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Reiten wir!. Tommy Krappweis
Читать онлайн.Название Reiten wir!
Год выпуска 0
isbn 9783944180885
Автор произведения Tommy Krappweis
Жанр Языкознание
Издательство Автор
Es war mitten in der Nacht, als mich jemand an der Schulter berührte und mir sogleich mit einer großen Hand den Mund zuhielt. Ich roch den alkohol- und tabakgeschwängerten Atem von Morrison direkt über mir. Vor Schreck und Empörung war ich nicht dazu fähig, zu schreien und stattdessen jetzt hellwach. »Die Jamestons wollen Euch besuchen, Miss, besser wir brechen sofort auf«, erklärte er sein ungehöriges Eindringen und half mir aus dem Bett. Er schlich an mein Fenster, um durch den Spalt zwischen den Läden hindurch zu schielen, während ich mir Bluse und Hosenrock anzog. Vorsorglich hatte ich gestern bereits zwei Satteltaschen mit dem Nötigsten gepackt, was unseren Aufbruch wesentlich beschleunigte.
Wir schlichen durch den Hinterausgang nach draußen. Als Morrison mir auf mein Pferd half, knallte es plötzlich, als trat jemand eine verschlossene Tür ein. Ich stellte mir kurz die Frage, wie Morrison in mein Zimmer hineingekommen war. Aber: Details.
Wider Erwarten verließen wir die Stadt nicht im gestreckten Galopp, sondern langsam und leise. Erst als wir in der offenen Prärie angekommen waren, trieben wir unsere Pferde an. Der Gedanke, die Gebrüder Jameston im Nacken zu haben, weckte ungeahnte Kräfte in mir.
Zielsicher lenkte mein Beschützer uns zwischen ein paar Felsformationen, ehe er anhielt und abstieg. »Es ist zu dunkel«, beschied er und half mir von meinem treuen Gefährten herunter. Wenig später saß ich an einem kleinen Lagerfeuer. Morrison hielt mir auffordernd seine geöffnete Hand entgegen und erst, als ich meine hineinlegte, bemerkte ich ihr Zittern. »Die Jamestons sind ein faules Pack. Sie werden erst zum Tagesanbruch losreiten uns zu suchen; außerdem wissen sie nicht, wohin wir unterwegs sind.« Er strich sanft über meinen Handrücken und mir wurde bewusst, dass auch er es nicht wusste. Ich erklärte leise: »Ich möchte nach Desertbrook. Eine Freundin von mir lebt dort. Sie kennt sich mit allerlei seltsamen Dingen aus.« Er nickte: »Wir brechen mit der Dämmerung auf. Schlafen Sie etwas, Miss.« Er bettete meinen Kopf in seinem Schoß und fuhr mir durch die Haare.
Immer wenn ich wach wurde, sah ich ihn über mir sitzen, eine Pfeife zwischen den Lippen und die braunen Augen aufmerksam in die Umgebung gerichtet.
Am Morgen wurde ich vom Geräusch einer kleinen Kaffeemühle geweckt. Morrison hatte die Glut noch einmal zusammengeschoben und kochte in zwei Blechtassen Wasser. Eine Packung Arbuckle‘s Ariosa stand neben ihm. Kurz vor dem Siedepunkt schüttete er das Pulver hinein, wartete kurz und nahm die Tassen mit einer zügigen Bewegung aus der Glut. Anschließend goss er einen Schluck kaltes Wasser aus der Feldflasche nach, damit der Kaffee sich besser absetzte. Schweigend tranken wir und ich streckte mich ausgiebig, um die harte Nacht aus den Knochen zu vertreiben. Der Arbuckle weckte mich zunehmend auf; ein Kanten Brot beruhigte den Magen. Morrison verwischte die Spuren unseres Lagers so gut, dass ich glaube, nur ein Apache hätte noch herausfinden können, dass wir hier waren.
Wir ritten, bis die Sonne fast senkrecht auf uns herunterbrannte. Meine Haut, die sonst eher das Nachtleben und die geschlossenen Gebäude der Stadt zu schätzen wusste, färbte sich zunehmend rot. Wohingegen die meines Begleiters sich daran nicht zu stören schien. Wir hielten an und ich wollte mich gerade erschöpft aus dem Sattel fallen lassen, da schreckte Morrison herum und betrachtete mit abgeschirmten Augen den Horizont. Ich tat es ihm gleich, doch vermochte ich nichts zu entdecken. »Wir werden verfolgt«, kommentierte er lediglich und gab seinem Pferd die Sporen.
Ich war keine geübte Reiterin und so mussten wir nach anfänglicher Eile die Geschwindigkeit meinen Fähigkeiten anpassen. Umso mehr legte sich Morrison ins Zeug, es unseren Verfolgern so schwer wie möglich zu machen. Ich fing an mich zu fragen, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, den Jameston-Brüdern die Tasche von Mister Colten vorzuenthalten, denn nur darum konnte es gehen; jetzt wo der Gentleman tot war. Es war eine Dummheit, mich gegen sie zu stellen. Aber auch eine Sache der Ehre. Ich sah es als letzten Wunsch des Verstorbenen an, dass ich und nicht sie diese Statue besaßen. Außerdem nahm ich es noch immer persönlich, dass sie die Frechheit besessen hatten, einen meiner Gäste in meinem Geschäft zu erschießen.
