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Tausend und eine Nacht. Max Geißler
Читать онлайн.Название Tausend und eine Nacht
Год выпуска 0
isbn 9783962818647
Автор произведения Max Geißler
Серия Märchen bei Null Papier
Издательство Bookwire
Nun war das Lachen an Sindbad. »Ich könnte dich mit einem Baumast erschlagen«, sagte er, »um dich für die Übeltat zu strafen; aber ich sehe da eben, dass du in deinen schmutzigen Haaren einige sehr wertvolle Perlen trägst, so groß wie Haselnüsse. Wenn du mir die gibst, will ich dir dein Leben schenken.«
»So, so«, machte der Greis. »Solche Dinger kann ich mir sehr leicht wieder verschaffen, die haben gar keinen Wert für mich und sind in mein Haar gekommen, ich weiß nicht wie.«
Da löste Sindbad drei weiße und eine köstliche schwarze Perle aus den struppigen Haaren und schätzte, dass die Kleinodien einen Wert von vier Schlössern haben möchten. »Damit hast du deine Schuld bezahlt«, sagte er, »und nun wünsch’ ich dir einen guten Tag.«
Der Alte schaute ihm mit sauren Blicken nach, aber Sindbad eilte so schnell er konnte zum Strande; denn er sah gerade ein Schiff vorübersegeln, dem er sich bemerkbar machte, sodass es landete und ihn aufnahm.
Als er den Schiffsleuten sein Abenteuer erzählte, staunten sie sehr und sagten: »Du bist ein Glückspilz, Sindbad; denn du bist keinem anderen in die Hände gefallen, als dem Meergreis; und dieser grausame Geselle hat noch keinen aus seinen Krallen gelassen.«
Nach einiger Zeit landete das Schiff im Hafen einer großen Stadt; Sindbad schloss sich dort einigen Kaufleuten an, die mit Säcken auszogen, Kokosnüsse zu sammeln.
Alsbald gelangten sie in einen großen Wald, der aus sehr hohen, sehr glatten Bäumen bestand, sodass es unmöglich war, ohne Leitern bis in die Kronen der Bäume emporzuklettern.
Als die Männer in den Wald traten, sahen sie eine große Menge wütender Affen, die sich mit erstaunlicher Behändigkeit von Wipfel zu Wipfel schwangen.
Die Kaufleute sammelten Steine und warfen dann nach den Affen, die aber setzten sich in Verteidigung, und weil sie keine Steine hatten, so rissen sie die schweren Nüsse von den Bäumen und schleuderten sie gegen ihre Feinde. Auf diese Weise füllten sich die Säcke der Sammler rasch, und als sie die Nüsse verkauften, lösten sie eine Menge Geld.
Sindbad verwendete das seine auf eine sehr merkwürdige Weise: er dingte sich einige Schwarze, die er zur Perlenfischerei verwendete, bis ein Schiff unter Segel ging, das ihn zur Heimat führte. Die Perlen aber brachten ihm beim Verkauf unermessliche Reichtümer.
