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Dann entließen sie die beiden und setzten sich zum Schachspiel nieder. Aber kaum war Notscha wieder frei, da entbrannte aufs Neue in ihm die Wut, und er nahm die Verfolgung wieder auf. Abermals hatte er den Li Dsing eingeholt; da trat noch ein anderer Heiliger hervor, ihn zu schützen. Es war der alte Buddha des Lichtglanzes. Als Notscha mit ihm kämpfen wollte, da hob jener den Ärmel, und aus roten, wirbelnden Wolken bildete sich eine Pagode, die den Notscha umschloß. Lichtglanz tat nun beide Hände auf die Pagode. Da entstand in ihr ein Feuer, das brannte den Notscha, dass er laut um Schonung schrie. Er musste nun versprechen, seinen Vater um Verzeihung zu bitten und ihm stets gehorsam zu sein. Erst als er alles zugesagt, ließ der Buddha ihn aus der Pagode wieder heraus. Die Pagode aber gab er dem Li Dsing und lehrte ihn einen Zauberspruch, durch den er Notscha zwingen konnte. Daher heißt Li Dsing der Pagoden tragende Himmelskönig.

      Li Dsing und seine drei Söhne Gintscha, Mutscha und Notscha halfen dann später dem König Wu vom Hause Dschou bei der Vernichtung des Tyrannen Dschou-Sin.

      Niemand konnte ihren Kräften widerstehen. Nur einmal gelang es einem Zauberer, durch schwarze Magie den Notscha am linken Arm zu verwunden. Jeder andere wäre an der Wunde gestorben. Notscha aber ward von dem Großen Einen in seine Höhle getragen. Dort heilte er seine Wunde und gab ihm drei Becher Götterwein zu trinken und drei Feuerdatteln zu essen. Als Notscha gegessen und getrunken hatte, hörte er plötzlich einen Krach auf seiner linken Seite, und es wuchs ihm ein weiterer Arm heraus. Er wurde vor Schrecken blaß. Aber schon wuchs ihm auch auf der rechten Seite noch ein Arm heraus. Das Wort blieb ihm im Halse stecken, und seine Augen traten aus ihren Höhlen vor Entsetzen. Aber es ging so weiter: sechs Arme wuchsen ihm aus dem Leib hervor und auch noch zwei Köpfe, so dass er schließlich drei Köpfe und acht Arme hatte. Er rief seinem Meister zu: »Was will das werden?« Der aber lachte und sprach: »Gut so! Gut so! So bekommst du erst die rechte Macht.« Dann lehrte er ihn einen Zauber, dass er nach Belieben die Arme und Köpfe sichtbar oder unsichtbar machen konnte. Als der Tyrann Dschou-Sin vernichtet war, da wurden Li Dsing und seine drei Söhne noch bei Leibesleben unter die Götter versetzt.

      19. Die Mondfee

      Zur Zeit des Kaisers Yau lebte ein Fürst, namens Hou I, der war ein starker Held und guter Schütze. Einst gingen zehn Sonnen am Himmel auf, die schienen so hell und brannten so heiß, dass die Menschen es nicht aushalten konnten. Da gab der Kaiser dem Hou I den Befehl, nach ihnen zu schießen. Der schoss nun neun von den Sonnen herunter. — Er hatte aber auch ein Pferd, das war so schnell, dass es den Wind einholen konnte. Er setzte sich darauf und wollte auf die Jagd. Da rannte das Pferd davon und ließ sich nicht mehr halten. So kam er an den Kunlun-Berg und sah die Königin-Mutter am Jaspis-See. Die gab ihm das Kraut der Unsterblichkeit. Das nahm er mit nach Hause und verbarg es im Zimmer. Er hatte eine Frau, namens Tschang 0. Die naschte davon, als er einmal nicht zu Hause war, und sogleich schwebte sie zu den Wolken empor. Wie sie beim Mond angekommen war, da lief sie in das Schloss im Mond und lebt dort seither als Mondfee.

      Ein Kaiser aus dem Hause Tang saß einmal in der Mittherbstnacht mit zwei Zauberern beim Wein. Der eine nahm eine Bambusstange und warf sie in die Luft; die wandelte sich zur Himmelsbrücke, und nun stiegen die drei zusammen zum Mond hinauf. Da sahen sie ein großes Schloß, darauf stand geschrieben: »Die weiten Hallen der klaren Kälte«. Ein Kassiabaum stand daneben, der blühte und duftete, dass die ganze Luft von seinem Duft erfüllt war. Ein Mann saß auf dem Baum, der mit einer Axt die Nebenzweige abhieb. Der eine Zauberer sprach: »Das ist der Mann im Monde. Der Kassiabaum wächst so üppig, dass er mit der Zeit den ganzen Glanz des Mondes beschatten würde. Darum muss er alle tausend Jahre einmal abgehauen werden.« Dann traten sie in die weiten Hallen. Silbern türmten sich die Stockwerke übereinander. Die Säulen und Wände waren alle aus Wasserkristall. Es waren Käfige da und Teiche; darinnen waren Fische und Vögel, die bewegten sich wie lebend. Die ganze Welt schien aus Glas zu sein. Während sie noch nach allen Seiten Umschau hielten, trat die Mondfee auf sie zu in weißem Mantel und regenbogenfarbenem Gewand. Sie sprach lächelnd zum Kaiser: »Du bist ein Fürst der Welt des Erdenstaubs. Du musst Glück haben, dass du hierher gelangen konntest.« Damit rief sie ihre Dienerinnen, die kamen auf weißen Vögeln heran geflogen und sangen und tanzten unter dem Kassiabaum. Reine, klare Klänge tönten durch die Luft. Neben dem Baume aber stand ein Mörser aus weißem Marmelstein. Ein Hase aus Jaspis zerstieß darinnen Kräuter. Das war die dunkle Hälfte des Monds. Als der Tanz zu Ende war, da kehrte der Kaiser mit den Zauberern wieder zurück. Er ließ die Lieder, die er im Monde gehört hatte, aufzeichnen und zur Begleitung von Jaspisflöten im Birnengarten singen.