Morrison trieb uns vorwärts und gestattete uns erst zur Abenddämmerung eine Rast. »Noch so ein Tag und ich gebe ihnen freiwillig dieses elende Räuchergefäß«, kommentierte ich die Entbehrungen; halb im Scherz, halb ernst. Er nickte knapp: »Erlauben Sie, Miss, dass ich uns einem kleinen Risiko aussetze, um die Verfolger aufzuhalten?« Er sah mich dabei nicht an, sondern beobachtete die Umgebung mit zusammengekniffenen Augen. »Bevor ich euch morgen vom Pferd falle, um Himmels Willen: Ja.«
Es war mitten in der Nacht, da hörte ich die Tiere unruhig schnauben. Ich widerstand dem Bedürfnis, mich nach Morrison umzusehen. Das Feuer brannte recht hoch und qualmte heftiger als gestern. Ich presste mich tief in meinen Mantel und versuchte gleichmäßig und leise zu atmen. Kaum hatte ich mich etwas beruhigt, hallte ein Schuss durch die Dunkelheit. Meine Ohren klingelten, so nah war er abgefeuert worden. Die Pferde bäumten sich auf; wieherten. Ich hielt mir den Mund zu, um nicht zu schreien und drückte mich tiefer in den Boden. Ein weiterer Schuss folgte. Ich sah Wolle aus der Decke von Morrison fliegen und im Feuer glühwürmchengleich verbrennen. Die Pferde zerrten an ihren Stricken. Schatten huschten an mir vorbei; ein weiterer Schuss peitschte durch die Nacht und wie ein Stein ging jemand, wohl nur fünf Fuß neben mir, zu Boden. Ich hielt mit zittrigen Fingern meinen kleinen Revolver bereit. Noch ein Schuss, ein Mann schrie auf, blieb aber stehen. Sie ergriffen die Flucht, direkt an mir vorbei. Ich fasste mir ein Herz und betätigte den Abzug. Ich weiß nicht, ob ich traf, denn kaum hatte sich die Patrone auf den Weg gemacht, kniff ich vor meiner eigenen Courage die Augen zusammen.
Die Falle war aufgegangen. Einer der Vier, Frank, der älteste der Brüder, lag tot vor uns im Staub. Ich erkannte ihn an seinem leicht untersetzen Bauch, dem zu kleinen Hut und der schlecht sitzenden Hose. Von den anderen fehlte, abgesehen von einer Blutlache, jede Spur.
Der Rest der Reise verlief, wenn auch in Eile, so doch ohne weitere Zwischenfälle. Wir ritten zum Abend in die Stadt hinein und ich hoffte, dass es Ellen nicht bereits wieder fortgetrieben hatte. Sie neigte dazu – ganz wie ihre Eltern – nicht lange an einem Ort zu verweilen.
Der Saloon von Miss Pinky begann sich zu füllen. Wir gingen, nachdem wir die Tiere vor der Tür angebunden hatten, hinein. Ich hörte das fröhliche, aber falsche Spiel eines HonkyTonk-Pianos aus der Ecke. Einige der müden Goldgräber sahen kurz zu mir und dem grimmig dreinblickenden Begleiter auf und widmeten sich dann schnell wieder ihrem dünnen Bier. Morrisson besaß diese Gabe, so auf Menschen einzuwirken, dass sich niemand traute, ihn länger anzusehen.
Er steuerte die Bar an und bestellte mit rauer Stimme zwei Bourbon. Obwohl der Barmann die Augen hob – es war schließlich nicht üblich, dass eine Dame Alkohol in einem Saloon trank – stellte er uns ohne zu fragen zwei Gläser hin. »Hopkins, seien Sie so gut und schütten Sie den Fusel weg, geben meinen lieben Gästen etwas von der anderen Flasche.«
»Miss Pinky!« Ich strahlte die Besitzerin des Saloons an und wir begrüßten uns herzlich, während Hopkins den Wünschen seiner Hausdame nachkam.
»Was führt Dich her, Liebes? Und wer ist der hübsche Kerl, der Dich begleitet?« Sie drückte mich und führte uns an einen Tisch abseits der üblichen Gäste. Schwer ließ ich mich auf den Stuhl fallen und bereute es sogleich. Jeder Muskel schmerzte. »Das ist George-Harker Morrison, ein alter Freund.« Der Vorgestellte nickte kurz und sah, anders als Männer das üblicherweise taten, Pinky nicht in ihr ausladendes Dekolleté, sondern in die Augen. »Sehr erfreut, sie kennenzulernen, Mister«, antwortete sie und reichte ihm die behandschuhte Hand. Er nahm sie, führte sie kurz, einen Diener machend, an die Lippen und ließ sie dann wieder los. Ich hatte Zeit, Pinkys ausgefallene Mode zu bewundern. Das Mieder saß eng und drückte den Busen dekorativ nach oben, die Röcke stellten ihre Hüften hervor, die Spitze umspielte die blasse Haut. Selbst der Hut mit seinen violetten Federn passte perfekt.
»Wie also kann ich euch helfen, außer natürlich mit einem guten Schluck und einem weichen Bett für die Nacht?« Ich lächelte dankbar. »Oh, ein weiches Bett, das wäre fantastisch!«
»Das sollt ihr haben und ein warmes Bad noch dazu. Wie