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sind Sie?"

      "Franky", sagte ich. "Er weiß schon Bescheid."

      Im Hintergrund des schmalen, dunklen Flures öffnete sich eine Tür. Michael kam herangeschlurft. Sein Oberkörper war nackt und sein Haar zerzaust.

      "Was gibt’s?" fragte er. "Ach, du bist’s. In Ordnung, Linda. Er kann hereinkommen."

      Das Mädchen verschwand irgendwo in den Tiefen des Flurs, und Michael Krawulke führte mich in ein riesiges, aber nur spärlich möbliertes Zimmer. Auf dem großen runden Tisch, der genau in der Mitte stand, entdeckte ich die Reste einer Mahlzeit.

      Michael Krawulke blieb stehen, kratzte sich an der stark behaarten Brust und fragte mich: "Was gibt’s?"

      Ich setzte mich rittlings auf einen Stuhl und schaute zu Krawulke hoch. "Kennst du Siegfried? Siegfried, den Penner?"

      "Ja. Was ist mit ihm?", fragte er verdutzt.

      "Was würdest du sagen, wenn du erfährst, dass er tot ist?"

      "Ich würde sagen, dass er sich totgesoffen hat."

      "Er liegt in Erikas Wohnung."

      "Das ist nicht wahr!"

      "Doch, wir haben ihn in der Wanne entdeckt. Voll bekleidet. Und mausetot."

      "Scheiße", murmelte Michael Krawulke und fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen. "Das gibt neue Untersuchungen. Und wieder hunderttausend dusselige Fragen.

      Er blieb abrupt stehen und schaute mich an. "Wir müssen uns um ein Alibi kümmern. Wann hat es ihn erwischt?"

      "Keine Ahnung. Gestern, würde ich sagen, aber die genaue Zeit kann ich nicht bestimmen."

      "Scheiße!", wiederholte Michael Krawulke und setzte sich.

      "Was nun? Dieser verdammte Siegfried! Hätte er nicht an einem anderen Ort krepieren können?"

      "Wie viele Schlüssel gibt es für Erikas Wohnung?", wollte ich wissen.

      "Zwei Paar", erwiderte er. "Eines davon habe ich, das andere ist in..."

      Er unterbrach sich und starrte mir in die Augen.

      "Verdammt", murmelte er. "Ich wusste es doch!"

      "Was wusstest du?"

      "Dass du nicht Franky Steinfurt bist. Franky besitzt das andere Schlüsselpaar. Ich aber musste dir in der Kneipe meine Schlüssel für die Wohnung geben..."

      "Du spinnst", sagte ich. "Als ich aus Erikas Wohnung verschwand, habe ich die Schlüssel zurückgelassen."

      "Wo denn?", fragte er lauernd. "Ich habe keine gefunden. Das gilt auch für die Polizei."

      In diesem Moment öffnete sich die Tür. Das rothaarige Mädchen kam herein.

      "Hau ab", sagte Michael Krawulke grob. "Wir brauchen keine Zuhörer."

      Das Mädchen zog einen Schmollmund und ging wieder hinaus.

      "Wer ist das?", fragte ich ihn.

      "Meine Süße. Gefällt sie dir?"

      "Hm, sie ist nicht übel."

      "Sie kann Erika nicht ersetzen, aber sie gibt sich Mühe", sagte er grinsend.

      "Apropos Erika", sagte ich. "Hat sie dir eigentlich oft von mir erzählt? Von meinen Eigenarten, meinen Kontakten, meinen Zukunftsvorstellungen...?"

      "Nein, warum?"

      "Ich frage nur so."

      "Du fragst, weil du gar nicht Franky Steinfurt bist", stellte er fest.

      "Du willst wissen, wie er lebte und was er sagte. Du bist ein Schupo oder sogar von der SiPo. Warum gibst du’s nicht zu?"

      "Fängst du schon wieder damit an?"

      "Mich hast du in der Kneipe nicht überzeugt. So eine Narbe kann man sich leicht verpassen lassen. Die Blonde macht vermutlich mit dir gemeinsame Sache. Ihr Auftritt war einfach zu perfekt. Wie bei einer gelungenen Theateraufführung. Mich blufft ihr damit nicht."

