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Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition). Ed Sanders
Читать онлайн.Название Tales of Beatnik Glory, Band I-IV (Deutsche Edition)
Год выпуска 0
isbn 9783862870998
Автор произведения Ed Sanders
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Sie saßen am Rand des Steingartens, als er sie fragte, ob sie nicht eine Dinnerparty arrangieren könnte, und zwar für ihn, seinen Vetter (ein Verlagsvertreter, der sich wegen einer Besprechung zur konjunkturellen Wirtschaftsentwicklung gerade in New York aufhielt) und einen Bankier, den er vor Kurzem in der Cedar Bar kennengelernt hatte. Und sie selbst war zu dem geplanten Festessen natürlich auch eingeladen. Louise war einigermaßen von den Socken, denn seit Wochen hatte sie von nichts anderem mehr erzählt als von den fieberhaften Vorbereitungen für die Eröffnung ihrer Galerie. »Wann soll das Essen denn sein?« fragte sie.
»Nächsten Dienstag«, antwortete er. Die Vernissage sollte Mittwoch sein.
»Sag mal, du hast sie wohl nicht alle! Du weißt doch ganz genau, dass ich alle Hände voll zu tun habe!«
»Jaja, weiß ich ja, weiß ich. Es ist nur ... du kochst eben so gut ... und ich wollte doch den Kerl von der Bank dazu bringen, dass er ein paar Bilder kauft ...«
Nach einem mächtigen Endspurt in der Nacht zuvor brach nun endlich der Tag der Eröffnung für die Mindscape-Ausstellung an. Die Galerie war gründlich auf die Invasion einer drängelnden, extrem zigarettensüchtigen, schrill kreischenden Meute von Kunstliebhabern vorbereitet. Die Mindscapes hingen unter sorgfältig ausgetüftelter Scheinwerferbeleuchtung und machten wirklich einen faszinierenden Eindruck. Louise war glücklich. Alle fünf Minuten klingelte das Telefon und Leute erkundigten sich, wann es denn nun endlich losging, und wie man am besten zur Galerie hinkam und so weiter und so weiter. Mittags hängte sie ein großes Tuch vor die gesamte Front der Galerie, um die Bilder zu verstecken, bis die Party losging.
Es war drei Uhr nachmittags, als Louise zur Houston Street hinunterging, um noch ein paar Kisten Wein und Eisblöcke für die Duschkabinen-Kühlanlage zu besorgen. Barton MacIntyre hatte sich bereit erklärt, in der Zwischenzeit in der Galerie zu bleiben und auf das Telefon aufzupassen oder eventuelle Lieferungen anzunehmen, während Louise unterwegs war.
Plötzlich pochte es an der Eingangstür.
»Hallo —, mein Name ist Victor Richardson. Ich komme von der Creever Gallery. Sagen Sie ... ist Miss Adams zu Hause?«
Barton war wie vor den Kopf geschlagen. Victor Richardson, der Macker aus Dollarland? Victor Richardson ... der Millionär?! »Louise ist ... äh ... Louise ist leider nicht da. Sie ist vor ein paar Stunden weggegangen.« Barton hütete sich, den Sammler mit hinter das große Leinentuch vor der Scheibe zu nehmen, sondern speiste ihn draußen vor der Tür ab, von wo die Bilder nicht zu sehen waren.
»Das ist Louises erste Ausstellung, wissen Sie — also ihre erste Gemälde-Ausstellung wenigstens. Sie sollten erst mal ihre Steingutvasen sehen! Junge, Junge, das Mädel kann mit Ton umgehen, wenn sie wissen was ich meine ...«, dabei lächelte er dem Sammler ins Gesicht.
»Die Show wird sich wohl eine Weile verzögern. Die Bilder hängen noch gar nicht richtig, und möglicherweise wird sie gar nicht fertig bis zu dem Zeitpunkt, der auf ihrer Einladung stand.« Barton lächelte immer noch.
»Hören Sie«, rascher Blick auf die Uhr, »es dauert sowieso noch mindestens drei bis vier Stunden, bevor hier alles soweit ist — warum kommen Sie nicht auf einen Sprung mit rüber zu Stanley’s? Wir trinken ein Bier, und vielleicht haben Sie Lust, auch mal bei mir vorbeizuschauen. Wo Sie doch nun schon den ganzen Weg gemacht haben. Ich habe nämlich selber monatelang an einer Serie gearbeitet. Vielleicht gucken Sie sich die mal an, ich würde gern Ihre Meinung dazu hören. Ehrlich gesagt, das Projekt hat mich ganz schön geschafft, aber jetzt fühle ich mich einfach großartig. Sie werden schon sehen, was ich meine. Wenn ich nur ...«
Barton hörte noch, wie das Telefon klingelte, als er die Eingangstür zur Galerie abschloss. Die beiden Männer schlenderten die Straße hinunter, einem Bier und vielleicht — bitte, oh Gott, bitte, betete Barton — einem Geschäft entgegen.
