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Weise? Haben sie ein (Selbst-)Bewusstsein? Diese Fragen sind noch immer unbeantwortet. Doch nur wenige moderne Psychologen würden selbst Protozoen ein Bewusstsein zubilligen, wie Wundt es tat. image

       Wilhelm Wundt

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      Wilhelm Wundt wurde in Neckarau (heute ein Stadtteil von Mannheim) geboren. Sein Vater war evangelischer Pastor. Als Kind hatte Wundt nur wenig Zeit zum Spielen. Mit 13 Jahren wurde er auf eine streng katholische Schule geschickt. Er studierte in Berlin, Tübingen und Heidelberg Medizin und promovierte 1856 über das Verhalten der Nerven.

      Zwei Jahre später wurde er Assistent des Physiologen und Physikers Hermann von Helmholtz, den seine Forschungen zur visuellen Wahrnehmung berühmt gemacht hatten. In Heidelberg hielt Wundt die weltweit erste Lehrveranstaltung zu experimenteller Psychologie ab und eröffnete 1879 das erste psychologische Institut. Wundt publizierte mehr als 490 Bücher und Aufsätze und war seinerzeit wahrscheinlich der produktivste Wissenschaftsautor der Welt.

       Hauptwerke

      1863 Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele

      1874 Grundzüge der physiologischen Psychologie

      1896 Grundriss der Psychologie

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       SOLANGE UNS NIEMAND AUFFORDERT, BEWUSSTSEIN ZU DEFINIEREN, WISSEN WIR, WAS DAMIT GEMEINT IST

      WILLIAM JAMES (1842–1910)

       IM KONTEXT

      ANSATZ

       Bewusstseinsanalyse

      FRÜHER

      1641 René Descartes definiert das Selbstbewusstsein als Denkvermögen.

      1690 Der englische Philosoph und Physiker John Locke definiert Bewusstsein als Wahrnehmung dessen, was einem durch den Kopf geht.

      1781 Der deutsche Philosoph Immanuel Kant behauptet, dass das Bewusstsein die Einheit des Mannigfaltigen stiftet.

      SPÄTER

      1923 Max Wertheimer zeigt in seinen Untersuchungen zur Lehre von der Gestalt, dass die Psyche Bilder aktiv interpretiert.

      1925 John B. Watson erklärt, dass das Bewusstsein kein geeignetes Konzept für die Psychologie sei.

      Als Bewusstsein bezeichnen wir normalerweise das Gewahrsein unserer Gedanken, Empfindungen, Gefühle und Erinnerungen. Diesen Zustand halten wir in der Regel für selbstverständlich, es sei denn, wir können uns nicht mehr konzentrieren, z. B. weil wir übermüdet sind. Doch wer das Bewusstsein näher in Augenschein nimmt, dem wird klar, dass sich die Inhalte stets verändern. Beim Lesen dieses Buchs gehen Ihnen vielleicht Erinnerungen oder Zukunftspläne durch den Kopf, die Sie ablenken. Unsere Gedanken scheinen sich allerdings nicht nur zu wandeln, sondern auch zu vereinigen oder zu vermengen und sich dann kettenartig weiterzuentwickeln.

      Der amerikanische Psychologe William James verglich dieses Phänomen, das wir alle täglich erleben, mit einem Strom, der unablässig fließt: »Ein ›Fluss‹ oder ein ›Strom‹, das sind die Metaphern, durch welche [das Bewusstsein] am natürlichsten versinnbildlicht wird. Wir wollen es also, wenn wir von nun an davon sprechen, den Strom des Denkens, des Bewusstseins oder des subjektiven Lebens nennen.«

      »Das Bewusstsein erscheint sich … nicht als in Stücke zerhackt … Es besteht nicht aus verbundenen Gliedern; es fließt.«

       William James

      Mit diesem Bild kann nahezu jeder von uns etwas anfangen. Den Bewusstseinsstrom wirklich zu definieren, ist jedoch laut James gar nicht so einfach: »Wenn ich sage, jeder ›Zustand‹ oder Bewusstseinsinhalt ist Bestandteil eines persönlichen Bewusstseins, so ist ›persönliches Bewusstsein‹ einer der infrage stehenden Termini. Solange uns niemand auffordert, ihn zu definieren, wissen wir, was damit gemeint ist, aber eine genaue Bestimmung desselben zu geben, ist die schwierigste philosophische Aufgabe.«

