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Da war nichts zu machen. Talbot ging nach Birmingham und damit hatte es sich.

      Sam ging an einem Kiosk vorbei, der die ganze Nacht offen hatte, und kaufte sämtliche Zeitungen — die Times, die Post, den Mirror und die Daily News — und ging dann rüber zum House of Nothingness, in den geharkten weißen Sand im Innenhof, wo man die Stühle auf die Tische zu stellen begann, während er über das Grauen las.

      Die vier Kinder waren aus Ella Demands Sonntagsschule gekommen; das Thema der Stunde: »Liebe, die vergibt«. Sie waren in den Keller gegangen, um in ihre Chorgewänder zu schlüpfen, und saßen in weißem Satin auf dem Sofa, als es geschah.

      Unvorstellbar — Kinder in ihren Chorgewändern in Fetzen gesprengt! Für Talbot Jenkins war es umso schrecklicher, als er praktisch in einem Chorgewand aufgewachsen war in Harlem, wo seine Eltern eine Kirche leiteten. Sein Vater war der Geistliche, seine Mutter stand dem Chor vor. Selbst jetzt noch legte Talbot hin und wieder seine Satinsachen an, um zu Ostern oder Weihnachten in der Messe zu singen.

      Stunden, nachdem er mit Sam gesprochen hatte, hob Talbot Jenkins seinen Koffer auf eine hölzerne Barrikade vor der Baptistenkirche in der Vierzehnten Straße und starrte dann die zerschmetterten, bombengeschwärzten Reste der Buntglasfenster an. Er kochte vor Zorn. Er kniff die Augen zusammen, bis sie so gut wie geschlossen waren, und dachte an die Graffiti, die Gangs aus der Lower East Side neben ihren Namen an die Wände sprühten: »DTK« für »Down to Kill« — bereit zu töten. Genau das würde Talbot unten in Birmingham sein: DTK Leben für Leben, Dynamit für Dynamit.

      Talbot ging hinein und fuhr dort mit den Fingern die gezackten Buntglasscherben in einem der Fensterrahmen entlang. Er kniete nieder, ohne die Finger von den Zacken zu nehmen, und sprach ein Gebet. Das Zittern, der Kummer, der Zorn vermengten sich mit dem Blut an seinen Händen, als er die Scherben umschloss.

      In der Tasche hatte er einen Zettel mit einem Namen darauf: Ethrom Slage, Chef einer Ortsgruppe des Klans in der Nähe von Birmingham. Slage hatte damals, 1961, an dem Tag, als man auf einem Trailways-Bahnhof in Birmingham Talbots Bus mit Freedom Riders überfiel, ein Bleirohr geschwungen. Slage hatte Talbots angehender Karriere als Footballprofi mit einem brutalen Schlag aufs Knie ein Ende bereitet.

      Talbot hatte Slages Namen von den Typen aus dem Justizministerium, die Kennedy im Frühjahr des Vorjahrs geschickt hatte, um die Demonstrationen zu verfolgen. Sie hatten sich lange geweigert, ihm Auskunft über die Identität des Mannes auf dem Foto zu geben, das Talbot ihnen zeigte, aber er war so hartnäckig, dass schließlich einer von ihnen Slages Namen auf den Zettel schrieb, der sich jetzt in Talbots Tasche befand.

      Talbot hatte eine Sammlung von Fotos von Slage, wie er auf Demos über Leute herfiel. Slage schwang sein Bleirohr quer durch den Süden, obwohl Kennedys Justizministerium ihm mit einer Klage gedroht hatte, sodass er es ’63 nicht mehr ganz so offensichtlich trieb wie ’61. Talbots Ansicht nach hatte Slage umgesattelt und sich von Bleirohren auf Dynamitstangen verlegt. Aber damit war jetzt Schluss. Talbot war DTK.

      Talbot besorgte sich eine Pistole, deren Herkunft nicht zu verfolgen war, und einen Wagen von jemandem, der nicht das Geringste mit den Bürgerrechtsgruppen der Stadt zu tun hatte. Falls man ihn erwischte, so wollte er nicht, dass jemand aus der Bewegung Probleme bekam.

      Talbot brach auf einer Baustelle ein, wo er das Schloss wegschoss und einen Karton Dynamit mit einigen Sprengkapseln stahl. Er wusste, was er tat; er hatte mit seinem Onkel in der Bronx Abrissgebäude gesprengt. In dem Koffer, den er aus New York mitnahm, befanden sich Drahtrollen und ein batteriebetriebener Detonator.

      Am späten Vormittag desselben Tages fuhr er an Ethrom Slages Farm einige Meilen außerhalb von Birmingham vorbei. Er hatte sich einen Wagen besorgt, der alt genug war, um damit eine Panne vortäuschen zu können, und hatte ein Zündkabel abgezogen, sodass er auf nur fünf Zylindern dahinhustete. Etwa hundert Meter weiter blieb er stehen, öffnete die Haube und prägte sich, während er vor sich hinbastelte, den Grundriss des Anwesens ein.

