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ich Reggie Gross mit einer wilden Serie von Hieben, während der er sich bedeckt hielt. Dann ging er plötzlich zu Gegenangriffen über, die ich aber gut parieren konnte. Ich duckte mich unter seinen hefigen Schlägen weg, schlug ihn mit einem wuchtigen linken Haken ein erstes Mal und mit einer Serie von Schlägen ein zweites Mal nieder. Der Ringrichter brach den Kampf ab, weil Reggie Gross glasige Augen bekam, aber Reggie protestierte. „Du kannst nicht mehr laufen und willst kämpfen?“, konterte der Ringrichter.

      Meine beiden nächsten Gegner waren anscheinend von kleinerem Kaliber. Vielleicht wollten Jimmy und Cayton aber auch, dass ich weitere K.o.-Siege in der ersten Runde erzielte. Während ich bei William Hosea ihre Erwartungen erfüllte, benötigte ich bei Lorenzo Boyd dafür allerdings zwei Runden. Aber meine blitzschnelle Rechte, die seinen Brustkorb traf, und mein sofort nachgeschobener wuchtiger rechter Aufwärtshaken ließen eine jubelnde Menge zurück. Zwei Wochen später machte ich von mir reden, als ich Marvis Frazier, den Sohn von Joe Frazier, in 30 Sekunden erledigte. Ich trieb ihn in die Ecke, stellte ihm mit meiner Führhand eine Falle und machte ihn mit meinem Lieblingspunch, dem rechten Aufwärtshaken, vollends fertig. Er wirkte so stark verletzt, dass ich zu ihm eilte, um ihm aufzuhelfen. Ich liebe Marvis. Er ist ein großartiger Kerl.

      Ich war erst vor einigen Wochen 20 Jahre alt geworden. Unserem Plan zufolge sollte ich Ende 1986 jüngster Weltmeister im Schwergewicht werden. Während Jimmy und Cayton für mich darüber verhandelten, ließen sie mich am 17. August in Atlantic City gegen Jose Ribalta antreten. Ribalta war ein spielerischer Kämpfer, der mich im Gegensatz zu Green und Tillis tatsächlich beschäftigt hielt. Und er hatte offenbar den Willen, sich nicht k.o. schlagen zu lassen. Ich schlug ihn in der zweiten und erneut in der achten Runde nieder, aber er stand immer wieder auf. In der zehnten ging er ein drittes Mal zu Boden. Als er wieder aufstand, drängte ich ihn in die Seile. Daraufhin brach der Ringrichter den Kampf ab.

      Ribalta erwarb sich mit seinem entschlossenen Kampf nicht nur beim Publikum und den Kommentatoren großen Respekt, er schaffte es auch, mir die Nacht zu ruinieren. Ich hatte nach dem Kampf noch eine Verabredung mit einer schönen jungen Studentin der Penn State University, die ich auf der Hundertjahrfeier der Freiheitsstatue kennengelernt hatte. Die junge Lady begleitete mich auf mein Zimmer. Als sie mich berührte, zuckte ich vor Schmerz zurück.

      „Hey! Bitte fass mich nicht an“, sagte ich ihr. „Das geht nicht gegen dich. Ich brauche einfach ein bisschen Ruhe.“

      Sie hatte Verständnis für meine Misere und fuhr zurück zu ihrer Uni, wir verabredeten jedoch, es sobald wie möglich nachzuholen. Sie hatte den Kampf und die vielen Schläge gesehen, die ich hatte einstecken müssen. So etwas hatte ich bislang noch nicht erlebt. Von den ganzen Körperschlägen war mir richtig schlecht, sogar noch Stunden danach. Ribalta und Tillis waren die einzigen Typen, die mich so zugerichtet haben. Nie wieder haben mir alle Knochen so wehgetan. Aber ich hatte viel darüber gelesen, wie sich andere große Kämpfer nach manchen Fights gefühlt hatten, als fehle ihnen der halbe Kopf, und ich war der Meinung, dass das dazugehörte, wenn ich meine Mission erfüllen wollte. So viel Schmerz musste sein.

      Inzwischen gingen die Verhandlungen für meinen Titelkampf in die heiße Phase. Jimmy beschloss, mich in Las Vegas kämpfen zu lassen, um mich an die Umgebung zu gewöhnen, in der ich dann später im Jahr meinen Titel holen sollte. Wir kamen bei Jimmys Freund Dr. Bruce Handelman unter. Ich trainierte in Johnny Toccos Boxstudio, einer heruntergekommenen Boxhalle ohne Komfort. Es gab nicht einmal eine Klimaanlage. Tocco war ein respekteinflößender Typ und einst mit Sonny Liston befreundet. An den Wänden hingen Bilder von Johnny und den ganzen Größen der alten Zeit.

      Vor dem Sparring packte es mich einmal im Umkleideraum. Ich sagte Kevin, dass es mir in Vegas nicht gefalle und dass ich nach Hause wolle. Wegen des Kampfes machte ich mir richtig Sorgen. Ich brauchte diesen Sieg über Ratliff, um mich für den Kampf gegen Trevor Berbick zu qualifizieren.

