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Werte an, die anfangs noch unspezifiziert sind. Die Festlegung der Werte in Abhängigkeit von der Einzelsprache wird als Fixieren von Paramatern bezeichnet. Dafür braucht ein Kind nur einfache Inputdaten, was das logische Problem des Spracherwerbs lösen lässt. Ein weiteres Prinzip kann das Wissen um die universalen Merkmale der Phrasenstruktur, d. h. das X-bar-Schema sein. Parametrisiert ist jedoch die Position des Phrasenkopfes, die festgelegt werden muss (vgl. Chomsky, 1981: 48f.).

      Die einzelsprachlichen Regularitäten, die aus den Prinzipien und Parametern der Universalgrammatik abgeleitet werden können, machen den Kernbereich der Sprache aus, wohingegen die restlichen sprachlichen Aspekte, die erlernt werden müssen, zur Peripherie gehören. Rothweiler (1993: 140) weist beispielsweise darauf hin, dass sich der Erwerb von Nebensätzen im Deutschen teils parametrisiert, teils peripherisch vollziehen kann. Dabei muss einerseits ein rein kerngrammatisches Wissen über Rektion, Kongruenz und Genuszuweisung auf eine neue Struktur übertragen werden; andererseits spielt auch die Erweiterung des kindlichen Lexikons eine bedeutsame Rolle. Die Universalgrammatik ist modular aufgebaut, d. h. die Prinzipien sind spezifischen Modulen zuzuordnen, die zusammenwirken und damit für die grammatische Kompetenz konstitutiv sind (vgl. Grewendorf, 2002a: 13). In der PPT werden zwei Gruppen von Subkomponenten angenommen: (1) Module der Grammatik und (2) Subsysteme der Prinzipien:3

      „UG consists of interacting subsystems, which can be considered from various points of view. From one point of view, these are the various subcomponents of the rule system of grammar. From another point of view, which has become increasingly important in recent years, we can isolate subsystems of principles.“ (Chomsky, 1981: 5)

      In der PPT spielt die Unterscheidung zwischen funktionalen und lexikalischen Kategorien eine Schlüsselrolle. Zu den lexikalischen Kategorien gehören: N(omen), V(erb), A(djektiv) und P(räposition). Sie haben einen deskriptiven/semantischen Inhalt und bilden eine offene Klasse, die ständig erweitert werden kann. Zu den funktionalen Kategorien werden im nominalen Bereich D(eterminant) und N(umerus), im verbalen Bereich hingegen C(omplementierer), AGR(eement) und T(empus) zugerechnet. Sie erfüllen grammatische Funktionen und stellen eine Menge von abstrakten formalen Merkmalen dar. Nur die funktionalen Kategorien sind parametrisiert, was zur Folge hat, dass Unterschiede zwischen einzelnen Sprachen auf unterschiedliche Merkmale der funktionalen Kategorien zurückzuführen sind. Die lexikalischen Kategorien werden vom Kind früher erworben als die funktionalen (vgl. Parodi, 1998: 14; Schmitz, 2006: 16).

      Für die vorliegende Arbeit sind nun folgende zwei Parameter relevant, die mit dem Aufbau der Satzstruktur in der deutschen Sprache zusammenhängen: der V2-Parameter (Platzack, 1983; Koopman, 1984; vgl. auch Slabakova, 2016: 224) und der OV/VO-Parameter4 (Neeleman, 1994; vgl. auch N. Müller, 1998). Der Erstere wird im Deutschen auf den Wert [+V2] fixiert, was dazu führt, dass das finite Verb im Hauptsatz obligatorisch in die zweite Position bewegt wird. Der V2-Parameter ist auch mit dem Erwerb der Negationsstellung verbunden (vgl. Kapitel 4.2.1). Der Letztere legt die Kopfstellung in der Verbalphrase fest und bezieht sich auf die interne Struktur des Satzes. Das Deutsche wird als eine OV-Sprache klassifiziert, weil sich das direkte Objekt sowohl in Haupt- als auch in Nebensätzen vor dem infiniten Verbteil befindet. Das Polnische dagegen ist keine V2-Sprache und weist die VO-Abfolge auf, weil die VP im Gegensatz zum Deutschen linksköpfig ist (vgl. Mecner, 2005: 130–138).5

      Dabei gilt es zu fragen, wie diese Parameter festgelegt werden. Im Rahmen des generativen Ansatzes wird das Fixieren von Parametern als ein kognitiver Prozess beschrieben, der aufgrund von Triggering zustande kommt (vgl. Meisel, 2011: 52). Das Festlegen von den für die Einzelsprachen geltenden Werte wird demnach durch den Input getriggert.6 Dieser Prozess geschieht schnell und nur aufgrund einfacher Inputdaten. Die Vorkommenshäufigkeit und Salienz der relevanten Strukturen im Input sollen dabei eine untergeordnete Rolle spielen. Damit aber das Kind nötige Informationen aus dem Input extrahiert, muss zuerst eine Reihe von quantitativen wie auch qualitativen Vorbedingungen erfüllt werden. Sie können aber leider im Rahmen dieser Arbeit nicht diskutiert werden.7

      Die generative Sprachtheorie wurde im Laufe der Zeit mehreren Revisionen unterzogen, wozu eine systematische Forschungstätigkeit beigetragen hat. Viele theoretische Annahmen haben sich als insuffizient erwiesen, um das Phänomen des Spracherwerbs adäquat zu explizieren; infolgedessen wurde auch die PPT stark modifiziert, was zur Entstehung des Minimalistischen Programms (Chomsky, 1995) geführt hat.8 In Hinblick auf die in der PPT eingeführte Konzeption der Parameter wird im Rahmen des Minimalistischen Programms angenommen, so Möhring (2005: 56), dass Parametrisierungen einerseits nur auf formale Merkmale, andererseits auf das Verhältnis zwischen Morphologie und Syntax zurückzuführen sind. Da diese Modifikationen für die vorliegende Studie nicht von großer Relevanz sind, werden sie nicht näher behandelt.