      Diese »schwierigste« Aufgabe hat eine lange Geschichte. Schon die alten Griechen diskutierten die Frage, ob eine vom Körper getrennte geistige »Substanz« existiert, ohne den Begriff »Bewusstsein« zu verwenden. Im 4. Jahrhundert v. Chr. traf Platon eine Unterscheidung zwischen Seele und Körper. Aristoteles hingegen betonte, dass die Seele nicht unabhängig vom Körper existieren könne.

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       Frühe Definitionen

      René Descartes gehörte Mitte des 17. Jahrhunderts zu den ersten Philosophen, die versuchten, das Bewusstsein zu beschreiben. Er bezeichnete es als res cogitans und erachtete es als immateriell, im Gegensatz dazu stand die Materie, res extensa. Die erste moderne Definition des Bewusstseins als Abfolge individueller Wahrnehmungen verdanken wir dem englischen Philosophen John Locke (1632–1704). Mit ihm und auch Immanuel Kant setzte sich James auseinander. Kant hatte sich mit der Frage beschäftigt, wie Erfahrungen miteinander verschmelzen: Wenn wir gleichzeitig ein Geräusch hören und Schmerz empfinden, erleben wir dies normalerweise als ein einziges Ereignis. Kant nannte dieses Phänomen die »Einheit des Bewusstseins«.

      James war der Ansicht, dass das Bewusstsein kein »Ding«, sondern ein Prozess sei. Ihm zufolge entsprach es der Gehirnaktivität, die zur Steuerung des Nervensystems aufgebracht werden müsse, da dieses zu komplex geworden sei, um sich selbst zu regulieren. Das Bewusstsein ermöglicht uns, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachzudenken, Pläne zu schmieden, uns an unsere Umgebung anzupassen und damit unserer Hauptaufgabe nachzukommen: am Leben zu bleiben.

      »Die allgemeinste Bewusstseinstatsache ist nicht die, dass ›Gefühle und Gedanken existieren‹, sondern die, dass ›ich denke‹ und dass ›ich fühle‹.«

       William James

      Die Vorstellung eines einheitlichen Bewusstseins war James allerdings fremd. Er verglich es mit einer Gruppe von zwölf Menschen: »Man nehme einen Satz von zwölf Wörtern sowie zwölf Menschen und sage jedem von ihnen ein Wort. Dann stelle man die Menschen in einer Reihe auf […] und lasse jeden an sein Wort denken, so kräftig er will: Nirgends wird dann das Bewusstsein des ganzen Satzes vorhanden sein.« Wenn das Bewusstsein ein Strom von Gedanken ist, wie werden diese Gedanken dann kombiniert? »Die Vorstellung von a plus die Vorstellung von b ist nicht identisch mit der Vorstellung von ›a plus b‹«, schrieb James. Zwei Gedanken lassen sich nicht zu einem Gedanken zusammenfassen, sie bilden vielmehr einen vollständig neuen Gedanken. Wenn Gedanke a z. B. lautet: »Es ist neun Uhr« und Gedanke b: »Der Zug fährt um 9.02 Uhr ab«, folgt daraus wahrscheinlich Gedanke c: »Ich verpasse den Zug.«

       Sinngebung

      Um erklären zu können, wie sich Gedanken innerhalb des Bewusstseinsstroms zu Sinneinheiten verbinden, nahm James an, dass Dinge, die zusammen bekannt seien, auch als einzelne Impulse dieses Stroms bekannt seien. Manche Gedanken oder Sinneseindrücke seien zwangsläufig miteinander verbunden, weil alle Gedanken, die im selben Moment in unser Bewusstsein dringen, sich innerhalb des Bewusstseinsstroms zu einer Unterströmung vereinten. Viele solcher Unterströmungen flössen durch unser Bewusstsein, manche schnell und manche langsam. James behauptete sogar, es gebe Ruhestellen, an denen der Bewusstseinsstrom innehalte, um Vorstellungen zu erzeugen,

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