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Reiten wir!. Tommy Krappweis
Читать онлайн.Название Reiten wir!
Год выпуска 0
isbn 9783944180885
Автор произведения Tommy Krappweis
Жанр Языкознание
Издательство Автор
Die beiden diskutierten Bewässerungsmethoden derart intensiv, dass sie gar nicht bemerkten, wie Ellen sich zurückfallen ließ.
Sie war mit ihrem Vater gereist, Old Firehand. Der hatte sich mit dem Sheriff von Reno getroffen, und das seltsame Paar, das sein Vater schon länger kannte, hatte dort auch vorgesprochen. Der Sheriff von Reno, ein mürrischer, ja unwirscher Kerl, suchte Leute, die einen Banditen dingfest machten – oder kurzerhand töteten – der in der Nähe der Stadt sein Unwesen trieb.
Als Ellen erfuhr, dass es um Bill Budge ging, musste sie aufhorchen.
Budge heuerte immer wieder neue Söldner an und pflegte den Ruf, besonders grausam und ruchlos zu sein. Die Bande war in allen Ecken des Westens bekannt, und viele Legenden rankten sich um ihre Taten und ihre Blutrünstigkeit.
Doch forschte man genauer, stellte man fest, dass es keine Beweise für die Grausamkeiten gab, die man ihnen nachsagte. Sicher, es waren Banditen, und sie begingen Verbrechen, aber Ellen hatte sie schon aus nächster Nähe erlebt, auch wenn sie damals nicht gewusst hatte, um wen es sich gehandelte.
Sie war in Arizona gewesen, zu Gast beim Stamm der Hualapei, die Ärger mit Siedlern hatten. Eines Abends war eine dreiköpfige Gruppe bei den Indianern aufgetaucht. Weiße; alle in guter Kleidung, gar nicht wie Westmänner wirkend, nur auf der Durchreise. Der Stamm hatte ihnen zunächst misstraut, aber sie dann nächtigen lassen, und ihnen von den Problemen mit den Siedlern berichtet. Das hatten die drei nur schulterzuckend hingenommen, denn das ginge sie ja nichts an.
Im Laufe des Abends hatte Budge Ellen schöne Augen gemacht und sie ausgefragt, woher sie komme. Als sie von ihrem Vater erzählt hatte, hatten Budges Augen gefunkelt, doch er schien nicht erzählen zu wollen, woher er Old Firehand kannte. Nachts hatte sie ein Messer neben ihrem Bett griffbereit gehalten, für den Fall, dass Budge dem Irrglauben verfiel, sie wünsche seine Nähe.
Doch als sie am nächsten Morgen erwachte, waren Budge und seine beiden Kumpanen verschwunden.
Nicht nur das, auch die Siedler waren keine Gefahr mehr. Viele ihrer Pferde waren weg, die Wagen sabotiert und ein Großteil ihrer Kleider hatte sich in Luft aufgelöst, weshalb viele der Siedler in Nachtgewändern herumirrten. Mit dem letzten Rest ihrer Habseligkeiten zogen sie von dannen, und für den Augenblick konnten die Hualapei wieder in Frieden leben.
Wahrscheinlich würde Budge sich nicht an sie erinnern. Er zog durch alle Teile des Westens, und sicher waren viele Frauen ihm leichter erlegen als sie. Doch anders als Hobble-Frank und Tante Droll hatte sie einen Anknüpfpunkt.
Sie würden improvisieren müssen. Vielleicht konnten sie es als zufällige Begegnung hinstellen, wenn sie ihn fanden, vielleicht gelang es den beiden sogar, sich in ihre Bande einzuschmuggeln. Und Ellen konnte behaupten, sich mit ihrem Vater überworfen zu haben.
Zwei, drei Stunden ritten sie unter der sengenden Sonne dahin, und nie gingen den beiden Männern die Themen aus. Irgendwann hatte Ellen wieder zu ihnen aufgeschlossen. Sie waren von Reno aus den Schienen der Union Pacific Railroad in Richtung Salt Lake City gefolgt. Als sie in den frühen Morgenstunden losgeritten waren, hatten die beiden die Vermutung geäußert, dass Budge sich in der hügeligen Landschaft nördlich der Gleise versteckte. Als Ellen die beiden darauf hinwies, dass sie eigentlich in eine andere Richtung reiten mussten, schauten sie sich kurz verwirrt um, stritten über ihren genauen Aufenthaltsort und einigten sich schließlich, den nächsten Hügel neben den Schienen hinaufzureiten, um sich einen Überblick zu verschaffen.
