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die Nationalpark-Verantwortlichen fünf der aggressivsten Jungelefanten töten und brachten dann ältere Bullen in das Reservat, damit diese die verbliebenen Jungbullen beeinflussten. Rasch lernten die Jungtiere, dass sie sich den reiferen Elefanten anzupassen hatten. Die älteren Bullen nahmen innerhalb der Herde ihre Plätze als Väter und „Disziplinarkräfte“ ein.

      Einige der Verantwortlichen waren überrascht, als offensichtlich wurde, dass die Jungbullen ihre neue Beziehung zu den älteren, reiferen männlichen Artgenossen sehr zu schätzen wussten. Die Tiere, die vorher über die Stränge geschlagen hatten, kehrten zu normalen Elefanten-Verhaltensmustern zurück, und nach der Ankunft der reifen Elefanten wurden keinerlei unnatürliche Todesfälle unter den Weißen Nashörnern mehr registriert.

      Auf der Suche nach Vorbildern fürs wirkliche Leben

      Das Beispiel illustriert, was junge Christen zu gewinnen haben, wenn ihnen geistliche Mentoren zur Seite stehen, die sie unterstützen, beraten und unterweisen. Auf der anderen Seite verdeutlicht es auch, was passiert, wenn lebenserfahrene Christen es versäumen, geistliches Mentoring zu gewähren. Wenn reife Christen es vernachlässigen, ihre Weisheit und Liebe an jüngere Christen weiterzugeben, erhalten diese nicht die volle Ausrüstung für die Aufgaben, die vor ihnen liegen. So energiegeladen und begabt sie auch sein mögen – ohne Anleitung und liebevolle Beaufsichtigung laufen sie Gefahr, aus der Spur zu geraten oder sogar diejenigen niederzutrampeln, die ihnen ins Gehege kommen.

      Reife Männer und Frauen, die jüngeren Christen als Mentoren und Mentorinnen dienen können, um ihnen klarzumachen, wo­rauf es im Leben und Dienst wirklich ankommt, werden dringendst gebraucht. Geistliche Mentoren, die sich als reife Lebensberater zur Verfügung stellen, können jüngeren Gläubigen dabei helfen, ihre Träume und Visionen zu verwirklichen und sich gut eingebunden zu fühlen, während sie Leben und Dienst miteinander zum Ausgleich bringen und zur Reife heranwachsen.

      Statt auf tiefe, konstruktive Beziehungen Wert zu legen, halten wir in der Kirche von heute gläubige Menschen allzu oft dazu an, ja keinen Gottesdienst und kein Bibelgespräch zu versäumen und sich an übergemeindlichen Aktivitäten oder evangelistischen Einsätzen zu beteiligen, damit sie ihren eigenen Glauben aufpeppen und „stark werden im Herrn“. Die Theorie ist: Möglichst viel Unterweisung aus Gottes Wort plus möglichst viel aktive Beteiligung an geistlichen Diensten = mehr geistliche Reife. So wichtig diese Dinge auch sein mögen – solch eine falsche Grundannahme bringt Gläubige hervor, die Predigt auf Predigt, Buch auf Buch, CD auf CD, Seminar auf Seminar konsumieren, und das alles in dem unbewussten Bestreben, den Mangel an echten Beziehungen auszugleichen.

      Im Ergebnis haben wir geistlich verfettete Christen, die mit all dem, was sie lernen, gar nichts anzufangen wissen und mithin auch außerstande sind, es an andere weiterzugeben. Solch ein Christ weiß nicht, wie er sein Leben sinnvoll und hingebend in andere investieren kann, weil er selbst nie angemessene geistliche Elternschaft erfahren hat. Ohne ein Vorbild bleibt er ein geistlicher Säugling, der es nötig hat, vom Pastor oder anderen geistlichen Mitarbeitern mit dem Löffel gefüttert zu werden.

      Doch als Menschen Gottes müssen wir reif werden. Das selbst zu bewerkstelligen ist sehr schwierig, genau wie ein Säugling im natürlichen Leben nicht gedeihen kann, wenn er sich selbst überlassen bleibt. Babys brauchen die Zuwendung ihrer Eltern und sind darauf angewiesen, dass diese sie nähren; und genauso brauchen gläubige Menschen praktischen Input vonseiten liebender Eltern, deren Freude es ist, ihre Kinder in das Vollmaß ihres Potenzials in Jesus hineinwachsen zu sehen.

