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einiges davon auf Pfählen über dem Wasser, und hinter der Straße, die irgendwo im dichten Grün verschwindet, klammern sich ebenfalls kleine Häuser an die bewaldeten Hänge. Darüber verdeckt dichtes Grau die große Kulisse, und aus jener regnet es intensiv. Anschließend wiederholt sich, was beim Anlegen der Fähre Routine ist. Ein paar Zurufe und Kommandos, das Festmachen der schweren Taue und dann rattern schon die mächtigen Ketten über ihre Rollen und legen die schweren, von ihnen gehaltenen Eisenplatten bei der Öffnung des Schiffsbauches quietschend und mit dumpfem knallen punktgenau auf die Metallplanken der Hafenanlage. Sekunden später rollt der erste LKW über sie hinweg aufs Festland, Gabelstapler laden ein oder aus, und auf dem Parkplatz wartet eine Handvoll Autos auf das Zeichen zum verladen.

      Wrangell ist eine der ältesten „None-Native-Settlements“. Unter verschiedenen Fahnen boomte es mit Holz, Gold, Fisch und der Jagd, und das kleine Chief Shakes Island mit seinem Tlingit-Klanhaus mitten im Bootshafen liegend, ist sein Markenzeichen. Zwei Feuer, 1906 und 1952, vernichteten fast das gesamte Zentrum, doch blieb der Ort auch danach, was er immer schon war, eine „logging town“. Und so lange es Bäume zu fällen und Bohlen zu verladen gab, war die Zukunft so sicher wie die Vergangenheit. Diese Ära ging jedoch 1994 zu Ende, als das Sägewerk, das etwa einhundert Jahre lang ein Drittel aller Löhne dieses Ortes gezahlt hatte, aus wirtschaftlichen und Umweltgründen schloss. Ganz gingen die Lichter jedoch niemals aus. Selbst das Jahr 2003, als nur noch drei neue Häuser gebaut und 2.113 Einwohner gezählt wurden, war für den Ort kein Grund zum Pessimismus. Die Stadt wuchs nur langsamer, veränderte und besann sich auf ihre positiven Qualitäten und förderte diese. Der Ökotourismusgalt dabei als die wichtigste. Kajak, Kanu, wandern, klettern, fischen, Flightseeing, Jet- und Ausflugsboote, Gletscher- und Bärentouren oder Hütten im Hinterland, in das vom US-Forest-Service unterhaltene Schotterstraßen führen, zählen heute zu den wichtigsten Angeboten. Mit Abfällen aus dem alten Sägewerk wurde ein Feuchtgebiet trockengelegt und zu einem modernen Golfplatz umfunktioniert. Das Städtchen, zu dem keine Straßen führen und das seine Anbindung an die Außenwelt den Fähren und der Alaska Airline verdankt, liegt nur elf Kilometer vom wilden Stikine River entfernt. Und diesen, etwa 650 Kilometer langen Fluss, nutzt das moderne Wrangell auch auf moderne Art. Touristisch, mit Jetbooten über etwa 160 Meilen bis hinauf nach Telegraph Creek, das mit dem Fahrzeug nur über den Cassiar Highway zu erreichen ist. Über diesen Fluss, der der schnellste befahrbare Strom in Nordamerika und einer der wenigen Transportkorridore zum Pazifik durch die Küstengebirge ist, schrieb einst der Naturforscher John Muir, dass der Grand Canyon des Stikine „ein hundert Meilen langer Yosemite“ sei. Und wer diesen Park kennt weiß, was ihn hier erwartet. Dazu Fahrspaß, dichter Regenwald mit uralten Zedern, Fichten und Hemlocktannen, Gletscher, Wasserfälle, Weißkopf-Seeadler, Bären, Elche und Bergziegen. Flussabwärts sind auch Kanus, Kajaks und Flöße unterwegs, und im April, wenn das schäumende Gewässer in einem 25 Kilometer breiten Delta auf das Meer trifft, ist dieses auch ein guter Ort um Orcas und Seelöwen zu sehen. Auch Zugvögel, mehr als 120 Arten, gönnen sich auf ihrer jährlichen Reise hier eine Pause.

      Südlich von Wrangell, wo der Anan Creek kaskadenartig über seine Stromschnellen springt und ab Juli die Pink Salmons eintreffen, wird das „Anan Bear and Wildlife Observatory“ für sechs Wochen zu einem der bärenreichsten Gewässer in Alaska. Touristenboote und eine Plattform sorgen dann auch dafür, dass Besucher die Braun- und Schwarzbären in ihrer natürlichen Umgebung ziemlich nahe und bequem beobachten können.

      Ab Ketchikan ist das mit dem Wasserflugzeug ebenfalls möglich, und für die beste Lösung gilt dann das preisgünstige Paket „Misty Fjord, Leconte Gletscher und Anan Creek“. Als wir einige Jahre später dafür Zeit hatten, standen für diese Tagestour knappe 600 US$ pro Person auf der Rechnung. Die Wandlung vom Holzfällerdorf ist also gelungen, und Wrangell heute eines der neueren Urlaubsziele für Outdoor-Fans in Alaska.

