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aufgestiegen war und soviel Autorität besaß, dass es im Jahre 90 v. Chr. verfügen konnte, das Lateinische als alleinige Amtssprache in ganz Italien einzuführen. Und es war ein ebenso langer Weg, bis sich aus dem gesprochenen Latein eine romanische Sprache ausgliederte, das Italienische. In der Vielfalt der Dialekte Italiens spiegelt sich das Erbe der vorrömischen Regionalkulturen. Und was sich in Italien über die Jahrhunderte entwickelt hat, findet seine Parallelen in vielen der ehemaligen Provinzen des Imperium Romanum, wo es zur Ausbildung romanischer Sprachen gekommen ist.

      Die westliche Zivilisation ist ohne den Input der römischen Traditionen nicht vorstellbar. Ebenso wenig vorstellbar wäre die römische Zivilisation ohne den Input des etruskischen Kulturerbes. Unsere Welt ist multikulturell und multilingual geprägt. Multikulturell und multilingual geprägt waren bereits die Anfänge der römischen Welt mit ihrem Charakter einer Mosaikkultur.

       1.

       WHO IS WHO IN DER FRÜHZEIT ITALIENS? VÖLKER UND KULTUREN VON DEN ALPEN BIS SIZILIEN

      Italien ist altes Kulturland und hier haben Menschen seit der Altsteinzeit gelebt. Die Präsenz des archaischen Homo sapiens (bzw. auch des Neandertalers) ist durch Funde in Mittelitalien (u. a. in der Grotta Guattari nahe San Felice Circeo südlich von Rom) bezeugt, deren Alter auf ca. 50 000 Jahre datiert wird. Vertreter des anatomisch modernen Menschen (moderner Homo sapiens) sind in Italien seit ca. 43 000 Jahren nachgewiesen (Grotta del Cavallo). Die ältesten Hinweise auf das Kunstschaffen des Frühmenschen findet man in den Höhlenbildern Siziliens und in weiblichen Figurinen (z. B. die Venus von Savignano, Provinz Modena; ca. 25 000 Jahre vor der Jetztzeit); (Leighton 1999). Die Entstehung der Höhlenbilder und Figurinen ist zeitgleich mit der altpaläolithischen Höhlenkunst in Südwestfrankreich und Nordspanien.

      Während der mittleren Steinzeit (Mesolithikum) und in der frühen Jungsteinzeit (Neolithikum) werden in Sizilien und auf Sardinien Megalithbauten errichtet, was auf die Zugehörigkeit Italiens zur Kultur der Großsteinsetzungen in der westlichen Mittelmeerregion hindeutet. Die Entwicklung während des Neolithikums steht im Zeichen des Übergangs zum Ackerbau und der Übernahme der Keramikherstellung als innovativer Technologie. Die Jäger und Sammler Unteritaliens waren die Ersten, die in Kontakt mit Ackerbauern auf der anderen Seite der Adria traten. Grund für die Kontakte und die damit verbundenen Fahrten über das Meer war der Tauschhandel mit Obsidian. Aus diesem Grundmaterial konnten vielerlei Werkzeuge (scharfe Klingen, Schaber und Messer) hergestellt werden. Obsidian wurde überwiegend auf den vorgelagerten Inseln im Küstengebiet gewonnen.

      Im Kontakt mit den Handelspartnern an den Küsten der Balkanregion und des griechischen Festlandes lernten die italischen Jäger die Welt der Ackerbauern kennen, machten sich mit dem Agrarpaket vertraut und fingen selbst mit der Pflanzenkultivation an. Die Verbreitung des Ackerbaus auf italischem Boden beruht weitgehend auf dem Akkulturationsprozess der einheimischen Jäger und Sammler (Abb. 1).

      Abb. 1: Der Obsidianhandel und die Regionen mit frühem Ackerbau (Cunliffe 2008: 116)

      Die einheimische Bevölkerung Italiens waren Nachkommen der Urbevölkerung des anatomisch modernen Menschen und dies war die Mehrheitsbevölkerung bis zur Ankunft der Indoeuropäer. In der Zeit zwischen der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. und der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. gelangen Migranten in mehreren Wellen nach Italien und dringen bis in den Süden vor (Cocchi Genick 1994). Die Migranten kamen aus Mitteleuropa, und ihre Verbreitungsrouten in Italien sind an der materiellen Hinterlassenschaft zu erkennen, u. a. an neuen Waffentypen (Bronzedolche, Streitäxte aus Stein). Eingeführt wurde auch eine Tierart, die den altmediterranen Bewohnern Italiens bis dahin unbekannt war, das Pferd.

