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wiederhaben wollt, an wen sollen sich dann die vielen Tausende von Feinden wenden, die durch Euch zu Tode gekommen sind, um ihr Leben wiederzuerlangen?«

      Da neigte sich der Herzog und verschwand.

      Seit jener Zeit entfaltet er dauernd geistige Wirksamkeit. So oft ein neues Herrscherhaus begründet wird, wird seine heilige Gestalt sichtbar. Darum hat man Tempel und Opfer für ihn eingerichtet und ihn in die Zahl der Reichsgötter aufgenommen. Er erhält ebenso wie Konfuzius die großen Opfer von Ochsen, Schafen und Schweinen. Sein Rang ward von Jahrhundert zu Jahrhundert höher. Erst ward er als Fürst Guan verehrt, später als König Guan, dann als großer Gott, der die Teufel besiegt; das letzte Herrscherhaus hat ihn endlich als großen göttlichen Helfer des Himmels verehrt. Er wird auch der Kriegsheilige genannt und ist ein starker Retter in aller Not, wenn die Menschen von Teufeln und Füchsen geplagt werden. Er wird häufig zusammen mit Konfuzius, dem Meister des Friedens, als Meister des Kriegs verehrt.

      Der Offenbarungen seiner geistigen Kräfte sind unzählige. Es mag ein Beispiel für viele andere hier folgen.

      In Ju Dschou lebte ein Mann, der war ein Trunkenbold und Spieler und schlug und schimpfte fortwährend seine Mutter. Er hatte ein kleines Söhnchen, das war eben ein Jahr alt. Die Großmutter trug es auf dem Arm spazieren. Da plötzlich machte es eine ungeschickte Bewegung und fiel zur Erde. Infolge des erlittenen Schreckens ward es krank. Die Alte fürchtete den Zorn ihres Sohnes und lief von zu Hause weg.

      Als dieser nach Hause kam und die Krankheit seines Kindes sah, fragte er sein Weib, wie es gekommen. Darauf suchte er wütend nach seiner Mutter. Vor dem Tempel des Kriegsgottes erblickte er sie, eben im Begriff, hineinzugehen. Er riss sie an den Haaren heraus.

      Da stand im Tempel das tönerne Bild des Kriegsgottes plötzlich von seinem Sitze auf, nahm dem hinter ihm stehenden Dschou Dsang das Messer aus der Hand, trat zur Tür heraus und hieb dem Mann den Kopf herunter. Der Priester des Tempels, der es sah, schlug eilig Glocke und Pauke und las aus den heiligen Schriften. In den Straßen und auf dem Markt hörten die Leute von der Geschichte und drängten sich staunend herbei. Sie sahen den Kriegsgott, in der rechten Hand das Messer, in der linken Hand den Kopf des Mannes. Mit einem Fuße vor der Tür, mit einem Fuße drin, so stand das Bild, unbeweglich wie ein Fels. Seit jener Zeit steht in Ju Dschou das Bild des Kriegsgottes mit gespreizten Beinen auf der Türschwelle als Zeichen seiner Macht.

      28. Die Heiligenscheine

      Alle wahren Götter haben auf dem Kopfe einen runden Schein. Wenn die geringeren Götter oder Teufel diesen Schein sehen, so ducken sie sich und wagen nicht, sich zu regen. Der Himmelsmeister auf dem Drachentigerberg pflegt steten Verkehr mit allen Göttern. Eines Tages kam der Kriegsgott Guan Di herabgestiegen, als eben der Beamte des Nachbarkreises zu Besuch beim Himmelsmeister war. Der Himmelsmeister riet dem Manne, sich zurückzuziehen und im inneren Gemache zu verbergen. Darauf ging er hinaus, um den Kriegsgott zu empfangen. Der Beamte aber guckte durch eine Ritze in der Tür. Da sah er des Kriegsgottes rotes Gesicht und grünes Gewand: schrecklich und ehrfurchtgebietend stand er da. Plötzlich blitzte auf seinem Kopfe ein roter Schein auf, dessen Strahlen bis ins innere Gemach drangen, so dass der Beamte auf dem einen Auge erblindete. Nach einer Weile brach der Kriegsgott wieder auf, und der Himmelsmeister begleitete ihn. Plötzlich sprach Guan Di bestürzt: »Konfuzius kommt! Der Schein auf seinem Kopfe erleuchtet das ganze Weltall. Auf tausend Meilen bin auch ich ihm nicht gewachsen. Ich will ihm schleunigst aus dem Wege gehen.« Damit bestieg er eine Wolke und verschwand. Der Himmelsmeister erzählte dann dem Beamten, was sich zugetragen, und fügte noch hinzu: »Zum Glück habt Ihr den Kriegsgott nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen! Wer nicht höchste Tugend und höchstes Wissen besitzt, der wird von jenem roten Schein zerschmolzen.« Mit diesen Worten gab er ihm eine Pille des Lebenselixiers zu essen, und das blinde Auge wurde allmählich wieder gut. Es heißt aber auch, dass die Gelehrten auf dem Kopfe einen roten Schein haben, den Teufel, Füchse und Gespenster, wenn sie ihn sehen, fürchten.