      "Du hast eine rege Phantasie."

      "Nein. Ich habe einen guten Riecher. Er wird dir zum Verhängnis werden."

      "Wenn ich ein Schnüffler wäre, könnte ich es mir kaum leisten, einen Toten zu finden und mit dir über ihn zu sprechen. Dann hätte ich schon längst meine Kollegen vom hiesigen Polizeiabschnitt verständigen müssen. Stimmt‘s?"

      "Du wirst dich mit ihnen arrangiert haben", höhnte er.

      "Ich glaube, dass Siegfried ermordet wurde", sagte ich.

      Er lachte. "Du tickst ja nicht richtig. Wer sollte ihn denn ermordet haben?"

      "Ich weiß es nicht. Vielleicht Erikas Mörder?"

      Er starrte mich an. "Erikas Mörder?"

      "Penner schleichen überall herum. Sie sind überall dort, wo man sie nicht erwartet. Vielleicht ist er Erika an jenem Abend gefolgt und..."

      "Scheiße!", unterbrach Michael Krawulke mich erregt. "Warum habe ich nicht gleich daran gedacht? Er war verknallt in Erika! Er schlich immer hinter ihr her. Er hatte zwar niemals den Mut, sie anzusprechen, aber er berauschte sich an ihrem Anblick, er war stets in ihrer Nähe..."

      "Das ist interessant", sagte ich. "Vielleicht hat er tatsächlich gesehen, wie sie umgebracht wurde."

      Michael Krawulke schluckte. Ich sah, wie es in ihm arbeitete und wie erregt er war.

      "Dieser Idiot, oh, dieses Arschloch", keuchte er.

      "Er hat es also gewusst. Er hat den Mörder gekannt. Aber statt mit uns zu sprechen, hat er versucht, den Kerl zu erpressen. Und der hat prompt zurückgeschlagen. Geschieht ihm ganz recht, diesem Suffkopp!"

      "Woher hat Siegfried seinen Fusel bezogen?"

      "Soviel ich weiß, hat er ihn selber gebrannt. Den Rohstoff hat er von Eimer bezogen. Eimer und sein Schnapsladen - ist der an der nächsten Ecke..."

      "Kennst du einen Mann namens Kräutner?", fragte ich ihn unvermittelt.

      "He? Kräutner?"

      "Ganz recht. Franky Kräutner."

      "Nie gehört", sagte er und wich meinem Blick nicht aus, aber mir schien es so, als hätte er Mühe, gelassen zu bleiben.

      Ich schwieg. Michael Krawulke fuhr sich einige Mal sehr rasch mit dem ausgestreckten Zeigefinger unter der Nase hin und her.

      "Was ist mit diesem Kräutner oder wie er heißt? Warum fragst du mich nach ihm?"

      "Ich bin in der Kneipe zusammengeschlagen worden", sagte ich. "Als es passierte, war dieser Kräutner im Lokal. Natürlich war er verschwunden, als ich wieder zu mir kam."

      "Haben sie dich gefilzt? Haben sie dir die Kröten abgenommen?", fragte er grinsend.

      "Nein. Was findest du daran so lustig?"

      "In unserem Viertel herrschen nicht gerade die feinsten Sitten", spottete er. "Straßenraub und ähnliches gilt hier nur als Kavaliersdelikt."

      "Hier ging es nicht um Straßenraub."

      "Sondern?"

      "Das kriege ich noch heraus?"

      "Als Schnüffler oder als Frank Steinfurt?", spottete er.

      "Vielleicht kommt das eines Tages auf das gleiche heraus", sagte ich.

      "Ich versteh’ nicht, was du damit sagen willst."

      "Du wirst schon dahinterkommen." Ich erhob mich. "Wo kann ich Siegfried deponieren?"

      "Das kommt ganz darauf an", sagte Michael Krawulke.

      "Willst du, dass er gefunden wird, oder legst du Wert darauf, dass man ihn

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