser sehen und nicht mehr den Meeresspiegel erkennen können. Erst wenn sich die Wellen wieder geglättet haben, und der Meeresspiegel wieder ruhig und sichtbar geworden ist, können wir versuchen, durch den Meeresspiegel in die Tiefe zu schauen. Dasselbe gilt für unsere Emotionen; wenn wir uns ärgern, oder etwas dringend begehren, so werden wir nichts als Ärger, Begehren, Unzufriedenheit oder Ablehnung erleben. Wir können nicht mehr das Ganze sehen, sondern nur noch einen Teil davon. Je mehr wir uns von unseren Reaktionen frei machen können, desto einfacher ist es, den Einsichtsweg zu beschreiten und die Umwelt als Spiegel der absoluten Wahrheit zu benutzen.

      Das erste, was ich erklärt habe, ist relative Wahrheit. Der andere ist ärgerlich, also sehe ich meinen eigenen Ärger. Wir können aber auch die absolute Wahrheit in unserer Umwelt erkennen, ob das andere Menschen sind oder ein Baum, Strauch, Blatt oder Grashalm – alles spiegelt Unbeständigkeit, Verfall, Krankheit und Tod wider, wir müssen nur hinschauen. Gewöhnlich haben wir die Tendenz, uns derart von der absoluten Wahrheit abzuschirmen, dass wir nur das sehen, was wir sehen wollen. Wenn wir eine Blume sehen, sehen wir entweder „hübsch“ oder „hässlich“, bei einem Baum sehen wir entweder „nützlich“ oder „im Weg“. Wenn wir einen Menschen sehen, so entscheiden wir entweder „netter Kerl“ oder „unmöglich“. Aber die Wirklichkeit schauen wir uns überhaupt nicht an, denn sie ist ganz anders. Die Wirklichkeit besteht erst einmal aus der Tatsache, dass alles, was entstanden ist, auch wieder vergehen muss. Sehen wir eine Blume, die hübsch ist, so ist sie wohl gerade im Entstehen oder in ihrer vollen Blüte, und wenn sie hässlich ist, dann ist sie im Verfall. Diesem Prozess sind wir ebenso unterworfen, nur mit einer längeren Zeitspanne.

      Betrachten wir eine Blume, einen Baum oder irgendeine andere Naturerscheinung, dann sollten wir uns in diesen ewigen Wechsel miteinbeziehen. Der Tag weicht der Nacht, die Sonne dem Mond, die Sterne kommen und gehen, sind nicht mehr zu sehen, weil sich dieser Erdball die ganze Zeit dreht und bewegt, und sich das Universum ständig zusammenzieht und wieder ausdehnt. Wenn wir uns die Wahrheit anschauen, die in allem zu finden ist, und uns in diesen universellen Fluss der Dinge miteinbeziehen, dann bekommen wir eine andere Reaktion und ein anderes Gefühl für uns selbst und für die Welt um uns herum. Diese Welt spiegelt die ganze Zeit Unbeständigkeit, Verfall, Entstehen und Vergehen. Wir sind nicht nur ein Teil der Welt – jeder von uns ist die Welt. Ohne uns wäre überhaupt nichts erfassbar, denn es gäbe keinen, dem bewusst wäre, dass da eine Welt ist. Sehen wir die Bewegungen, das ständige Kommen und Gehen von allem, dann sind die

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