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entwickelte auf Sardinien einen unverwechselbaren Baustil. Dies sind Rundbauten, Nuraghen genannt, die während der Bronzezeit auf der Insel errichtet wurden. Die ältesten Nuraghen stammen aus der Zeit um 1800 v. Chr, monumentale, einzeln stehende Rundtürme. Später entstanden auch Wohnkomplexe mit Rundbauten verschiedener Größe (Nuraghen-Dörfer). Die meisten dieser Nuraghensiedlungen findet man im mittleren und nördlichen Teil Sardiniens. Am bedeutendsten sind die Anlagen mit Nuraghen-Bauten in Abbasanta (Losa-Nuraghen), Torralba (Santu Antine) und in Barùmini (Su Nuraxi).

      Das Zeitalter der Nuraghen-Bauten Sardiniens endet um 500 v. Chr. Allerdings setzen sich Traditionen der Nuraghen-Bauer an einigen Orten bis in die römische Zeit fort. Typische Leitformen der Nuraghen-Kultur sind Geräte und Kunstgegenstände aus Bronze. An den Orten mit Nuraghen-Bauten sind mehr als 1500 Bronzeskulpturen gefunden worden.

      Die Paläosarden waren keine Seefahrer sondern Inlandbewohner. Daher waren diejenigen, die die Küstengewässer rings um die Insel erkundeten und Handelsstützpunkte an der Küste anlegten, auswärtige Händler. Seit dem 10. Jahrhundert v. Chr. legten Phönizier Stützpunkte in Nora, Sulcis, Tharros, Olbia und an anderen Orten an. Seit dem ausgehenden 6. Jahrhundert v. Chr. gehörte Sardinien zur politischen und wirtschaftlichen Interessensphäre der Karthager. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ging die militärische und politische Kontrolle der Insel an die Römer über. Dies betraf zunächst nur die Küstenregionen, denn es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis sich römischer Einfluss auch im Inland bemerkbar machte.

      Sardinien war ein Rückzugsgebiet, in dem sich paläosardische Kultur und Sprache noch lange erhalten haben. Die paläosardische Bevölkerung hat sich erst allmählich an das Lateinische assimiliert. Die Bewegung des sich seit dem 3. Jahrhundert infolge der Mission verbreitenden Christentums hat der Akkulturation Vorschub geleistet. Aus der Alltagssprache der Sarden, dem Sprechlateinischen mit Lokalkolorit, hat sich im Verlauf des frühen Mittelalters eine romanische Sprache, das Sardische, entwickelt. Im Wortschatz dieser Sprache sind zahlreiche Substratwörter aus dem vorrömischen Paläosardischen erhalten geblieben. Dabei handelt es sich um Ausdrücke, mit denen Dinge der natürlichen Umwelt der Inselbewohner bezeichnet werden; z. B. kallúttsu, ›Wolf‹; aláse, ›Klee‹; tsèppara, ›steinige Ebene‹ (Wagner 1960–64).

      Das erhaltene Sprachmaterial des Paläosardischen ist allerdings begrenzt, und auf dieser Basis ist es nicht möglich, verwandtschaftliche Beziehungen dieser Sprache zu anderen altmediterranen Sprachen aufzuzeigen (Ligurisch, Iberisch, Sikanisch, Minoisch).

       image Die Regionalkultur der Sikaner

      Im Nordwesten Siziliens siedelten in vorrömischer Zeit die Sikaner, die von den Griechen Sikanoi und von den Römern Sicani genannt wurden. Die Sikaner waren die Nachkommen der einheimischen alteuropäischen Bevölkerung und ihre Sprache gehört zum Kreis der altmediterranen Sprachen. Es wird vermutet, dass bestimmte Heilige Stätten auf Sizilien von Sikanern begründet worden sind, so das Heiligtum der Diana bei Cefalù. Dies erscheint durchaus schlüssig, denn die Tradition einer Göttin der Natur geht auch in anderen Kulturkreisen auf alteuropäische Ursprünge zurück. Dies trifft beispielsweise auf Artemis zu, deren Kult und Name vorgriechischer Herkunft sind.

       2.

       DIE BIG PLAYERS UND IHRE EINFLUSSSPHÄREN IN VORRÖMISCHER ZEIT: REGIONALKULTUREN IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN GRIECHEN IM SÜDEN UND ETRUSKERN IM NORDEN

      Im Kreis der zahlreichen vorrömischen Völker Italiens heben sich zwei ab, die bereits früh die Geschicke aller anderen entscheidend bestimmt haben. Dies sind die Etrusker im Norden und die Griechen im Süden. Genau genommen liegt das Kerngebiet der Etrusker, Etrurien, in Mittelitalien, doch vom Standpunkt der frühen politischen und kulturellen Kontakte dominieren die Etrusker in der nördlichen Hälfte Italiens, während sich die Einflusssphäre der Griechen im südlichen Italien konzentriert. Während die Herkunft der Griechen aus dem östlichen Mittelmeer unbestritten ist, sind sich die Forscher über die Herkunft der Etrusker bis heute nicht einig.

