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mit ihr erinnern. Sie waren gerade einmal zwei Stunden in Bergmoosbach, da stand sie schon vor der Tür und führte sich auf, als sei ihr lieber Sebastian, wie sie ihn ständig nannte, von einem anderen Planeten zurückgekehrt. Dass du vor ewigen Zeiten mal mit Papa zusammen warst, bedeutet nicht, dass du ihn nun ständig bekletten kannst, dachte Emilia.

      »Was willst du mir sagen, Schatz?«, fragte Sebastian und sah seine Tochter an, die wie immer in ihrer geliebten Jeans und dem T-Shirt ihres Fußballvereins unterwegs war.

      »Wir haben etwas mitgebracht.«

      »Du sprichst von der Überraschung?«

      »Ja, allerdings, komm mit, ich möchte sie dir zeigen.«

      »Darf ich auch mitkommen?«, fragte Miriam mit unschuldigem Augenaufschlag.

      »Wie gesagt, ich möchte mit meinem Vater allein sein«, wiederholte Emilia und ließ Miriam ihre Abneigung spüren.

      »Nun, dann möchte ich diese traute Zweisamkeit nicht stören. Auf bald.«

      »Denke bitte darüber nach, worüber wir gerade gesprochen haben, Miria­m«, bat Sebastian sie. Der ein­zige Grund, warum er sich überhaupt die Zeit genommen hatte, mit ihr Kaffee­ zu trinken, war der, dass er ihr klar machen wollte, dass es ihr nicht zustand, über Annas Arbeit zu urteilen.

      »Ich denke über alles nach, was du gesagt hast«, versicherte sie ihm. Insbesondere darüber, wie ich deinen Blick von der braven kleinen Anna wieder loseise. Ich will dich, und ich bekomme dich, das ist der Plan, dachte sie, während sie Sebastian und Emilia noch einmal freundlich zunickte. Gleich morgen wollte sie Sabine im Krankenhaus besuchen und vielleicht, wenn sie ein bisschen Glück hatte, würde sie etwas ausplaudern, was sie gegen Anna verwenden konnte.

      »Was ist denn nun die Überraschung?«, wandte sich Sebastian seiner Tochter wieder zu.

      »Versprich mir zuerst, dass du nicht sauer bist, auch nicht mit Opa. Wir haben auch schon alles mit Traudel besprochen.«

      »Was habt ihr mit ihr besprochen?«

      »Bitte, sag, dass du nicht sauer sein wirst.«

      »Offensichtlich seid ihr drei euch doch bereits einig, über was auch immer, und so wie du strahlst, scheint es dich glücklich zu machen. Ich verspreche, nicht sauer zu sein«, sagte Sebastian und streichelte Emilia liebevoll über ihr Haar.

      »Opa, wir kommen!«, rief sie und nahm Sebastian an die Hand.

      Benedikt und Traudel hockten mit dem Rücken zu Sebastian in der Diele und schienen etwas zu betrachten, das vor ihnen auf dem Boden lag.

      »Papa, darf ich dir Nolan vorstellen«, sagte Emilia, als Benedikt sich erhob und Traudel die Hand reichte, um ihr aufzuhelfen.

      »Nolan«, wiederholte Sebastian.

      »Ja, Nolan, das heißt der kleine Kämpfer«, erklärte Emilia ihm, und ihre Augen weiteten sich vor Freude, als sie auf den Welpen schaute, der in einem Weidenkorb saß und sie mit seinen schwarzen Knopfaugen ansah. »Seine Mutter gehört zu den Berner Sennenhunden und sein Vater ist ein weißer Schäferhund.«

      »Der Kleine ist zu süß«, schwärmte Traudel und spielte mit dem Bernsteinanhänger ihrer Halskette, die sie zu ihrem goldfarbenen Ausgehdirndl trug.

      »Ich finde ihn auch putzig«, sagte Benedikt und sah seinen Sohn abwartend an.

      »Das ist also Nolan«, murmelte Sebastian und betrachtete das Hundebaby.

      Nolan hatte geschecktes Fell, der Rücken war schwarz, der Bauch schwarz mit weiß, die kräftigen Beinchen mit den dicken Pfoten grau und das runde Köpfchen dunkelbraun. Das Gesicht wiederrum war hell, nur um die Augen herum ein bisschen dunkler, so als trüge der kleine kluge Kämpfer eine Brille.

      »Du musst ihn mal halten«, erklärte Emilia, hob den Welpen hoch und legte ihn Sebastian in die Arme.