GEIEREI-MATZENBREI
I
Kurz nach Tagesanbruch sammelten sie alle Eisstiele ein, die sie in den drahtgeflochtenen Abfallkörben um den Brunnen herum auftreiben konnten. Sie brachten einen klebrigen, schwärzlichen Haufen von mehreren Hundert zusammen und reihten sie in einer sauberen, geraden Linie aneinander. Dann öffnete Avram Maniac (wie er von seinen Freunden genannt wurde) eine Riesenflasche Buchbinderleim und tupfte auf jeden Eisstiel einen weißen Fleck. Dabei tanzte er ausgelassen von einem Fuß auf den anderen und blies Imitationen von Trompetenriffs durch seine zusammengepressten Lippen. Maniac war ein Genie im Lippenblasen, aber ein paar Stunden davon hintereinander machte aus seinen Zuhörern die reinsten Nervenbündel, und das galt ganz besonders für seine Mitbewohner in der sommerlich heißen Mietshauswohnung, wenn sie mal wieder vier Tage am Stück nichts zu essen gehabt hatten außer Buchweizenpfannkuchen, beim Fleischer geklaute Kalbsaugen und von der Straße aufgesammeltes Taubenfutter. Aber jetzt waren sie im Freien, es war ein wunderschöner Sommermorgen, und keiner kam auf die Idee, ihn anzufauchen: »Halt die Schnauze, Maniac, Baby!«, jedenfalls im Moment noch nicht.
In der traubensaftbespritzten Dämmerung errichteten sie auf einem Fundament aus Stein einen großen rechteckigen Stielturm und bezogen dabei geschickt den oberen Rand des runden Brunnens / Planschbeckens im Zentrum des Washington Square Park mit ein. Ein Kunstwerk ersten Ranges, bestätigten sie sich gegenseitig. Das Datum: 1. Juli 1959.
Es waren drei, die mit dieser stilistischen Arbeit zugange waren: John Barrett, Avram Maniac und Newt. Maniac, muss man wissen, erwartete jeden Moment heulende Polizeisirenen, denn nur ein paar Stunden vorher hatte er sich heimlich aus dem »I-Am-Jesus«-Trakt des Bellevue Hospitals geschlichen. Er hatte sogar noch den Krankenhaus-Schlafanzug an, und auf dem Rücken stand in fetten Druckbuchstaben: Eigentum des BellevueHospitals. Aber das Ding war pures Gold wert. Wochenend-Beatniks aus Queens zahlten nicht schlecht für echte Freak-Klamotten.
In der vergangenen Nacht hatte Avram seinen kastanienbraunen Bellevue-Bademantel für siebenundzwanzig kleine weiße Methedrin-Pillen an Mary Meth verdealt; kein Wunder also, dass er mittlerweile völlig überdreht und immer noch hellwach war. Um so besser, dachte er bei sich und sorgte dafür, dass der Klappsen-Pyjama wenigstens standesgemäß dreckig und durchgeschwitzt wurde. Während der Konstruktion der Eisstielskulptur bekleckerte er sich von oben bis unten mit Leim und pfiff dabei grell vor sich hin. Er träumte davon, dass jetzt da draußen irgendwer war, der grade in diesem Moment seine Sandalen schnürte und schon bald in eine U-Bahn Richtung Village steigen würde — ohne einen blassen Schimmer, dass er oder sie noch am selben Tag die Ehre haben würde, zehn Dollar für Maniacs Irrenhaus-Garderobe hinzublättern.
Der Klebstoff flog ihm bis ins Haar. Normalerweise war es kraus, durcheinander und so grässlich verfilzt, dass man glaubte, ganz viele kleine Kokons hätten sich darin eingenistet und würden hier auf irgendeinen fernen Frühling warten. Aber im Moment sah es aus wie ein plattgedrücktes Opossum auf dem Highway: eine schrecklich zermatschte Erhebung aus haarknochigem Dreck.
Der Junge namens Newt war ein zwanzigjähriger Tänzer, der vor zwei Jahren mit der Bronx High-School of Science fertig geworden war. Dieses fickrige Musterexemplar an Unentschlossenheit konnte einfach nie länger als zwei Minuten mit jemand reden, ohne damit herauszuplatzen, dass die Wissenschaft ihn als Genie eingestuft hatte. Er war ziemlich mickrig, nicht größer als ein Meter achtundsechzig, und extrem hager — sein Brustkasten hätte ein prima Rhythmusinstrument in einer Jug-Band abgegeben. Übrigens passierte das genau ein paar Jahre später, als er in San Francisco von einer Rockband Kali geopfert wurde; die Mitglieder waren Anhänger der Schwarzen Göttin.
»Ich bin eine Sonnenblume, von glänzenden Karrieren umrahmt«, rief er immer, wenn er voller Elan von einer Schrulle in die nächste sprang — erst Zeichnen, dann Dichten, Komponieren, Weben, Singen, Tischlern und endlich, der einzig wahre Hit des Jahres ’59: Tanzen. Und Newt tanzte rund um die Uhr, wobei er sich auf wilde, touristenwirksame schlangenartige Verrenkungen auf seiner »Bühne«, also dem Vorplatz vom Washington-Square-Brunnen spezialisierte.