      Nun war einmal ein Gelehrter, der hatte einen Fuchs zum Freund. Der Fuchs nahm ihn bei Nacht mit sich und ging mit ihm in den Dörfern spazieren. Sie konnten in die Häuser gehen und alles sehen, was dort geschah, ohne dass die Leute sie bemerkten. Wenn er aber von fern auf einem Hause einen roten Schein leuchten sah, so ging der Fuchs nicht hinein. Der Gelehrte fragte ihn nach dem Grunde.

      »Das sind alles berühmte Gelehrte«, antwortete der Fuchs. »Je größer der Glanz, desto umfassender ist ihre Bildung. Ich scheue mich vor ihnen und wage nicht, bei ihnen einzutreten.«

      Da sprach der Mann: »Ich bin doch auch ein Gelehrter. habe ich denn keinen Schein, dass du dich nicht vor mir scheust, sondern mit mir spazieren gehst?«

      »Auf deinem Kopf ist nur ein schwarzer Dunst«, erwiderte der Fuchs. »Ich habe noch nie einen Schein bei dir entdeckt.«

      Der Gelehrte schämte sich und fuhr ihn an; der Fuchs aber verschwand unter wieherndem Gelächter.

      29. Laotse

      Laotse ist eigentlich älter als Himmel und Erde. Er ist der gelbe Alte, der mit den anderen vieren die Welt geschaffen. Zu verschiedenen Zeiten aber hat er sich auf der Erde unter verschiedenen Namen gezeigt. Seine berühmteste Menschwerdung jedoch ist die als »altes Kind« (Laotse) mit dem Namen Pflaume (Li). Das ging aber so zu: Seine Mutter empfing ihn auf übernatürliche Weise und trug ihn zweiundsiebzig Jahre lang. Als er geboren wurde, kam er aus der linken Achselhöhle seiner Mutter hervor. Er hatte gleich von Anfang an weiße Haare, darum nannte man ihn altes Kind. Auch konnte er schon sprechen. Da er keinen menschlichen Vater hatte, deutete er auf den Pflaumenbaum, unter dem er zur Welt gekommen war, und sprach: »Dies soll mein Name sein!«

      Er erlangte große Zauberkünste, durch die er sein Leben verlängerte. Einst dingte er einen Knecht zu seinem Dienst. Mit dem ward er eins, dass er ihm täglich hundert Kupferstücke geben wollte; doch bezahlte er ihn nicht aus und war ihm schließlich sieben Millionen zweihunderttausend Kupferstücke schuldig. Da bestieg er einen schwarzen Stier und ritt nach Westen. Er wollte seinen Knecht mitnehmen. Als sie aber an den Han-Gu-Pass kamen, da weigerte sich der Knecht und verlangte seine Bezahlung. Doch Laotse gab ihm nichts.

      Als sie sich dem Hause des Passwächters nahten, da zeigten sich am Himmel rote Wolken. Der Passwächter verstand das Zeichen und wußte, dass ein Heiliger nahe. So ging er ihm entgegen und nahm ihn in seinem Hause auf. Er fragte ihn nach geheimer Weisheit. Laotse aber streckte die Zunge weit heraus und sagte nichts. Dennoch beherbergte ihn der Passwächter aufs Ehrerbietigste in seiner Wohnung. Laotses Knecht erzählte dem Diener des Passwächters, dass sein Herr ihm noch viel Geld schuldig sei, und bat, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Als der Diener von der großen Summe hörte, da lockte es ihn, so einen reichen Mann zum Schwiegersohn zu haben, und er gab ihm seine Tochter zur Frau. Schließlich hörte der Passwächter von der Sache und trat mit dem Knecht zusammen vor Laotse. Da sprach Laotse zu seinem Knecht: »Du Schalksknecht! Du wärest eigentlich schon lange tot. Ich habe dich gedingt, und da ich arm war und dir kein Geld geben konnte, habe ich dir einen Zauber des Lebens zu essen gegeben. Darum bist du noch heute am Leben. Ich sagte dir: ,Wenn du mir nachfolgst nach Westen ins Reich der seligen Ruhe, dann will ich dir deinen Lohn in gelbem Golde zahlen. Du aber hast nicht gewollt.« Damit klopfte er dem Knecht auf den Nacken. Da öffnete der den Mund und spie den Zauber des Lebens auf die Erde. Noch sah man darauf die Zeichen mit Zinnober geschrieben, wohlerhalten, wie neu. Der Knecht aber brach plötzlich zusammen und verwandelte sich in einen Haufen trockenen Gebeins. Der Passwächter warf sich zur Erde und legte Fürbitte für ihn ein. Er versprach, für Laotse den Knecht zu bezahlen, und bat, er solle ihn wieder lebendig machen. Da tat Laotse den Zauber unter die Knochen, und augenblicklich war der Knecht zum Leben erweckt. Der Passwächter entlohnte den Knecht und ließ ihn gehen. Dann verehrte er den Laotse als seinen Meister, und Laotse teilte ihm die Kunst des ewigen Lebens mit und hinterließ ihm seine Lehre in fünftausend Worten, die der Passwächter niederschrieb. Das Buch, das so entstand, ist das Buch »VOM SINN UND LEBEN«. Laotse verschwand darauf den Blicken der Menschen. Der Passwächter aber hat seine Lehre befolgt und wurde unter die Unsterblichen versetzt.

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