      »Hattest du nicht immer gesagt, dass in einen Arzthaushalt keine Haustiere gehören?« Sebastian hatte nicht vergessen, wie sein Vater sich immer dagegen gewehrt hatte, wenn er den Wunsch geäußert hatte, ein Tier haben zu wollen.

      »Ich weiß, aber inzwischen sehe ich das nicht mehr so streng, und Emilia hat sich doch so sehr einen Hund gewünscht«, antwortete Benedikt und betrachtete seine Enkelin mit einem liebevollen Blick.

      »Wir sorgen gemeinsam für Nolan, ich meine, wir, du musst dich um nichts kümmern, was ihn betrifft«, versicherte ihm Traudel.

      »Seid ihr deshalb zum Kuglerhof gefahren oder hat sich das mit Nolan so ergeben?«

      »Nun, wir wollten schon dort einkaufen, aber ich wusste, dass sie noch einen Welpen übrig hatten. Er war der schwächste in diesem Wurf, und sie mussten ihn mit der Flasche aufziehen, weil seine Geschwister ihn ständig von der Mutter wegdrängten«, erzählte Benedikt.

      »Stell dir vor, Papa, sie haben ihm in diesem Gerangel das rechte Vorderpfötchen gebrochen, es ist zwar inzwischen geheilt, aber er wird vermutlich sein Leben lang ein bisschen hinken.«

      »Wuff«, machte Nolan und schmiegte sein Köpfchen an Sebastians Brust.

      »Willkommen bei den Seefelds, Nolan«, sagte Sebastian und kraulte den Kopf des Welpen.

      »Papa, du bist der beste!«, jubelte Emilia, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihren Vater auf beide Wangen.

      Traudel und Benedikt tauschten einen zufriedenen Blick. Ihr geheimes Unternehmen hatte einen guten Abschluss gefunden.

      »Ich habe heute Nacht übrigens auch für Familienzuwachs gesorgt«, sagte Sebastian, während er den Welpen streichelte, den auch er bereits in sein Herz geschlossen hatte.

      »Papa, du wirst dich doch nicht mit dieser Miriam eingelassen haben.« Emilia sah ihren Vater entrüstet an.

      »Nein, Spatz, keine Sorge. Wir wäre es, wenn wir Nolan unseren Garten zeigen? Ihr erzählt mir von eurer stürmischen Nacht, und ich erzähle euch von den Ereignissen in Bergmoosbach.«

      »Eine gute Idee, Papa«, sagte Emilia und hakte sich bei ihrem Vater unter.

      »Hoffentlich bleibt er standhaft und lässt sich von Miriam nicht wieder einfangen«, raunte Traudel Benedikt zu.

      »Der Junge hat viel durchgemacht, eine oberflächliche Frau wie Miriam hat ihm nichts zu bieten.«

      »Du hast die Nacht mit der Hebamme verbracht?«, hörten sie Emilia sagen, die mit Sebastian schon voraus gegangen war.

      »Anna«, flüsterte Traudel und ein Lächeln flog über ihr Gesicht.

      »Das wollen wir jetzt aber genau wissen«, sagte Benedikt, und sie beeilten sich, Vater und Tochter zu folgen.

      *

      »Anna Bergmann«, meldete sich Anna, als am Sonntagvormittag ihr Telefon klingelte. Sie saß in der Küche und ordnete die Belege für die Buchhaltung. Die Handynummer, die auf dem Display aufleuchtete, kannte sie nicht.

      »Sebastian Seefeld, ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt.«

      »Nein, das hast du nicht.«

      »Was hältst du davon, wenn wir heute Nachmittag unser Patenkind und seine Mama im Krankenhaus besuchen?«

      »Das würde ich sehr gern tun. Wann wollen wir uns treffen?«

      »Wenn es dir recht ist, hole ich dich um zwei Uhr ab.«

      »Ja, das ist mir recht.«

      »Nolan, nein!«, hörte sie ihn plötzlich rufen.

      »Wer ist Nolan?«, fragte sie verwundert.

      »Unser Hund.«

      »Gestern hattet ihr noch keinen Hund.«

      »Jetzt schon, und es hieß, dass ich mich auf keinen Fall um ihn kümmern muss. Aber Emilia schläft noch, Traudel kocht, mein Vater trifft sich mit seinen Freunden zum Sonntagsstammtisch, und der einzige, der Zeit hat, mit unserem

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