      20. Der Morgen- und der Abendstern

      Es waren einmal zwei Söhne des goldenen Himmelsgottes. Der eine hieß Hesperus, der andere Luzifer. Die beiden gerieten einst in Streit, und Hesperus schlug dem Luzifer die Hüfte entzwei. Da taten die beiden Sterne einen Schwur, sich nie mehr zu sehen. Hesperus kam immer nur abends hervor und Luzifer immer nur in der Früh, und erst wenn Hesperus verschwunden ist, wird Luzifer wieder sichtbar. Darum heißt es: Wenn zwei Brüder nicht in Frieden leben, so sind sie Hesperus und Luzifer.

      21. Das Mädchen mit dem Pferdekopf

      In uralten Zeiten lebte einmal ein Greis, der ging auf Reisen. Niemand war zu Hause, als nur seine einzige Tochter und ein weißer Hengst. Jeden Tag fütterte die Tochter das Pferd. In ihrer Einsamkeit hatte sie Heimweh nach ihrem Vater. So redete sie einmal im Scherz zu ihrem Pferd: »Wenn du mir meinen Vater zurückbringst, so will ich dich heiraten.«

      Kaum hatte das Pferd die Worte gehört, da riss es sich los und lief weg. Es lief in einem fort, bis es an den Ort kam, wo der Vater war. Als der Vater das Pferd erblickte, war er freudig überrascht, fing es ein und setzte sich darauf. Das Pferd wandte sich zurück nach dem Weg, auf dem es gekommen war, und wieherte unablässig.

      »Was hat nur das Pferd?« dachte der Vater. »Sicher muss zu Hause irgend etwas los sein.« So ließ er ihm denn die Zügel und ritt zurück. Weil das Pferd so klug gewesen war, so gab er ihm reichliches Futter. Aber das Pferd fraß nichts, und wenn es das Mädchen sah, so schlug es nach ihr und wollte sie beißen. Der Vater verwunderte sich darüber und fragte das Mädchen. Die Tochter sagte ihm alles der Wahrheit gemäß. »Du darfst keinem Menschen etwas davon sagen«, sprach der Vater, »wir könnten sonst in übles Gerede kommen.« Dann nahm er seine Armbrust und schoß das Pferd tot. Seine Haut aber hängte er im Hof zum Trocknen auf. Dann verreiste er wieder.

      Eines Tages ging die Tochter mit einer Nachbarin spazieren. Als sie zu dem Hofe kamen, da stieß sie mit dem Fuß an das Pferdefell und sprach: »Ein unvernünftiges Tier wie du — und wolltest ein Menschenmädchen zur Frau! Es geschieht dir ganz recht, dass du jetzt tot bist.«

      Aber noch ehe sie ausgeredet, da bewegte sich die Pferdehaut und richtete sich auf. Sie wickelte sich um das Mädchen herum und rannte weg.

      Entsetzt lief die Nachbarin zu ihrem Vater und erzählte ihm, was vorgefallen. Überall suchte man nach dem Mädchen, aber es blieb verschwunden.

      Endlich nach einigen Tagen sah man in den Zweigen eines Baumes das Mädchen in der Pferdehaut hängen. Allmählich verwandelte sie sich in eine Seidenraupe und verpuppte sich. Die Fäden, in die sie sich einspann, waren stark und dicht. Die Nachbarin nahm sie herunter und ließ sie ausschlüpfen. Dann spann sie die Seide und fand reichlichen Gewinn.

      Ihre Angehörigen aber sehnten sich sehr nach ihr. Da erschien eines Tages das Mädchen in den Wolken auf ihrem Pferde reitend mit einem großen Gefolge und sprach: »Im Himmel ist mir nun das Amt übertragen, zu wachen über die Zucht der Seidenraupen. Ihr müsst euch nicht mehr nach mir sehnen.« Darauf wurden ihr in ihrer Heimat Tempel errichtet, und jedes Jahr zur Zeit der Seidenraupen fleht man sie unter Opfern an um ihren Schutz. Sie heißt die Göttin mit dem Pferdekopf.

      22. Die Himmelskönigin

      Die Himmelskönigin, auch heilige Mutter genannt, war bei ihren Lebzeiten eine Jungfrau aus Fukien, namens Lin. Sie war rein, ehrfürchtig und fromm von Art. Als sie

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