      Er hatte eine unansehnliche Ansammlung halb verfallener Gebäude vor sich, darunter das Farmhaus der Slages, das an einer Ecke aufgebockt war; der Garten war ein Chaos: Automotoren auf Schlackensteinblöcken, eine Reihe von Eiskisten, die von Zielübungen mit Einschusslöchern übersät waren, ein Zinkzuber mit einer kurbelgetriebenen Wäschemangel mit narbigen gelben Rollen, stapelweise Radkappen, abgefahrene Treckerreifen und mehrere Generationen klappriger Sämaschinen, Eggen, ein Pflug. Hier und da in dem Durcheinander sah er kleine Kuhlen in der Erde, in denen sich wohl der Hahn bei heißem Wetter verkroch.

      Gleich neben dem Haus steckten ein paar gefleckte graue Perlhühner hoffnungsvoll die Köpfe durch einen rostigen Gartenzaun, der nach hinten hinaus aus nebeneinander genagelten beschichteten Küchentischplatten bestand. Am Außenabort lehnten, wie Talbot später sah, bündelweise veraltete Flugblätter voller Hassparolen, die mit einer Plane abgedeckt waren.

      Links vom Haus, eine Böschung hinab, stand eine Scheune, deren Dachbleche teilweise vom Wind aufgebogen oder gleich ganz fortgeweht waren. An der Tür unter dem Heuschober waren einige rosige, frisch gesalzene Waschbärenfelle zum Trocknen gespannt.

      Auf den Teil des Gartens gleich hinter der Scheune hatte Talbot keinen Einblick, aber daran anschließend sah er einen Bach, an dessen gegenüberliegendem Ufer sich ein dichter Wald einige Hundert Meter weit einen steilen Hügel hochzog. Talbot schüttelte mehrmals ganz langsam den Kopf und presste die Zähne so fest aufeinander, dass ihm der Kiefer wehtat. Irgendwas stimmte da nicht. Er hatte eine Festung erwartet, nicht den Hof eines Losers. Die ungepflegten Gebäude mit ihren zerkratzten, von Beutelratten angenagten Türen konnten unmöglich das Zuhause eines Mannes sein, der so viel organisierten Schaden angerichtet hatte. Vielleicht war es nur eine Fassade, nicht das Zuhause von Slage, sondern nur Tarnung, vielleicht befand sich ein Bunker unter all dem vor sich hinfaulenden Kram. Talbot war sich sicher, dass es der richtige Hof war. Auf dem Briefkasten stand »Slage«, und er hatte alles dreifach geprüft.

      Das Einzige, was womöglich auf eine Ortsgruppe des Klans hätte hinweisen können, war eine Funkantenne auf dem Dach, mit der Slage, wie Talbot zu Recht vermutete, den Sprechfunk der örtlichen Polizei abhörte. Wie Talbot sah, führte die Zufahrt hinter das Haus, und als er ans andere Ende seines Wagens ging, erspähte er eine neue Garage aus Schlackensteinblöcken mit einem Metalldach, das noch glänzte, weil es noch nicht gestrichen war.

      Das Grollen eines kräftigen schwarzen Hundes mit einem zottigen braunen Bart um das Maul lenkte seine Aufmerksamkeit weg von dem Dach. Er sah nach einer Hälfte Dobermann und einer Hälfte Bluthund aus und lief, so weit seine Kette reichen wollte, im Hof hin und her, sodass die vordere Veranda und die Fenster bewacht waren. Sein Auslauf war ausgetreten wie ein Bachbett, und sein Knurren schien dummerweise gegen Talbot gerichtet zu sein. Genau gesagt stemmte er sich in seine Kette, und Talbot erwartete schon, Slage aus dem Haus stürzen zu sehen, um ihn zur Rede zu stellen. Talbot rief sich ins Gedächtnis, wo genau in seinem Ranzen er die Pistole verstaut hatte, nur für den Fall, dass er sich mit Slage im Vorgarten schießen musste.

      Talbot hätte sich fast übergeben, als die Tür dann tatsächlich aufging! Ein vielleicht zehnjähriger Junge kam aus dem Haus und ging auf den Briefkasten zu. Er spähte zu Talbot herüber, während er die Post herausnahm. Sein Haar hatte die Farbe von unreifem Mais, und er trug es kurz bis auf zwei Locken, die er rechts und links in die Stirn gekämmt trug. Er war barfuß, und die Jeans waren um die Knie schartig abgeschnitten und ausgefranst. Er nahm die Post und ging zurück zum Haus, vorbei an dem hin- und herlaufenden Hund.

      Talbot trottete davon, als wollte er Ersatzteile oder Hilfe holen. Als er außer Sichtweite war, bog er nach links ab und schlug einen Bogen durch den dichten Waldrand hinauf auf den Hügel hinter dem Hof. Von dort aus konnte er alles sehen. Dort, wo er zuvor keinen Einblick gehabt hatte, also zwischen der Rückseite der Scheune und dem Bach, erspähte er einen Schweinekoben und eine kleine Weide für Slages Kühe. Er machte sich eine Skizze davon.

      So würde es gehen! Slage fütterte wahrscheinlich jeden Morgen die Schweine und ließ die Kühe hinaus auf die Weide, bevor er zur Arbeit ging. Er musste einfach irgendwo arbeiten — kein Mensch konnte von einem so jämmerlichen Hof existieren.

      Auf

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