      Die Einwanderer aus dem Norden stellen schon bald die Bevölkerungsmehrheit, und ihre Kultur und Sprache gliedern sich entsprechend von ihren Siedlungsgebieten regional aus. Die Sprachen der seit der späten Bronzezeit in Italien heimischen Populationen, der Italiker, bilden einen eigenen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie (Beekes 2011, Haarmann 2016). Zu den antiken Völkern mit indoeuropäischer Sprache gehören auch Nicht-Italiker, wie die Veneter (im Nordosten), die Lepontier (im Norden), die Messapier (im Südosten) und die Sikeler (in Sizilien). Ob das Elymische, eine der vorgriechischen Sprachen in Sizilien, indoeuropäisch war, ist bislang umstritten. Jedenfalls besteht keine nähere Verwandtschaft mit dem italischen Sprachzweig. Altmediterrane Sprachen und Kulturen haben sich bis in römische Zeit bei den Ligurern (im Nordwesten), Kamunern und Rätern (im Norden), bei den Paläosarden (auf Sardinien) sowie bei den Sikanern (in Sizilien) erhalten.

       Italische Sprachkulturen

      Die Hauptrichtung der Jahrhunderte andauernden Migrationen indoeuropäischer Bevölkerungsgruppen aus Mitteleuropa in die Regionen der Apenninhalbinsel war von Norden nach Südosten gerichtet. Als Folge einer Konzentration regionaler Gruppen im Adriaraum kam es zu einer Ost-West-Drift von Migranten. Einige Gruppen wurden damals ins westliche Küstengebiet am Tyrrhenischen Meer abgedrängt. Dazu gehörten die Latiner mit ihrem Verbreitungsgebiet in der historischen Landschaft Latium und die Falisker nordöstlich davon. Im Norden (Lokalkulturen von Remedello und Rinaldone) und im Süden (Lokalkultur von Gaudo) haben sich Spuren des ältesten Kulturstadiums italischer Prägung bis ins ausgehende 3. Jahrtausend v. Chr. erhalten.

      Im Horizont der Zeit (u. zw. im Zeitraum zwischen ca. 1500 und ca. 900 v. Chr. haben sich die in den antiken Quellen bezeugten italischen Regionalkulturen ausgegliedert (Abb. 2).

      Von diesen entwickelte sich die Regionalkultur der Latiner mit ihrer Sprache, dem Lateinischen, zur wichtigsten der italischen Sprachkulturen. Während sich im Lauf der Antike die Vertreter aller anderen Bevölkerungsgruppen akkulturierten und sich sprachlich ans Lateinische assimilierten, blieb die Regionalkultur der Latiner erhalten, und ihre Sprache verbreitete sich mit der militärischen Expansion des römischen Staats in ganz Italien. Zu den Bevölkerungsgruppen der Gründerzeit in Rom gehörten neben Etruskern und Sabinern auch die Latiner, die sich als Einwohner der Stadt Römer nannten.

      Abb. 2: Sprachen und Regionalkulturen im antiken Italien (Haarmann 2005: 148)

       image Die Regionalkulturen der Latiner und Falisker

      Diese Regionalkulturen bilden eine eigene Gruppe eng verwandter Kulturen und Sprachen. Frühe Siedlungen der Latiner lassen sich in die Zeit um 1100 v. Chr. datieren. Die Sprachentwicklung des Faliskischen ist konservativer als vergleichsweise die des Lateinischen. Viele der Eigenheiten des ältesten Stadiums der italischen Sprachen sind im Faliskischen erhalten. Die Entwicklung der beiden Sprachen geht seit Beginn des 1. Jahrtausends v. Chr. eigene Wege.

      Das Verbreitungsgebiet der beiden Regionalkulturen grenzt an das Kernland der Etrusker an, und sowohl bei den Faliskern als auch bei den Latinern macht sich früh (u. zw. im 8. Jahrhundert v. Chr.) etruskischer Einfluss bemerkbar. Die faliskische Sprachkultur hat sich zu keiner Zeit diesem Einfluss entziehen können. Anders die Latiner, die sich schon früh in Städtebünden organisiert haben. Die bedeutendste dieser überregionalen Organisationen war der Latinische Bund. Dessen politischer Hauptort war Alba Longa (nahe Castel Gandolfo). Als kulturelles Zentrum fungierte der Albanus Mons (Monte Cavo) in den Albaner Bergen. Dort wurden die Feriae Latinae als Ausdruck latinischer Solidarität gefeiert. Nach der Zerstörung von Alba Longa im 6. Jahrhundert v. Chr. durch die etruskischen Herrscher Roms wurde diese Stadt zum Veranstaltungsort für die Feriae Latinae.

      Die Städtebündnisse

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