      Eine der fundamentalen Fragen in der generativen Erstspracherwerbsforschung ist, wann universale Prinzipien in die mentale Grammatik des Kindes implementiert werden. Als Antwort bieten sich zunächst zwei sich zuwiderlaufende Hypothesen an: die Reifungshypothese (Felix, 1984, 1992; Borer & Wexler, 1987) und die Kontinuitätshypothese (Pinker, 1984).9 Im Rahmen der Reifungshypothese wird argumentiert, dass die universalgrammatischen Prinzipien nach einem genetisch vorprogrammierten Reifungsschema erst später im Spracherwerb in Kraft treten (Felix, 1984: 142). Die Entfaltung der universalen Prinzipien kann dieser Hypothese zufolge mit der Reifung des Gehirns gleichgesetzt werden, wobei die Bedeutung der Umgebung wesentlich geschmälert wird:

      „Like any other instance of biological maturation, the principles take time to develop, but the particular character of experience during this time is not what makes the principles develop.“ (Borer & Wexler, 1987: 124)

      Nach der Reifungshypothese (Felix, 1984, 1992; Borer & Wexler, 1987) geht der Syntaxerwerb somit mit dem Heranreifen kognitiver Fähigkeiten des Kindes einher, deswegen werden zunächst einfache Strukturen in die mentale Grammatik inkorporiert. Die mentale Grammatik kann laut Möhring (2004: 13) aus diesem Grund anfangs noch nicht UG-konform sein, denn es bedarf Zeit, damit die universalen Prinzipien im Gehirn heranreifen. Zwar liefert der Ansatz eine Erklärung dafür, warum bestimmte Parameter zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt werden, sie kann aber keinen Aufschluss über die interne Logik des Spracherwerbs geben. Die Kontinuitätshypothese (Pinker, 1984) geht demgegenüber davon aus, dass in der Kindersprache die gleichen Kategorien und Relationen auftreten wie in der Sprache von Erwachsenen. Der Spracherwerb verläuft in einer Reihe aufeinanderfolgender Stadien, die jeweils durch die Universalgrammatik restringiert sind. Der Übergang von einer Erwerbsstufe in die nächste erfolgt aufgrund von Informationen, die das Kind den gehörten und verarbeiteten Äußerungen entnimmt.

      Wenn das universalgrammatische Wissen dem Kind von Anfang an zur Verfügung steht, ist zu fragen, warum sich die grammatische Kompetenz eines Kindes von der eines Erwachsenen unterscheidet. Als Lösungsvorschlag kann z. B. die Hypothese des lexikalischen Lernens (z. B. Clahsen, 1988a) angesehen werden, nach der der Erwerb lexikalischer Elemente als Trigger für die Ingangsetzung der universalgrammatischen Prinzipien und für das Fixieren offener Parameter fungiert; der Grammatikerwerb hängt danach mit dem sukzessiven Lexikonzuwachs zusammen (vgl. Clahsen, 1988a: 246). Das kommt laut neueren generativen Theorien des mentalen Lexikons daher, dass ein Lexem nicht nur aus Informationen über die Lautstruktur und Bedeutung besteht, sondern auch morphosyntaktisches Wissen umfasst (vgl. Siebert-Ott, 2001: 45f.).

      Eine andere Lösung liefert die Strukturaufbauhypothese (Guilfoyle & Noonan, 1992). Sie nimmt an, dass Kinder anfangs nur lexikalische Kategorien anwenden und funktionale Kategorien erst sukzessiv erwerben. Die Struktur der Kindersprache wächst allmählich heran, wobei jede Stufe des Spracherwerbs von universellen Prinzipien eingeschränkt ist, wodurch die kindliche Grammatik immer mit der Universalgrammatik übereinstimmt. Die Strukturaufbauhypothese setzt somit keine Rekonstruierung der Grammatik, sondern vielmehr ihre sukzessive Ergänzung um neue Struktureinheiten voraus. In Hinblick auf die Wortstellung zeigen die Autoren, dass Kindern zuerst nur lexikalische Kategorien zugänglich sind, funktionale Kategorien, z. B. Kongruenz und Flexion, hingegen erst später erworben werden. Angesichts der Erkenntnis, dass der Erstspracherwerb in einer Reihe von geordneten Phasen verläuft, und dass der Erwerb verschiedener Phänomene zeitlich zusammenfällt, scheint die Strukturaufbauhypothese überzeugender zu sein.10 Es ist aber nach Verrips (1990: 20) zu konstatieren, dass keine der beiden Extrempositionen,

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