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Amtstheologie) bis hin zu den Bräuchen der liturgischen Praxis, die den Kirchen jetzt erlauben, gemeinsam zu beten, ökumenische Gottesdienste zu feiern und Sakramente gegenseitig anzuerkennen (wie z. B. Taufe und Trauung). Die mystische Dimension christlichen Glaubens macht also das konkrete theologische Vokabular nicht unbrauchbar, sondern öffnet es allmählich in einer neuen Wahrnehmung.

       3. Ökumenische Zielvorstellungen: eine neue Wahrnehmung der Katholizität christlichen Glaubens im stetigen ökumenischen lernen und Wachsen

      Dass die Einheit der Kirchen der Welt im gemeinsamen eucharistischen Kelch sichtbar versinnbildlicht werden sollte, prägt (wie ich denke zu Recht) die Einheitsvorstellung aller Kirchen. Dass der Weg dorthin wahrscheinlich ein langer sein wird, ist wiederum eine Gewissheit, die von den meisten ökumenisch engagierten Theologen geteilt wird. Welcher Katalog von theologischen Fragen sollte noch abgehakt werden, damit die Kirchen zu einer Einigung kommen können? Beinahe endlos würde diese Liste aussehen, wollte man darin alle Interpretations- und Meinungsunterschiede theologischer Differenzierung berücksichtigen. Die eigene orthodoxe Geschichte kann m. E. bezeugen, dass nicht erst die Übereinstimmung in allen Einzelheiten die Voraussetzung dafür liefert, dass die Orthodoxen gemeinsam das eucharistische Brot teilen können. Es genügt, wenn der Glaube in der Form eines gemeinsamen Credo bezeugt und die nötigen sakramentalen (nicht kulturell gewachsenen!) Formen geteilt werden können, um zusammen die Liturgie zu feiern. Gewiss steht für die Orthodoxen hinter einer Fassade der Einförmigkeit eine gemeinsame Geschichte, die als Einheit stiftender Faktor wirksam ist. Geht es aber in der Ökumene nicht darum, die Grundwahrheiten des christlichen Glaubens wiederzuentdecken, die von einer viel tiefer reichenden Einheit Zeugnis ablegen können als die geschichtlich gewachsenen historischen Traditionen? Und wie soll dann die neue gemeinsame ökumenisch-katholische Einheit entstehen, die erst im Verlauf der Geschichte dieser Welt zu einer stets wachsenden ökumenischen Komplementarität führen kann?

      Omologia Pisteos kata tou Oikoumenismou. Siehe den Text in englischer Sprache unter: http://www.impantokratoros.gr/​FA9AF77F.en.aspx.

      Insbesondere die Enzyklika des ökumenischen Patriarchats von 1920 wird als erster großer Schritt zur Bildung einer Koinonia ton Ekklesion betrachtet. Siehe den Text bei BASDEKIS, ATHANASIOS (Hg.): Orthodoxe Kirche und ökumenische Bewegung. Dokumente – Erfahrungen – Berichte 1900 – 2006, Frankfurt 2006, S. 16 - 20.

      Zur Beteiligung orthodoxer Kirchen im ökumenischen Dialog vgl. OELDEMANN, JOHANNES : Orthodoxe Kirchen im ökumenischen Dialog. Positionen, Probleme, Perspektiven, Paderborn 2004; BREMER, THOMAS u. a. (Hg.): Orthodoxie im Dialog. Bilaterale Dialoge der orthodoxen und der orientalisch-orthodoxen Kirchen 1945 – 1997. Eine Dokumentensammlung, Trier 1999. Für die ökumenischen Aufbrüche der 60er-Jahre und dabei auch über die Beteiligung der Orthodoxie am ÖRK s. die Beiträge in der Zeitschrift Una Sancta, Jg. 63, Ht. 2, 2008.

      S. KOSLOWSKI, JUTTA: Die Einheit der Kirche in der ökumenischen Diskussion. Zielvorstellungen kirchlicher Einheit im katholisch-evangelischen Dialog (Studien zur systematischen Theologie und Ethik, Bd. 52), Münster 2008.

      Zur Wahrnehmung dieses Begriffs s. mein Beitrag: Katholizität oder Ökumenizität der Kirche? Das Ringen um die dritte Eigenschaft der Kirche in der orthodoxen Theologie. In: HELL, SILVIA: Katholizität, Innsbruck 2007, S. 49 – 91.

       Kim Strübind

      Freikirchen1 haben zur Ökumene ein ambivalentes Verhältnis, was mit ihrer Entstehung und Geschichte zusammenhängt. Die sogenannten »klassischen« Freikirchen (Mennoniten, Methodisten, Baptisten und Freie evangelische Gemeinden) sind – jedenfalls was ihre deutschen »Ableger« betrifft – in der Mitte des 19. Jahrhunderts als religiöse Kontrastgemeinschaften entstanden. Ihre Gründung richtete sich einerseits gegen die Säkularisierung und Liberalisierung des Christentums; andererseits wandte man sich gegen die vermeintlich staatshörigen und klerikalisierten Großkirchen, denen man eine aus gleichberechtigten Mitgliedern bestehende »Gemeindekirche« nach biblischem Vorbild entgegensetzen wollte.

      Für den Baptismus wurde die auf freiwilliger und eigenverantwortlicher Glaubensentscheidung beruhende »Gläubigentaufe« (für die man sich auf einschlägige Stellen des Neuen Testaments beruft) zu einem Alleinstellungsmerkmal innerhalb des ökumenischen Kanons der Kirchen.2 Trotz ihres kirchenkritischen Potenzials waren bereits die Anfänge des Baptismus und anderer Freikirchen von einer ökumenischen Grundgesinnung geprägt, die sich nicht an der formalen Kirchenmitgliedschaft, sondern am gemeinsamen Glauben orientierte. Die eigene sich etablierende kirchliche Struktur verstand man dabei eher pragmatisch als dogmatisch.

      Innerhalb des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, dem Dachverband der Baptistengemeinden in Deutschland, lassen sich unterschiedliche ökumenische Ansätze feststellen.3 Er steht aufgrund seiner kongregationalistischen (d. h. von der Einzelgemeinde her konzipierten) Kirchenstruktur latent vor einer inneren ökumenischen Frage. Die sich in dieser Kirchenform zeigende ausgeprägte Binnendifferenzierung weist eine oft unübersichtliche Vielfalt an Glaubens- und Frömmigkeitsformen auf. Die gemeinsame Identität innerhalb einer »Gemeindekirche«

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