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was hält hier der Wettergott für uns bereit? In der Regel unten graues, wogendes Wasser, darüber das bläuliche Schwarz des Küstenwaldes. Zwischen diesem und einem hohen, zurückversetztem Kamm, aus denen verschneite Bergspitzen ragen, ein tief hängendes, zerfetztes Wolkenband, das vor dem Wind zu fliehen scheint. Und dort, wo der verhangene Himmel für kurze Momente ein paar Sonnenstrahlen gewähren lässt, bekommt die Umgebung sofort richtig Farbe. Auf der rechten Seite, aber etwas entfernt, ist das im Moment ein Gletscher, der sich glitzernd vom dunklen Grün abhebt und uns eine Winzigkeit vom wirklichen Alaska gewährt. Und, als hätte es die Regie so vorgesehen, kommt von der Brücke noch die Information, dass sich steuerbords auf 11 Uhr Wale nähern. Es sind drei oder vier Buckelwale, die uns mehrfach ihre Schwanzflosse zeigen. Nahrung finden sie in diesen Gewässern reichlich, doch braucht jeder dieser Vierzig-Tonner davon eintausend Kilo täglich. Nach dem Frühstück sind wir gerade wieder rechtzeitig an der Reling um der Peril-Stait noch einen letzten Blick zu schenken und um dabei zu sein, als unser Schiff ziemlich rechtwinklig nach Norden in Chatham Strait einbiegt. Die ersten, die uns auf diesem Seeweg entgegenkommen und an Alaska erinnern sind zwei Schlepper, die jeweils ein Floß aus einer Menge Baumstämmen hinter sich herziehen. Auch Fischerboote tuckern vorbei und ein weißes Kreuzfahrtschiff steuert südwärts. Rechterhand begleitet uns die Westküste von, Admiralty Island, das im Osten und Norden von der Stephens Passage, im Süden vom Fredericks Sound begrenzt wird. Hügel, dichter Wald, kleine Sumpfgebiete und, oberhalb 600 Meter, alpine Tundra mit Felsnasen und Eisfeldern kennzeichnen das 3.822 Quadratkilometer umfassende Gebiet. Der Ort Angoon, an dessen Hintertür die Wildnis beginnt, wird größtenteils von einem Tlingit-Stamm bewohnt. Admiralty ist, zusammen mit Baranof und Chichagof, die dritte im Bunde der „A-B-C Inseln“, die gleichzeitig auch echtes Bärenland sind, und die Zahl ihrer Braunbären (der Grizzly ist eine Unterart) verführt die Insel dazu, sich der größten Braunbärendichte in der Welt zu rühmen. Genetisch sollen diese Vierbeiner mit keinem anderen Bär in der Welt übereinstimmen, und der Polarbär ihnen am nächsten kommen. Bei den Fressgewohnheiten gibt es allerdings keine Unterschiede. Beeren, Gräser, Lachse, Elch- und Hirschkälber, kleine Säugetieren, Vogeleier und Insekten, das alles steht auch auf ihrer Speisekarte.

      Alaska hat etwa 30.000 Braunbären und damit rund 98 Prozent der Nordamerika-Population, die um das Jahr 1800 herum mit 100.000 beschrieben wurde. Als wesentlichste Unterschiede zu den schwarzen Vettern gelten ein größerer Körper, Schulterbuckel, längere Klauen und kleinere Ohren. Im Herbst, richtig fett geworden, können sie bis 700 Kilogramm auf die Waage bringen und messen, auf den Hinterbeinen aufgerichtet, mehr als 270 Zentimeter. Der Schwarzbär hingegen, Nordamerikas kleinster Bär, die Wälder bevorzugend und von schwarz über zimtfarben bis hin zum cremig-weißen Kermote Bär in Erscheinung tretend, ist schon mit 300 Kilogramm ein Koloss. Im Pack-Creek auf Admiralty Island kann man die Braunen im Sommer beobachten, mit einem Tour-Veranstalter oder auf eigene Faust. Für Letzteres ist jedoch ein Permit vom „Forest Service Information Center in Juneau“ notwendig. Die Ausstellung dieser Tickets für die vom 1. Juni bis zum 10. September laufende Saison beginnt ab 1. März, und der maximale Aufenthalt auf der Insel sind drei Tage. Wer in der besten Zeit (5.7. bis 25.8.) die Bären besuchen möchte muss, auch wegen der knappen Unterkünfte, zeitig reservieren und wissen, dass Poststempel oder E-Maildatum für eine Übersee-Antragstellung den 10., und örtliche Anträge den 20. Februar des jeweiligen Jahres nicht unterschreiten dürfen. In der Hauptsaison fallen dafür pro Tag und Person etwa 36 $ Gebühren an, Rentner und Jugendliche zahlen die Hälfte. Wer selbst organisiert braucht noch ein Wasserflugzeug. Diese Charters (privat oder Reisebüro), die ihre Gäste morgens zum Pack Creek fliegen und abends wieder abholen, kosten als dreisitzige Maschine und ab Juneau etwa 500 Dollar. Mit professionellen Vor-Ort-Veranstaltern oder Bootsdienst wird es billiger, doch hat man mit dem „Buschflieger“ einen kompletten Tag im Bärengebiet und ist unabhängig. Außerdem, im Seymur Canal, der größten Einbuchtung auf der Ostseite der Insel, in den auch der Pack Creek entwässert, ist eine der größten Konzentrationen an Weißkopf-Seeadlern von Südostalaska zu Hause, für die dann auch noch etwas Zeit übrig bleiben könnte.