      Nach dem Verladen legt die Fähre gleich wieder ab, und als Notiz schrieb ich ins Tagebuch „möglichst zwei Tage wiederkommen“. Die M.V. Kennicot sucht nun ihren Weg durch die Summer Strait nach Petersburg, das gegen 16 Uhr erreicht werden soll. Unsere Begleiter sind Regen, zahlreiche Inseln und der riesige boreale Regenwald, dem kalte Temperaturen und spärlicher, leicht saurer Boden ein Limit für sein Wachstum setzen. Unterhalb der Berge dominieren Sitka-Fichten (Rottannen), Western Hemlocks und Zederngebiete, am südlichen Ende des Lynn-Kanals auch Jack-Pinien. In offenen Gebieten wachsen vorzugsweise Pappeln, Erlen, Birken und Ahorn, dem die Einheimischen schmackhaften Sirup abgewinnen. Räuchert man Lachs über seinem Rauch, bekommt dieser eine delikate Süße und ist in leicht warmen Zustand ein ausgesprochener Hochgenuss! Die Waldränder gehören den Beerensammlern, Vögeln, Zwei- und Vierbeinern. Heidelbeeren von beträchtlicher Größe, rote Huckleberries und Preiselbeeren locken im Herbst, während die an mannshohen Sträuchern wachsenden himbeergroßen, orange-goldenen Salmon-Berries schon im Frühsommer reifen. Aber Vorsicht, denn wegen ihres verlockenden Geschmacks gelten sie auch bei den Bären als Leckerbissen.

      So unangenehm der Regen auch ist, wir müssen raus, denn heute passieren wir mit den „Wrangell-Narrows“ eine der kritischsten Stellen dieser Route. Sie trennt Mitkof Island von ihrem nahen Nachbarn Kupreanof Island, und diese 36 Kilometer zwischen den beiden Inseln muss man an der Reling erleben. Am besten ganz vorn am Schiff, egal bei welchem Wetter. Diese Engstellen, wo die Gezeiten zwischen zehn und 480 Zentimeter schwanken, sind für ihre vielen Navigationszeichen berühmt, und wenn das Wasser hier durchschießt, ist das Navigieren kein Kinderspiel. Der Fahrplan ist auf die Flut abgestimmt, denn nur bei dieser reicht die Wassertiefe aus, um im Slalom und Schritttempo die Felsriffe zu umgehen. Und wenn sich die Fahrrinne fast auf Schiffsbreite verengt, dann stehen neben den vielen Seezeichen, die jene markieren, Untiefen oder Felsen anzeigen, auch Männer mit langen Stangen am Ufer und rufen denen, die auf dem Vordeck zu ihnen die Verbindung halten lautstarke Worte zu, um bei der Navigation der großen Fähre zu helfen. Es ist unglaublich, wie der Kapitän hier „rangieren“ muss. Links, rechts, nochmals rechts und wieder links. Meter für Meter schiebt sich der Riese hier am Ufer entlang bis er wieder freies Wasser erreicht. Schade, dass es gerade auf diesem Stück des Weges in Strömen regnet und die Videokamera in der Kabine bleiben musste. Mit oder ohne, wir halten durch. Und zwar solange, bis die Schiffsmotoren wieder in ihren regulären Takt verfallen und dieses Spektakel hinter uns liegt. Danach bleibt gerade noch genügend Zeit, um die nassen Schuhe und Anoraks zu wechseln, und mit einem Hochprozentigen an der Bar innerlich aufzuwärmen, ehe die Dieselmotoren am späten Nachmittag die Fähre mit leichtem Zittern ihres Rumpfes an das Dog von Petersburg manövrieren.

      Petersburg ist ein geschäftiges Örtchen am Nordende des Mitkof-Islands mit dem Spitznamen „Little Norway“, 1897 von Peter Buschmann gegründet, Fischereihafen mit etwa 3.000 Einwohnern, Hotel, Lodge, B&B’s, Restaurants und Touren, wie es sich für diese Gegend gehört, zu Bären, Gletschern und Walen. Bis zum südlichen Ketchikan sind es 110 Meilen, nach Juneau im Norden zehn mehr. Die Insel ist bergig und dicht bewaldet wie die meisten anderen auch, und der Crystall Mountain mit 1.011 Meter die höchste örtliche Erhebung. Wäre der Blick heute frei, dann läge das winzige Städtchen mit seinem Hafen, den die großen Kreuzfahrtschiffe nicht anlaufen können, vor einer schönen Kulisse aus Wasser, Wald und verschneiten Bergen am nahen Horizont, aus denen die Spitze des Devils Thumb herausragen würde. Uns zeigt sich leider nur der nasse Beton der Anlegestelle, das historische, weiße Gebäude der „Sons of Norway Hall“ und die Idylle von verwitterten Bootshäusern an der Waterfront. Selbst ein schneller Marsch zu den frischeren Farben am Nordic Drive und der Sing Lee Alley, Zentrum des Ortes und größtenteils auf Pfählen über dem Hammer Slough ruhend, ist uns nicht vergönnt. Die Liegezeit hätte ausgereicht, aber was derzeit an Regen aus den Wolken fällt, das ist mehr als das, was auf die berühmte Kuhhaut geht. Was bleibt ist Zuschauen, unter Lederhut und Regenumhang, wie ein paar LKW und drei Wohnmobile über den Landesteg poltern, während einige mehr aufs Einladen warten. Hier und dort wird noch andere Fracht bewegt, und dann macht sich die Fähre auch schon wieder für die Ausfahrt fertig aus einem Hafen, der über die größte Heilbutt-Fangflotte verfügt, und in dessen zugehörenden Fischfabriken aus den Früchten des Meeres jährlich etwa 40 Millionen Dollar erwirtschaften werden. Ob ich wiederkommen möchte? Wahrscheinlich nicht. Fern vom Touristenrummel gibt es zwar einige schöne Unternehmungen an frischer Luft, doch ob nicht vielleicht doch das romantische Foto vom Hammer Slough mit seinen kleinen Stelzenhäusern vor verschneiter Bergkulisse

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