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       Suzanne Voilquin, 1832

      SCHLÜSSELFIGUR

       Suzanne Voilquin

      FRÜHER

      1791 Olympe de Gouges fordert im revolutionären Frankreich mit Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin Geschlechtergleichheit.

      1816 Der französische Aristokrat und Politiktheoretiker Henri de Saint-Simon legt in dem Aufsatz »L’Industrie« dar, dass eine produktive Gesellschaft, die auf echter Gleichheit und nützlicher Arbeit basiert, Glück bedeutet.

      SPÄTER

      Um 1870 Dem französischen Sozialisten und frühen Anführer der Arbeiterbewegung Jules Guesde zufolge lenkt der Kampf um Frauenrechte ab, diese kämen mit Abschaffung des Kapitalismus von selbst.

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      In vielerlei Hinsicht vertiefte die Industrialisierung die Kluft zwischen den Frauen der Mittel- und der Arbeiterschicht. Frauen beider Gruppen fühlten sich unterdrückt, aber während die Frauen der Mittelschicht, ausgeschlossen von ökonomischen Aufgaben in den neuen Industriezweigen, bessere Bildung, Zugang zu sinnstiftender Arbeit und das Wahlrecht forderten, waren die Arbeiterinnen, die durch ihre Tätigkeit in den neuen Fabriken zum Familieneinkommen beitrugen, weniger hörbar und viel stärker an einer Verbesserung ihrer Entlohnung und Arbeitsbedingungen interessiert. Manche setzten auf die Gewerkschaften, andere schlossen sich utopischen Bewegungen wie dem Saint-Simonismus an, der im Frankreich der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Mode war. Von den Ideen Henri de Saint-Simons inspiriert, strebte die Bewegung eine »Einheit der Arbeit« an, bei der alle Schichten zum gegenseitigen und gleichen Vorteil in einer zunehmend technisierten, wissenschaftlichen Welt zusammenarbeiteten. Der Saint-Simonismus propagierte eine gemeinschaftliche Lebensweise, befreit von der Tyrannei der Ehe, in der die femininen Prinzipien von Frieden und Mitgefühl aggressivere männliche Werte ersetzen sollten. Satirische Drucke der Zeit zeigten männliche Saint-Simonisten in Korsetts bei der Ausführung von Hausarbeit und ihre weiblichen Gegenparts bei Beschäftigungen, die als männlich galten, wie Jagen und Reden halten.

      »Männer! Wundert euch nicht länger über die Unordnung, die in eurer Gesellschaft herrscht. Sie ist ein energischer Protest gegen das, was ihr allein getan habt.«

       Suzanne Voilquin

       Eine Zeitung für Frauen

      Auch Suzanne Voilquin war vom Saint-Simonismus beeinflusst. Die französische Stickerin beschloss, als unabhängige Frau zu leben, nachdem sie sich in Freundschaft von ihrem Mann getrennt hatte. Sie wollte anderen ein Beispiel geben und sich dringend für den Saint-Simonismus einsetzen, insbesondere nachdem die Julirevolution von 1830 die Verhältnisse der Arbeiterschicht nicht verbessert hatte. Voilquin hatte selbst nach der Revolution Not gelitten, als die Nachfrage nach Luxuswaren stark sank und sie als Stickerin zeitweilig arbeitslos war.

      1832 wurde Voilquin Herausgeberin der Zeitung La tribune des femmes, die sich für den Saint-Simonismus einsetzte. Frauen aller Klassen waren zu Beiträgen aufgefordert, vor allem Arbeiterinnen. Die Autorinnen publizierten unter ihrem Vornamen als Protest dagegen, dass sie bei der Heirat den Namen ihres Mannes annehmen mussten. Die Zeitung propagierte eine Allianz der »proletarischen« und »privilegierten« Frauen und die Schaffung einer nouvelle femme (neuen Frau). »Jede einzelne Frau wird einen Stein setzen, mit dem das moralische Gebäude der Zukunft gebaut wird«, sagte Voilquin. La tribune des femmes war der erste Versuch, ein weibliches Bewusstsein zu schaffen. image

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      Mit fortschreitender Industrialisierung arbeiteten Frauen und Mädchen zunehmend außerhalb des Heims. Dieses Foto von 1898 aus Malaga (Spanien) zeigt Arbeiterinnen in einer Weberei.