Nach Verlauf eines Jahres litt es ihn abermals nicht mehr daheim. Das Schiff, das er im persischen Meerbusen bestieg, hatte eine so unglückliche Fahrt, dass Kapitän und Steuermann den Weg ganz und gar verloren; denn zu damaliger Zeit waren die Schiffe noch nicht mit den Hilfsmitteln von heute ausgerüstet. Eines Tages gebärdete sich der Kapitän wie ein Rasender, warf sich auf das Deck und riss sich den Bart aus; dann schrie er: »Wir befinden uns an der gefährlichsten Stelle des Ozeans; eine reißende Strömung treibt das Schiff, in einer Viertelstunde sind wir alle des Todes!«
Das war eine sehr üble Aussicht; und kaum waren die Worte des Kapitäns verhallt, so trieb das Schiff mit der Schnelligkeit eines Sturmes gegen einen sehr hohen und steilen Berg, an dem es zerschellte. Zwar wurden alle Personen und die meisten Waren gerettet, aber der Schiffshauptmann war untröstlich und schrie: »Grabt euer Grab und lasst uns einander Lebewohl sagen; denn von diesem Ort ist noch kein Mensch lebend gekommen.«
Die Küste war ganz mit den Trümmern gescheiterter Schiffe bedeckt, unermessliche Reichtümer an Gold, Perlen und seltenen Muscheln waren am Strand aufgehäuft. Aber all diese Dinge dienten nur dazu, den Schmerz der Gestrandeten zu vermehren. Der Berg hielt jeden Wind von dieser Stelle ab, sodass niemand auf den Trümmern der Schiffe sich retten konnte; denn die reißende Strömung wütete mit ganzer Kraft. Der Berg selbst war aber so steil, dass kein Mensch an dem überhängenden Gewände emporzuklimmen vermochte.
Wie Leute, die ihren Verstand verloren hatten, lag die Schiffsmannschaft tagelang in den Trümmern umher. Die zuerst starben, wurden von den anderen begraben. Zuletzt war Sindbad allein übriggeblieben, weil er mit seinen Nahrungsmitteln am besten hausgehalten hatte; aber als er den letzten seiner Genossen begrub, blieben ihm nur noch so wenig Lebensmittel, dass auch er sich sein eigenes Grab schaufelte.
Nun mündete nicht weit von jener Stelle ein Fluss ins Meer; der brach aus einem Felsentore von köstlichen Edelsteinen; und wer in das Tor hineinblickte, schaute nichts als gähnende Tiefe und unermessliche Nacht. Und während Sindbad das rätselhafte Felsentor betrachtete, sagte er zu sich: »Dieser Fluss wird dich vielleicht nur auf einem Teile seines Laufes unter der Erde verbergen. Wie, wenn ich mir ein Floß baute und auf seinen Wogen vorwärtsdränge? Vielleicht käme ich dann von diesem Unglücksorte fort und in ein schönes, helles Land!«
Er begann also ungesäumt an seinem Floße zu arbeiten, belud es mit einigen Ballen Rubinen, Smaragden, grauem Ambra und kostbaren Stoffen, die da umherlagen, und setzte es mit zwei Rudern in Bewegung.
Nicht lange, und das Floß fuhr in die Wölbung des Berges hinein. Einige Tage trieb Sindbad in tiefer Nacht, durch die nicht der kargste Lichtstrahl schimmerte. Manchmal war die Wölbung so niedrig, dass er nur im Sitzen rudern konnte. Von den tagelangen Mühen aber war er so müde, dass er endlich in einen tiefen Schlaf sank, und er war so gleichgültig gegen sein Schicksal geworden, dass er nicht einmal daran dachte: die Strömung werde ihn nun wieder zur Stätte seiner Qual zurücktreiben.
Dem war aber nicht so; denn zum Glück entschlief er just an einer Stelle des Stromes, an welcher dieser einen Arm aussandte, dessen Bewegung das Floß sofort aufnahm und vorwärtsdrängte.
Und als er erwachte, befand er sich mitten in einer weiten Landschaft voll herrlicher Bäume; das Floß war am Ufer festgebunden, und ringsumher stand eine Menge Schwarzer, die den Ankömmling neugierig betrachteten, der aus der Tiefe des Berges ihnen zugetrieben worden war.
Die Schwarzen waren sehr freundliche Leute, ließen sich Sindbads Geschichte erzählen und versorgten ihn reichlich mit Speise und Trank. Der König aber gab ihm Geschenke, ließ ein Schiff ausrüsten, und damit erreichte er glücklich die Heimat. So beschwerlich die Reise gewesen war, er hatte sein Besitztum dabei doch wieder dermaßen vermehrt, dass man in allen Ländern die Geschichte von Sindbads des Seefahrers unermesslichen Reichtümern