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Bundesgartenschau 2009 in Schwerin präsentierten „Memoriam-Gärten“. Im Rahmen des Friedhofsentwicklungs-Konzepts „Ohlsdorf 2050“ ist auf diesem Hamburger Friedhof geplant, große, für Bestattungen nicht mehr genutzte Bereiche nur noch extensiv zu bewirtschaften und als ökologische Flächen aufrechtzuerhalten.

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      Bild 18: Der „Park der Ruhe und Kraft“ auf dem Zentralfriedhof in Wien (Quelle: Norbert Fischer)

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      Bild 19: Der „Park der Ruhe und Kraft“ auf dem Zentralfriedhof in Wien (Quelle: Norbert Fischer)

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      Bild 20: Naturnahe Gestaltung auf dem Friedhof Achim-Bierden (Quelle: Norbert Fischer)

      link1.2 Pflegefreie Gemeinschaftsgrabanlagen

       {Pflegefreie Gemeinschaftsgrabanlagen}

       {Gemeinschaftsgrabanlagen}

      Gemeinschaftsgrabanlagen zählen zu den wichtigsten Trends aktueller Friedhofs- und Bestattungskultur. Der Begriff selbst ist nicht eindeutig definiert. Im weitesten Sinn meint er eine Anlage, die zusammenhängenden Gestaltungskriterien folgt und von zentraler Hand gepflegt wird. Lange Zeit wurde der Begriff allein für sog. anonyme Felder mit Rasenbestattungen ohne individuelle Kennzeichnung des Einzelgrabs verwendet. Gegenwärtig wird der Begriff jedoch v. a. für thematisch, symbolisch oder gruppenbezogen orientierte Anlagen benutzt.

      Gemeinschaftsgrabanlagen können über symbolische Zugehörigkeiten geprägt und z. B. an Flora und Fauna orientiert sein: etwa durch Rosenbepflanzung hervorgehobene Grabanlagen oder sog. Schmetterlingsgräber. Daneben können auch selbstgewählte gesellschaftliche Gruppierungen Identität stiften, z. B. Fußballvereins-Fans (in manchen Publikationen taucht dafür der allerdings sonst unübliche Begriff „Clan-Friedhof“ auf). So gibt es Gemeinschaften, die sich erst nach der Bestattung finden, aber auch solche, die sich bewusst für ein spezifisches, i. d. R. jenseits der Familie liegendes Kollektiv im Gemeinschaftsgrab entscheiden.

      Meist – aber nicht immer und keineswegs zwingend – handelt es sich um Aschenbeisetzungen. Sie erlauben, wie die späteren Beispiele zeigen werden, eine größere Flexibilität in der Gestaltung der Anlagen. Gründe für die Entscheidung für eine gemeinschaftliche Bestattung liegen i. d. R. in den geringeren Kosten und dem ersparten oder verringerten Aufwand für persönliche Grabpflege. Die Namensnennung der bestatteten Personen ist gewährleistet, teilweise über Gemeinschaftsdenkmäler.

      link1.2.1 Historische Traditionen

      Historisch greifen solche Stätten auf gemeinschaftlich-genossenschaftliche Bestattungsanlagen zurück, wie sie beispielsweise von Gilden, Handwerkerzünften und anderen Berufsvereinigungen, Ordens- und Schwesterngemeinschaften sowie besonderen nationalen, kulturellen und religiösen Vereinigungen bekannt sind. Im weiteren Sinn können auch die in Europa seit dem Ersten Weltkrieg verbreiteten Soldatenfriedhöfe ebenso als vergleichbare Anlagen gelten wie die Friedhöfe der Namenlosen für unbekannte Tote an Flüssen und Meeresküsten oder die Opfer von Katastrophen. Bei diesen letzten Beispielen handelt es sich allerdings um unfreiwillige Gemeinschaften.

      Aus historischen Gründen gibt es bis heute in einigen Orten komplette Friedhofsanlagen, die gemeinschaftlich betrieben werden. Ein überregional bekanntes Beispiel ist der Friedhof der sog. „Holmer Beliebung“ in Holm, einem Stadtteil von Schleswig an der Schlei. Er geht auf eine Fischergilde zurück. Rechtlich ist diese Beliebung heute ein „Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit“. Laut Friedhofssatzung ist die Grabstätte kostenlos und wird über eine gemeinschaftliche Kasse finanziert, in die jedes Mitglied zu Lebzeiten einzahlt.