       Suzanne Voilquin

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      Die Tochter eines Hutmachers kam 1801 in Paris zur Welt. Ihre Kindheit war komfortabel, doch sie wünschte sich dieselbe Ausbildung wie ihre Brüder. Als ihr Vater bankrott ging und die Familie verarmte, wurde Voilquin Stickerin.

      1823 heiratete sie und schloss sich dem Saint-Simonismus an, einer Frühform des utopischen Sozialismus. Ab 1832 gab sie nach der Trennung von ihrem Mann La tribune des femmes heraus, die erste feministische Arbeiterinnenzeitung. Sie schrieb über die Ungerechtigkeit der französischen Verfassung, die Frauen von öffentlichen Angelegenheiten ausschloss, und trat für deren Bildung und wirtschaftliche Unabhängigkeit ein. 1834 folgte sie dem Aufruf, den Saint-Simonismus zu verbreiten, und arbeitete in Ägypten als Krankenschwester. Später ging sie nach Russland und in die USA. 1860 kehrte sie nach Frankreich zurück und starb 1877 in Paris.

       Hauptwerke

      1866 Souvenirs d’une fille du peuple

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      ICH LEHRTE SIE DIE RELIGION GOTTES

      BILDUNG FÜR ISLAMISCHE FRAUEN

       IM KONTEXT

      ZITAT IN DER ÜBERSCHRIFT

       Nana Asma’u, 1858/1859

      SCHLÜSSELFIGUR

       Nana Asma’u

      FRÜHER

      610 Der Prophet Mohammed erhält erste göttliche Offenbarungen, die später den Koran bilden.

      SPÄTER

      Um 1990 Scheich Ibrahim al-Zakzaky gründet die Islamische Bewegung in Nigeria, die Bildung für Frauen fördert.

      2009 Die Taliban greifen Schulen im Swat-Tal (Pakistan) an. Die Überlebende Malala Yousafzai erhält 2014 den Nobelpreis für ihren Kampf für Menschenrechte und insbesondere Bildung für Frauen und Kinder.

      2014 Die islamistische Gruppe Boko Haram entführt in der Stadt Chibok im Westen Nigerias über 200 Schülerinnen.

      Sich zu bilden gilt jedem Moslem als Pflicht. Der Prophet Mohammed (571–632) betonte die Bedeutung des Lernens. Er sagte, ein Mensch, der nach Wissen strebt, erhält die gleiche spirituelle Belohnung, wie einer, der einen ganzen Tag gefastet und eine ganze Nacht Gebetswache gehalten hat. Die islamische Lehre unterscheidet nicht zwischen religiösem und weltlichem Wissen: Alles Wissen gilt als Teil der Menschheit.

      Im Mittelalter blühten in islamischen Ländern die Wissenschaften. Gelehrte waren führend auf den Gebieten der Medizin, der Astronomie und der Mathematik. Sie berechneten den Erdumfang und formulierten die Prinzipien der Algebra. In der Frühzeit des Islam (7.–8. Jahrhundert) spielten Frauen für die Verbreitung des Wissens eine wichtige Rolle. Schiitischen Quellen zufolge besaßen Fatima, die Tochter des Propheten, und ihre Tochter Zainab eine lückenlose Kenntnis des Koran und des Hadith (Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen des Propheten) und unterrichteten Frauen in Medina. Der Prophet selbst wies die Frauen der Stadt an, von Fatima zu lernen. Zainabs Neffe Ali ibn al-Husain (659–713), für den schiitische Zweig des Islam der göttlich ernannte Imam (Anführer), nannte seine Tante »Gelehrte ohne Lehrer«, womit er implizierte, dass sie sich das Wissen aus ihrer Umgebung einverleibt hatte.

      »Das

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