      Die Bibel bietet zahllose Beispiele für geistliches Mentoring bzw. geistliche Elternschaft. Jesus demonstrierte geistliche Vaterschaft im Umgang mit seinen zwölf Jüngern. Paulus unterwies den jungen Timotheus in Jüngerschaft. Elia wurde für Elisa zum geistlichen Vater. Mose trainierte Josua, damit dieser seinen Platz an der Spitze der Kinder Israel einnehmen und das Volk ins verheißene Land führen konnte. In all diesen Beispielen wurden die Schützlinge darauf vorbereitet, die Stelle ihrer Mentoren einzunehmen, damit der Gesamtplan Gottes in Erfüllung gehen konnte. Im Falle Elias und Elisas empfing der geistliche Sohn sogar ein doppeltes Maß an Salbung von seinem Mentor (vgl. 2 Kön 2,9-10). Quer durch die Bibel lesen wir von diesen Mentorenschaften von Mann zu Mann und davon, welch reiches Vermächtnis für kommende Generationen sie hervorbrachten. Genau diese generationenübergreifende Verbindung und Weitergabe von Erbe brauchen wir auch heute.

      Der Apostel Paulus wusste, dass es sein höchstes Ziel sein musste, ein geistliches Vermächtnis weiterzugeben, und war entschlossen, im Rahmen starker Beziehungen sein Lebenswerk zu einem guten Ende zu bringen. Für viele in der frühen Kirche war er Vorbild und geistlicher Vater. Sehr deutlich stellte er Mentoring als sein Leiterschaftsmodell heraus: „Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi Nachahmer bin“ (1 Kor 11,1). „Was ihr auch gelernt und empfangen und gehört und an mir gesehen habt, das tut …“ (Phil 4,9). Mit anderen Worten: „Lasst mich euer Mentor, euer Rollenvorbild sein.“

      Nach langer Abwesenheit von seinen geistlichen Kindern in der Gemeinde von Thessalonich schrieb Paulus ihnen aus Sorge, sie könnten seine körperliche Abwesenheit dahin missverstehen, dass er sich nicht um sie kümmerte, einen Brief. Am Schluss dieses Briefes formuliert er im Gebet nicht bloß den Wunsch, Gott möge seinen Weg so führen, dass er die Thessalonicher wiedersehen könne (vgl. 1 Thess 3,11), sondern auch das Anliegen, sie, die Menschen in der Gemeinde, sollten andere genauso lieben, wie sie von ihm, Paulus, geliebt worden waren (vgl. V. 12). Er erwartete von ihnen, dass sie in Liebe die Verantwortung übernahmen, geistliche Eltern für andere Menschen zu sein. Die Kirche des Neuen Testaments war dazu da, eine wachsende, gedeihende Familie zu bilden, und jeder Christ sollte ein geistlicher Vater oder eine geistliche Mutter werden!

      Ein Aufruf zur geistlichen Elternschaft

      Anscheinend brauchte die Gemeinde in Korinth ein Stück Extra-Ermutigung durch Paulus, um in Liebe die Verantwortung der geistlichen Elternschaft auf sich zu nehmen. Paulus ermahnte die Gemeinde, dieses Bedürfnis nicht aus den Augen zu verlieren: „Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in Christus hättet, so doch nicht viele Väter“ (1 Kor 4,15).

      Paulus sah, dass es im geistlichen Leben der Korinther viele Lehrmeister, aber nur wenige geistliche Mentoren gab. Seit Paulus sie zum Glauben an Christus gerufen hatte, hatten viele Lehrer die Korinther im Wort Gottes unterwiesen. Sie hatten auf diese Lehrer gehört und treu die Gemeindeveranstaltungen besucht, doch schließlich machte all ihr Bibelwissen sie überheblich (vgl. V. 18). Sie waren voller Stolz auf ihr Wissen und doch unreif im Glauben. Was ihnen fehlte, waren echte Eltern oder Mentoren, die ihnen durch praktische Anleitung und Unterstützung geholfen hätten, ihr Wissen ins wirkliche Leben umzusetzen.

      Paulus wusste: Wenn die Gemeinde geistlich wachsen sollte, mussten alle Gläubige in lebendigen Beziehungen zu anderen stehen, die den Weg des Glaubens vor ihnen gegangen waren. Sonst würden sie sich damit zufriedengeben zu tun, was die „Lehrmeister“ ihnen sagten, statt dass sie lernten, selbst auf Gott zu hören. Solcherlei Weisheit konnten sie nur erwerben, wenn sie einen liebenden geistlichen Vater als Mentor hatten. Damit dieser Prozess rasch in Gang kam, kündigte Paulus den Korinthern an, er werde Timotheus zu ihnen senden – „der wird euch erinnern an meine Wege in Christus“ (4,17). Timotheus, geliebter und vertrauenswürdiger geistlicher Sohn des Paulus, war von diesem trainiert worden und würde jetzt anreisen, um seinerseits die Korinther zu trainieren. Paulus traute es Timotheus zu, die eigensinnige korinthische Gemeinde auf den rechten Weg zurückzuführen, weil er ihn wie einen Sohn

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