      Was die Kulturchronologie der Präsenz beider Populationen in Italien betrifft, so sind die Kontakte der Griechen mit den Einheimischen in Italien älter als die der Etrusker. Griechen, genauer gesagt mykenische Griechen, haben bereits zu einer Zeit Handelsstützpunkte in Süditalien angelegt, als es die Etrusker als ethnische Gruppierung noch gar nicht gab. Archäologische Hinweise auf mykenische Griechen in Italien gehen auf das 13. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die Besiedlung Siziliens und Süditaliens durch griechische Kolonisten datiert dagegen in eine jüngere Periode, mit Anfängen im 8. Jahrhundert v. Chr.

      Umstritten ist, ob das Volk der Etrusker seine ethnisch-sprachliche Charakteristik in nachmykenischer Zeit in Italien entwickelte, oder ob sich eine solche Identität bereits im ägäischen Raum ausgebildet hatte, von wo sie mit Migranten nach Italien transferiert wurde. Um die Aufklärung des Mysteriums der Herkunft der Etrusker haben sich Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen bemüht: Sprachwissenschaftler, Archäologen, Ethnizitätsforscher, Kulturwissenschaftler und in den vergangenen Jahren verstärkt auch Humangenetiker. Von welchem Standort auch immer das Herkunftsproblem angegangen wird, die Forschungsmethodologie muss sich interdisziplinär orientieren. Konstruktive Einblicke in die Problematik sind nur unter der Bedingung zu erwarten, dass Erkenntnisse der vergleichenden Sprachwissenschaft mit solchen der Kontaktforschung sowie mit Analysen zur ethnischen Identität und zusätzlich mit Daten der humangenetischen Forschung korreliert werden, um ein Gesamtbild zu vermitteln.

       Tyrsenoi/Tyrrhenoi – Rasenna – Tusci

      Die Etrusker nannten sich selbst Rasenna (bzw. in spätetrusk. Form Rasna). Nach Herodot (I.94) war Rasenna der legendäre Führer, der die Vorfahren der Etrusker aus Kleinasien nach Italien führte. Bei den Griechen hieß dieses Volk Tyrsenoi (bzw. Tyrrhenoi), und in ägyptischen Texten aus der Zeit des Pharao Ramses III. (20. Dynastie, 12. Jahrhundert v. Chr.) werden die Etrusker (Teresh genannt) unter den »Seevölkern« aufgeführt (Cultraro 2012).

      Der Name, den die Römer ihren Nachbarn gaben (Tusci), lebt bis heute im Namen der Toscana weiter. Die griechische Namenform dagegen setzt sich fort in der Benennung für den Teil des Mittelmeeres im Nordwesten Italiens, das Tyrrhenische Meer. Mit Etrurien (lat. Etruria) wird das Kernland etruskischer Siedlung bezeichnet.

       image Tyrsenoi/Rasenna

      Für die griechische Namenform sind die verschiedensten Deutungen vorgeschlagen worden (Briquel 2004, de Simone 2013). Die wahrscheinlichste dieser Deutungen ist wohl die, wonach sich die griechische Form Tyrsenoi aus zwei Grundkomponenten zusammensetzt. Die eine ist Tur-, das sich wohl von etrusk. tur, ›Gefolgsleute, Angehörige‹, herleitet. Die andere Komponente, -senoi, ist eine Verkürzung des Namens Rasenna (mit der griech. Pluralendung -oi).

      Nach mythologischer Überlieferung waren die Tyrsener Verbündete Trojas im Krieg gegen die Mykener und gehörten damit zu den Verlierern des wohl berühmtesten Krieges der griechischen Antike. Vielleicht gab der verlorene Trojanische Krieg den Ausschlag, dass ein großer Teil der proto-etruskischen Elite – womöglich die gesamte Aristokratie – auswanderte. Der Seeweg nach Italien war seit Langem bekannt, denn die Mykener unterhielten in Süditalien zahlreiche Handelsniederlassungen. Obwohl die Mykener den Krieg gegen ihre Rivalen, die Trojaner, gewannen, konnten sie sich ihres Sieges nicht lange erfreuen. Denn schon im 12. Jahrhundert v. Chr. zerfiel ihre eigene Macht. Damit waren die Handelsrouten auch für die einstigen Feinde der Mykener, die Proto-Etrusker frei. Deren Landung in Mittelitalien vollzog sich ohne Behinderungen, denn es gab damals kein italisches Volk, das es mit einer politisch so gut organisierten Elite, wie es die Proto-Etrusker waren, hätte aufnehmen können.

      Historiker

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