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      21

      Das Langsame meiner Bewegung stand im krassen Gegensatz zu meiner Gedankenarbeit.

      Ich musste jetzt rasch handeln.

      Sehr rasch. Mir fiel ein, dass ich in Krawulkes Wohnzimmer ein Telefon gesehen hatte. Trotzdem hatte er es vorgezogen, Eimers Apparat zu benutzen. Daraus ging hervor, dass er Angst gehabt hatte, das rothaarige Mädchen mithören zu lassen.

      Michael Krawulkes Haus war nur einen Katzensprung von hier entfernt. Ich jagte los, stürmte die Treppen hinauf und klingelte an seiner Wohnungstür Sturm.

      Das Fräulein öffnete mir. Ihr Lächeln fiel jäh in sich zusammen. Sie hatte offenbar Michael erwartet. Ich eilte an ihr vorbei ins Wohnzimmer und kurbelte an dem Apparat und gab dem Fräulein vom Amt die Nummer, die ich im Kopf hatte. Das Gespräch dauerte keine drei Minuten. Es machte mir nichts aus, dass das Fräulein dabei zuhörte. Ich hatte das sichere Gefühl, dass sie nicht zu Michaels Bande zählte.

      Ich hastete zurück. Der Tote lag mitten auf dem Asphalt. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Ich bückte mich über den Toten, holte seine Brieftasche hervor und warf einen Blick auf seinen Ausweis.

      Der Mann hieß Wolfgang Krause.

      Der Name war nun nicht schwer zu merken, aber ich prägte mir auch seine Daten ein, stopfte die Brieftasche in sein Jackett zurück und rannte weiter. Kurz darauf klingelte ich zum zweiten Mal an Eimers Wohnungstür.

      Er öffnete sie mir und war sichtlich erstaunt, als er mich ganz außer Atem vor sich stehen sah.

      "Rasch", sagte ich. "Ich muss telefonieren. Auf der Straße ist ein Mann erschossen worden."

      "Waaas?", stieß er hervor.

      "Um Himmels willen!" Er drängte mich zurück und schloss die Tür hinter sich. "Rufen Sie von unten an, bitte. Meine Frau darf das nicht hören. Es würde sie zu sehr aufregen."

      Wir hasteten die Treppe nach unten. "Wer ist es denn? Kennen Sie den Mann?", fragte der wie stets rauchende Eimer, als er mir die schwere Eisentür öffnete, die zu seinem Laden führte.

      "Ich habe einen Blick auf seinen Pass geworfen. Der Bursche heißt schlicht und einfach Wolfgang Krause."

      Theodor Weissner, genannt Eimer, zuckte herum. "Krause?", murmelte er mit erschreckt geweiteten Augen. "Wirklich Wolfgang Krause?"

      "Ja, kennen Sie ihn?"

      "Er ist mein einziger Angestellter!", rief Eimer und schluckte. "Er ist tot, sagen Sie?"

      "Ja."

      "Haben Sie auf ihn geschossen?"

      "Dann wäre ich wohl kaum hier, um die Polizei zu verständigen."

      "Das stimmt", sagte er langsam. "Mein Gott, Krause! Das wirft mich um..."

      "Worauf warten Sie noch?", fragte ich ungeduldig.

      "Öffnen Sie die Tür..."

      "Ja, ja", murmelte er und gab sich sichtlich einen heftigen Ruck. "Wolfgang! Ich kann es nicht fassen..."

      "Seit wann arbeitet er für Sie?"

      "Schon seit zwei Jahren!"

      "Wo wohnt er?"

      "Hier im Haus, in der Mansarde..."

      Ich nickte und eilte vor ihm her in das Ladenbüro. Ich knipste die Schreibtischlampe an und griff nach dem Telefonhörer.

      "Lassen Sie das!", kommandierte eine scharfe Männerstimme hinter mir. Sie klang so verändert, dass ich Mühe hatte, sie wiederzuerkennen.

      Ich wandte mich um.

      Eimer stand auf der Türschwelle und richtete einen Revolver auf mich.

      22

      Er besaß in diesem Moment nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem alternden, jovialen Tabakladenbesitzer in einem halb verfallenen Haus, den er bislang verkörpert hatte. Hinter den Brillengläsern blitzten seine Augen scharf, wachsam, höhnisch und feindselig. Ich sah, dass sein Finger am Druckpunkt des Abzugs lag.

      Ich ließ den Hörer sinken. "Was soll das?", fragte ich und hatte Mühe, meinen Triumph zu verbergen.

      Er atmete heftig. "Sie haben meinen besten Mann umgelegt. Das zahle ich Ihnen heim."

      "Er wurde aus dem Dunkel heraus erschossen."

      "Niemand aus dieser Gegend würde es wagen, auf Wolfgang Krause zu schießen."

      "Natürlich", sagte ich langsam. "Wer hat schon den Mut, sich mit einem Mörder anzulegen?"

      Seine Augen wurden schmal. Mein Triumphgefühl schrumpfte merklich zusammen. Wenn Weissner jetzt und hier abdrückte, hatte ich mich zu früh gefreut, dann konnte ich die Früchte meines Komplotts nicht mehr ernten.

      "Was wissen Sie von mir?", fragte er. "Nichts!"

      "Irrtum."

      "Wenn ich Sie jetzt umlege, kann ich behaupten, in Notwehr gehandelt zu haben."

      "Erwarten Sie im Ernst, dass man Ihnen das glaubt?"

      "Ja, das erwarte ich. Ich bin nicht vorbestraft. Ich habe gerade gehört, dass mein Angestellter getötet wurde... Ich habe das Recht, in Ihnen den Mörder zu sehen."

      "Aber Sie wissen es natürlich besser."

      "Nein", sagte er und atmete mit offenem Mund, so dass man seine schlechten, braunen Zähne sehen konnte, "das ist nicht der Fall. Aber ich komme noch dahinter, verlassen Sie sich darauf."

      "Ich könnte Ihnen sagen, wer als Mörder in Betracht kommt."

      "Raus mit der Sprache!"

      "Erst möchte ich hören, ob Karla noch lebt."

      "Keine Angst, ihr ist noch nichts geschehen."

      "Wo ist sie?"

      "Sie erwarten

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