      Kevin ging hinaus und teilte es Steve Lott mit. Steve hatte den WWCT-Gedanken: „Was würde Cus tun?“ Er kam zu mir in den Umkleideraum und versuchte mühselig, Zuversicht zu verbreiten. „Du bist der Star der Show. Du wirst diesen Kerl in zwei Runden niederschlagen. Du wirst einen fantastischen Kampf hinlegen. Wenn es dir hier nicht gefällt, brauchen wir nie wieder hierherzukommen. Was meinst du?“

      Steve bewältigte Situationen immer auf die charmante Art. Natürlich wäre ich nirgendwo hingegangen. Manchmal musste ich einfach Dampf ablassen. Und was Cus getan hätte, wusste er nicht. Cus hätte mich angeschaut: „Was? Vor diesem Typen hast du Angst? Der ist doch ein fauler Sack. Den erledige ich für dich.“

      Also trat ich am 6. September gegen Alfonzo Ratliff, einen ehemaligen Weltmeister im Cruisergewicht, in den Ring. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er eine Stufe über Ribalta stand, aber er war sicher kein fauler Sack, sondern ein taffer Gegner. Die Buchmacher in Vegas waren offenbar anderer Meinung. Sie nahmen zum Ausgang keine Wetten an, sondern nur dazu, ob der Kampf länger oder kürzer als fünf Runden dauern würde. Bevor ich auf der Bildfläche erschienen war, hatte es solche Wetten nicht gegeben, ich erschloss ihnen quasi Neuland. Als der Gong ertönte, tänzelte Ratliff gleich davon. Dagegen war Mich Green ein Spaziergänger gewesen. Es war so übel, dass sogar die HBO-Typen Witze rissen. „Ich frage mich, ob er in der zweiten Runde sein 10- oder sein 12-Gang-Rad benutzt“, höhnte Larry Merchant.

      In der nächsten Runde versuchte er ernsthaft zu kämpfen, aber das währte nicht lange. Ich schickte ihn mit einem linken Haken zu Boden, und als er wieder aufstand, nietete ich ihn mit mehreren Schlägen wieder um.

      „Sein Fahrrad hat einen Platten“, witzelte Merchant. Als Jimmy nach dem Kampf in den Ring kam, kommentierte er Ratliffs Herumgerenne. „Ich habe seinen Zug gespürt“, sagte ich.

      Bald war es offiziell, am 22. November 1986 sollte ich Trevor Berbick seinen Titel streitig machen. Bis zu dem Kampf waren es noch über zwei Monate. Jimmy und Cayton beschlossen, mich in den Talkshows herumzureichen, um für den Kampf zu werben und meine Karriere zu fördern. Als Erstes war ich zu Gast in David Brenners Nightlife. David war ein großartiger Kerl, der mich mit größtmöglichem Respekt behandelte. Er prophezeite netterweise, dass ich der nächste Weltmeister im Schwergewicht würde. Aber mehr bedeutete mir, dass sein anderer Gast, der große ehemalige Champion Jake LaMotta, dieselbe Vorhersage traf.

      „Ohne jeden Zweifel der nächste Weltmeister im Schwergewicht“, sagte Jake, als er eintrat und mich umarmte. „Und wenn er das nicht schafft, verabreiche ich ihm Prügel. Wenn du nicht nachlässt, Kumpel, wirst du so gut wie Joe Louis, wie Marciano oder sogar besser.“

      Mir ging das Herz auf.

      Dann stellte Brenner eine Frage, die Jake sehr weitsichtig beantwortete.

      „Nehmen wir an, Mike wird Weltmeister. Welche Ratschläge geben Sie ihm dann?“

      „Der beste Ratschlag, den ich ihm geben kann, lautet: Halt dich selbst auf Trab und tu so, als seist du für ein paar Jahre im Knast“, sagte Jake. „Halt dich von dem ganzen Müll da draußen fern. Da draußen ist viel Müll.“

      „Was meinst du mit Müll?“, fragte ich.

      „Leider ziehen Typen wie du und ich den Müll an“, sagte er.

      Ich wurde in die Joan Rivers Show eingeladen. Von ihr und ihrem Mann Edgar war ich begeistert. Die beiden gaben mir ein richtig gutes Gefühl. Ich spürte, dass ihre Ausstrahlung echt war. Das war einer der besten Momente in meinem Leben. Während unseres Interviews fragte mich Joan, ob es da jemanden in meinem Leben gebe wie Adrian im Film Rocky.

      „Keine Freundin“, sagte ich.

      „Wenn Sie ins Training gehen, ist’s mit Sex dann vorbei?“, fragte sie.

      „Nein.“

      „Schau an, mein Mann redet sich nämlich immer damit heraus, dass er im Training sei“, witzelte sie.

      In der Dick Cavett Show führte mir Dick ein wenig Aikido vor. Er bat mich, ihn an den Handgelenken festzuhalten.

      „Der 87-jährige Begründer des Aikido kann sich aus dem Griff des weltstärksten Manns befreien“, sagte er, machte eine kurze Bewegung und entwand sich meinem Griff.

      „Aber

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