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      Bild 21: Friedhof der „Holmer Beliebung“ in Schleswig an der Schlei (Quelle: Norbert Fischer)

      Jenseits dieser und vergleichbarer, i. d. R. historisch begründeter Einzelfälle zeigen sich heutige Gemeinschaftsgrabanlagen als Ausdruck für den zunehmenden Bedeutungsverlust der klassischen sozialen Verbände (Familie, Kirche). Umgekehrt repräsentieren sie neuere gesellschaftliche Formationen in den eher lockeren, frei gewählten Vereinigungen der nachindustriellen Gesellschaft.

      link1.2.2 Beispiele unterschiedlicher Gemeinschaftsgrabanlagen

      Naturlandschaftliche Anlagen

      Im Folgenden geht es i. d. R. um Gemeinschaftsgrabanlagen, die Bestandteile regulärer Friedhöfe sind. Wichtigstes Merkmal ist hier die Überformung der alten räumlichen Strukturen, also der bislang als Gestaltungsprinzip dominierenden Familien- bzw. Einzelgrabstätten.

      Ein neueres Beispiel für einen Friedhof mit mehreren thematisch orientierten Gemeinschaftsgrabanlagen ist der um ein Krematorium („Flamarium“) angelegte „Friedgarten Mitteldeutschland“ in Kabelsketal bei Halle/Saale. Es handelt sich um einen homogen gestalteten Natur- und Kulturraum, in den Einzel- und Gemeinschaftsgrabstätten gleichsam hineinkomponiert sind. Durch spezielle, historisch oder mythologisch verankerte Namensgebungen erhalten die einzelnen Bereiche teilweise eine spezielle Atmosphäre und Bedeutung, z. B. „Schiffssetzung“, „Röse“ und „An der Dalbe“.

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      Bild 22: Aschengemeinschaftsgrab im Friedgarten Mitteldeutschland (Quelle: Norbert Fischer)

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      Bild 23: Durch Steine gekennzeichnetes Aschengemeinschaftsgrab im Friedgarten Mitteldeutschland (Quelle: Norbert Fischer)

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      Bild 24: Bereich „Schiffsetzung“ im Friedgarten Mitteldeutschland (Quelle: Norbert Fischer)

      Die Auflösung klassischer Friedhofsstrukturen gilt auch für den sog. Naturfriedhof „Garten des Friedens“ in Fürstenzell bei Passau, der ebenfalls an ein Krematorium angeschlossen ist. Abgegrenzte Grabstätten sind nicht mehr zu erkennen. Vielmehr sind vielfältig gestaltete Erinnerungsorte in eine weitgehend naturbelassene, nach geomantischen Prinzipien gestaltete Landschaft eingefügt.

      Stärker ökologisch orientiert ist die 2010 im schleswig-holsteinischen Ahrensburg auf dem dortigen kirchlichen Friedhof eingeweihte „Wildblumenwiese“. Es handelt sich um ein 2 ha großes, von der evangelischen Kirchengemeinde verwaltetes Areal, das in seinen Randbereichen als Aschenbeisetzungsanlage dient.

      Auf anderen Friedhöfen sind einzelne Anlagen nach naturlandschaftlichen Kriterien gestaltet. Ein frühes und bekanntes Beispiel findet sich auf dem Hauptfriedhof Karlsruhe. Dort wurden 2003 und 2007 unter dem Titel „Mein letzter Garten“ neuartige Bestattungsflächen für Aschenbeisetzungen (teils auch für Sargbeisetzungen) in einer homogen gestalteten Miniaturlandschaft geschaffen. Räumlicher Hauptbezugspunkt ist ein von Granitblöcken eingefasster Wasserfall, dem sich ein trocken gefallenes Bachbett als Symbol für das beendete Leben an-schließt. Des Weiteren prägen Felssteine, geschwungene Wege, alter Baumbestand und Rasenflächen die Beisetzungslandschaft. Die Urnengräber sind als Gemeinschaftsgrabanlagen konzipiert. Der Verstorbenen wird auf gemeinschaftlichen Erinnerungsmalen aus Stein und Holz – darunter ein künstlerisch gestalteter Eichenstamm – gedacht.

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