      Die letzte Stunde hatten wir einem Ranger gelauscht, dessen Vortrag „Welcome to Alaska“ recht interessant war, doch nun pfeift uns der Seewind wieder ins Gesicht. Wir gleiten vorüber an der nach Westen abzweigenden Icy Street – Futtergrund der Buckelwale, Seeweg nach Gustavus (Glacier Bay National Park) und, durch den Golf von Alaska, hinüber nach Whittier –, dann am weißen Leuchtturm von Point Retreat, der das Nordende von Admiralty Island markiert, und weiter nach Auke Bay, dem Fährterminal von Alaskas Hauptstadt Juneau. Doch lange bevor wir es erreichen, grüßt bereits aus der Ferne das Wahrzeichen der Provinzhauptstadt, der grünblau schimmernde 12 Kilometer lange Mendenhall Gletscher, dessen Eis links und rechts von Waldgürteln eingerahmt, und im Hintergrund von verschneiten Bergen bewacht wird. Vorn erweckt das Meer für einen Moment den optischen Eindruck, als würde es direkt bis an seine Abbruchkante reichen, doch sind es von der Anlegestelle bis zu ihm immerhin noch zwölf Meilen, und neunzehn bis zur Hauptstadt dieser nördlichen Provinz. Und zwischen allen drei Punkten breiten sich viel Wald und der Auke Lake aus.

      Wir werden ihn natürlich noch erwandern, aber nicht heute, denn in einer knappen Stunde legt die Fähre schon wieder ab und wir reisen mit ihr bis ans Ende der Inside Passage. Auch die Stadt, die zu Füßen des Mount Roberts am Gastineau-Kanal liegt, wo die Luxusliner mitten in der Stadt festmachen, werden wir noch erleben. Es sollte nur noch etwas dauern, bis wir zum Gletscher marschieren, durch Juneau bummeln und ihre Drahtseilbahn nutzen können, um auch von oben auf dieses touristische Hauptziel mit 31.000 Einwohnern, Shopping-Meile, Boots-, Hundeschlitten- und Helikopter-Touren schauen zu können. Heute ahnten wir das natürlich noch nicht, aber schon drei Jahre später waren wir wieder auf dieser Schiffsroute unterwegs, in umgekehrter Richtung und auch mit Zeit für die Bären im Pack Creek und einige andere Ziele entlang dieses Wasserweges.

      Gegründet wurde die heutige Hauptstadt Alaskas, die vorher den Namen Harrisburg trug, in den 1880er Jahren durch die Goldsucher Joe Juneau und Richard Harris, und das Edelmetall beschleunigte auch ihren Aufstieg, doch der eigentliche „Gründer“ war der Häuptling des Auke-Zweiges der Tlingit-Indianer, Chief Kowee, denn er war es, der Joe Juneau einige Nuggets von der Goldader im nahen Silver Bow Basin zeigte und damit den Goldrausch in Gang brachte. Anschließend förderten hier, zu einer Zeit, als die Unze mit zwanzig bis dreißig Dollar bezahlt wurde, drei der größten Minen der Welt Gold im Wert von insgesamt 158 Millionen Dollar. Als das Edelmetall den Aufwand nicht mehr lohnte, zog Joe Juneau 1897 weiter zum Klonike, starb dort 1903 in Dawson City und fand, wie Richard Harris, der 1907 in einem Sanatorium im amerikanischen Staat Oregon die Augen schloss, seine letzte Ruhe auf dem Evergreen Friedhof in Juneau. Dort findet sich am Eingang auch die Bronzeplakette, die an den eingeäscherten Häuptling Kowee erinnert. Er hatte am Reichtum keinen Anteil und verstarb in seinem Heim 1892.

      Als wir Haines, vorletzte Station auf unserer Schiffsroute, gegen 19 Uhr 30 ansteuern, hat auch der Wettergott eingesehen, dass es nun endlich an der Zeit ist, seine bessere Seite zu zeigen. Und er tut das auch gleich mit aller Eleganz, holt die Sonne hervor und setzt das kleine Örtchen, das aus einer Missionsstation entstanden und nach deren Geldgeberin benannt worden ist, in bestes Fotolicht. Vor gewaltiger Bergkulisse liegend, deren verschneite Spitzen von der Sonne in goldgelbes Licht getaucht werden, bietet es vom Meer aus ein grandioses Panorama, das die grauen Regenstunden unterwegs schnell vergessen lässt und auf Kommendes so richtig einstimmt!

      Haines, am nördlichen Ende des Lynn-Kanals auf einer schmalen Halbinsel zwischen den beiden Flüssen Chilkoot und Chilkat liegend, und das die Eingeborenen „Deishu“ (Ende des Trails) nannten, ist nicht nur ein wichtiges Tor zur Inside Passage, sondern auch zum Inneren Alaskas und dem Yukon. Der im Zweiten Weltkrieg erbaute, und sich über 254 Kilometer streckende Haines Highway, mit Anschluss an den Alaska Highway, hat damit für die moderne Geschichte eine ähnliche Bedeutung wie der uralte Handelspfad der Tlingit’s, dem er, ausgebaut und asphaltiert, folgt. Zu Haines gehört auch das Tal der Fischadler, in dem sich alljährlich, vom späten Oktober bis Mitte Dezember, etwa 3.500 dieser majestätischen Vögel einfinden, weil der Tisch vor dem harten Winter nochmals reichlich gedeckt wird, wenn mehr als 70.000 Chum-Lachse in ihre Laichgewässer ziehen. Vögel und Lachse sind dann aber keineswegs unter sich, weil am Rande der „Alaska Bald Eagle Reserve“ dann auch Hunderte von Fotographen aus aller Welt warten, um mit riesigen Objektiven

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