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id="ulink_1eb43fe0-f614-531e-9a83-eb83bfdb504f">Ramon Chao, Ein Zug aus Eis und Feuer, 19942

      Jahrtausendelang lebten die Menschen ohne Zeit oder zumindest ohne ein genaueres Zeitgefühl. Ja, es gab schon immer enorm unterschiedliche Zeitgefühle. Wer auf jemanden oder auf ein Ereignis wartet, vermeint, die Zeit bliebe stehen und die Sekunden würden tropfen. Wer ein freudiges Ereignis erlebt, für den vergeht die Zeit »wie im Fluge«. Eine exakte Zeit – ein spezifisches Zeitmaß – lässt sich aus eigener Geisteskraft oder eigenem Empfinden kaum definieren. Studien zeigen: Menschen können die Aufgabe, ohne Uhr nach exakt einer Stunde einen Knopf zu drücken, nicht erfüllen. Ein jeder und eine jede wählt dabei – mit enormen Abweichungen – einen anderen Zeitpunkt.

      Es waren staatsähnliche Strukturen, der Handel, Transport und Verkehr und nicht zuletzt Kriege, die ein möglichst genaues Zeitmaß und eine höchstmögliche Geschwindigkeit diktierten. Die Übermittlung eines wichtigen Ereignisses konnte kriegsentscheidend sein. Deswegen war die Geschwindigkeit von Boten – und die gesicherte Übertragung – von strategischer Wichtigkeit. Im Jahr 490 vor Christus galt es den Sieg Athens über die Perser in der Schlacht von Marathon im knapp 40 Kilometer entfernten Athen zu vermelden. Ein Bote soll die Strecke ohne anzuhalten in voller Kampfausrüstung zurückgelegt und in Athen den Sieg verkündet haben, um dann tot zusammenzubrechen. Es dürfte sich um eine Legende handeln. Gesichert ist die Erkenntnis, dass es im antiken Griechenland ein System laufender Boten gab, die in einem relativ festen Zeitmaß Nachrichten überbrachten. Die 240 Kilometer weite Entfernung Athen–Sparta soll ein solcher Hemerodromos in einem Tag zurückgelegt haben.

      Die übliche Tagesleistung dieser Taxi’schen Posten lag im Inland bei 120 Kilometern. Auf europäischer Ebene musste das Habsburger Reich in ein Zeitmaß gebracht werden. Dabei wurde die Leistung bewusst niedriger angesetzt, um ein realistisches Maß als Dauerzustand aufrechterhalten zu können und damit ein festes Zeitmaß zu erreichen. In einem 1505 geschlossenen Vertrag zwischen Philipp und Franz von Taxis wurden die folgenden Zeitmaße vereinbart: Brüssel–Paris 44 Stunden im Sommer und 54 Stunden im Winter; Brüssel–Innsbruck fünfeinhalb Tage bzw. sechseinhalb Tage; Brüssel–Granada 15 beziehungsweise 18 Tage.

      Ein gutes halbes Jahrhundert lang waren Taschenuhren ein Luxusgut der Reichen. Der Durchschnittspreis lag so hoch, dass die ständig ablesbare Zeit das Privileg von Adel, Meistern, Fabrikherren und Händlern blieb. Ende des 18. Jahrhunderts wurde aus Luxus Mode und mit der Mode in zunehmender Weise ein Massenprodukt:

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