Als sie oben angekommen waren, sah Ellen die ganze Weite von Nevada. Nach Osten schlängelte sich die Bahnlinie in Richtung Salt Lake City, im Westen war Reno auszumachen – doch so weit sie sehen konnten, lag dazwischen nur die braune, glühende Hügellandschaft von Nevada. »Wie wollen wir Budge hier finden?«
»Er wird uns finden, wenn ich mich nicht irre«, sagte Hobble-Frank.
So kam es auch.
Sie ritten nach Norden. Meist hielten sie sich in den Tälern, manchmal erklommen sie Hügel, und niemals gaben sie sich Mühe, sich zu verbergen. Sie waren in langsamem Tempo eine weitere Stunde unterwegs gewesen, und Ellen begann sich Gedanken über das Nachtlager zu machen, denn die Sonne berührte schon den Horizont. Vor Einbruch der Dunkelheit würden sie nicht nach Reno zurückkehren können.
Da gerieten sie in den Hinterhalt.
Wenn man ihn so nennen wollte. Es war nur Bill Budge, der in ihrem Weg stand, als habe er sie erwartet.
Er wirkte fehl am Platze in dieser Wildnis, denn er war gekleidet, als sei er gerade aus einem Salon in Boston getreten, um sich gemächlich auf den Nachhauseweg zu machen. Der Frack betonte seine schlanke Figur, und er hielt beide Daumen in die Seitentaschen. Sein Zylinder war verstaubt, als wäre er den ganzen Tag damit durch Nevada gelaufen, aber sonst bestens in Schuss. Selbst die feine Hose wirkte frisch gestreckt. Nur zwei Dinge gaben einen Hinweis darauf, wer er wirklich war: der Patronengurt mit den beiden Revolvern und die Stiefel, die gar nicht zu dem sonst so herrschaftlichen Auftreten passen wollten.
In seinem frisch rasierten Gesicht stand ein Lächeln, und die Augen strahlten, als näherten sich da alte Freunde.
Er sah genau so aus, wie Ellen ihn in Erinnerung hatte.
Sein Erscheinen hatte schon ein Gutes bewirkt, nämlich dass Hobble-Frank und Tante Droll endlich Ruhe gaben. Sie verlangsamten den Schritt ihrer Pferde nicht, doch ihre Hände näherten sich ihren Waffen.
Ellen, die immer noch hinter ihnen ritt, behielt Budge genau im Auge.
»Ellen!«, rief er unvermittelt aus, und Hobble-Frank zog seine Büchse hinter seinem Rücken hervor und richtete den Lauf auf den Mann, während Tante Droll blitzschnell beide Revolver zog. Ruckartig zerrte Ellen an den Zügeln und ihr Pferd blieb stehen.
»Was für eine Freude, dich nach so langer Zeit wiederzusehen!« Budge streckte die Arme aus, trat an Hobble-Frank und Tante Droll heran, streichelte die Nüstern der Pferde, ohne dabei langsamer zu werden und schritt zwischen ihnen hindurch, um an Ellens Seite zu treten. »Wie geht es Old Firehand, diesem alten Halunken?«
»Wer der Halunke ist, müssten wir wohl noch klären.«
Budge lachte auf. »Schlagfertig wie eh und je! Nun, was verschafft mir die Ehre deiner Anwesenheit? Halt, sag nichts! Es hängt sicher mit deinen beiden Begleitern zusammen.«
Hobble-Frank und Tante Droll hatten inzwischen ihre Pferde gewendet, und standen wieder Seite an Seite. Mit einer angedeuteten Verbeugung begann Hobble Frank: »Nun, Sir, mein Bruder James und ich, William Johnson, zu Diensten, hörten von Ihnen, dass Sie immer auf der Suche sind nach erfahrenen Westmännern, die für Angelegenheiten eingesetzt werden könnten, die manche Leute als kriminell …«
»Hobble-Frank und Tante Doll!«, rief Budge aus. »Bitte, macht euch nicht die Mühe mit der Scharade. Ein solches Paar hat einen gewissen Ruf, und ich wäre nicht, wer ich bin, wenn ich nicht von euch gehört hätte. Nun weiß ich auch, dass ihr beiden Herren nicht unbedingt Dinge tut, die manche Leute als kriminell empfinden könnten. Genauso wenig wie ich natürlich!«
Er lächelte Ellen breit an, die ihre Lippen zur Reglosigkeit mahnte.
»Hört euch an, was morgen geschehen wird, und dann werdet ihr es sicher mitansehen wollen. Seid Gast in meinem Heim!«
Das Heim entpuppte sich als ein Lagerfeuer in einer Talsohle im Schatten eines Felsens. Und die Budge-Bande in ihrer jetzigen Form war genauso wenig beeindruckend, denn sie bestand nur aus zwei weiteren Personen.
Budge sagte, dass Wendy Parsons die beste Schützin sei, die er jemals kennengelernt hatte. Dabei hatte Ellen aber den Eindruck, dass die dünne,