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Philip Souza!«, rief Alice ihr nach. »Souza mit Z.«

      3

      Während Kate noch überlegte, wie sie die als Nächstes anstehenden Dinge am besten anging, schlug sie den Weg zu ihrer Wohnung ein, um ein paar Sachen zu holen, ehe sie weiter zu Camerons Haus fuhr.

      Im Wohnzimmer nahm sie den Schaukasten von der Wand, der die Nachbildung ihrer Dienstmarke enthielt. Sie löste die Rückwand, während sie sich mit dem Argument zu beschwichtigen suchte, dass es hier um Cameron ging und sie nur im äußersten Notfall Gebrauch von der Polizeimarke machen würde. Im umgekehrten Fall, dachte sie ironisch, würde Cameron nicht die leisesten Bedenken haben – er würde sie auslachen: »Wie – du hast ein Problem damit, dich als die Polizistin auszugeben, die du früher gewesen bist?« Sie löste die Marke von dem blauen Samt, mit dem der Kasten ausgeschlagen war, und wog sie in der Hand – sie hatte sie nie zuvor in den Händen gehalten – und stellte fest, dass sie ein klein wenig schwerer war als das Original.

      Im Schlafzimmer stieg sie aus ihrer Khakihose und zog eine geräumige Cargohose an. Sie steckte ihre Brieftasche und ihr Handy in eine der Taschen und ein Notizbuch, einen Stift und einige weitere Dinge in eine andere. Nach den gut vier Monaten außer Dienst war sie immer noch froh, dass sie nie wieder die Schultertasche tragen musste, die sie immer als ›die verdammte Satteltasche‹ bezeichnet und als Cop immer hatte bei sich haben müssen. Sorgsam heftete sie die Dienstmarke in eine der verbliebenen leeren Hosentaschen, um sie nicht aus Versehen herauszuziehen, wenn sie etwas anderes hervorholte. Oder sie – schlimmer noch – verlor. Eine gefälschte Dienstmarke mit ihrer Dienstnummer zu verlieren würde ihr wahrscheinlich größere Scherereien bereiten, als wenn sie dabei erwischt wurde, wenn sie sie benutzte.

      »Hab einen schönen Tag, Miss M«, sagte sie leise und streichelte Miss Marple, die sich auf dem Bett zusammengerollt hatte, eine weiße Pfote unter dem Kopf, die Jadeaugen auf Kate geheftet.

      Auf dem Weg zu ihrem Wagen verspürte sie eine beschwingende Zielstrebigkeit. Die Sonne hatte den Dunstschleier über der Stadt durchbrochen, und Kates Stimmung blieb heiter, statt in ihre übliche genervte Ungeduld zu verfallen, während sie im dichten Verkehr durch West Hollywood fuhr und den geschäftigen Santa Monica Boulevard entlang. Auf der noch stärker befahrenen Highland Avenue ging es hinauf zur Franklin, wo sie einen halben Block später abbog und den Focus den steil sich hochschlängelnden, aber kaum befahrenen Hillcrest hochjagte. Noch vor halb zwölf kam sie bei Cameron an.

      Nur wenige der überwiegend eingezäunten Häuser auf der baumbestandenen Straße hatten Garagen. Camerons schwarzer RAV4 war quer zur Fahrbahn geparkt und belegte eine der beiden Parkbuchten am Zaun zu seinem Grundstück. Daneben stand ein Wagen der Firma Marvel Maids.

      Kate fand eine Parkbucht ein Stück weiter oben an der Straße und machte sich zu Fuß auf den Weg zurück zum Haus. Sie setzte ihre Schritte in den Sneakers voller Achtsamkeit, als könnte sie bei einem Fehltritt Gefahr laufen, haltlos bis zum Fuße des Hügels hinunterzupurzeln. Camerons Haus und die Gegend gefielen ihr, aber sie konnte sich nicht vorstellen, auf einer so steilen Hanglage zu wohnen, dass ihr Gleichgewichtssinn fortwährend herausgefordert war. Die Umgebung fühlte sich beinahe surreal an. Hier oben unter den Bäumen und ihrem dichten Blätterwerk, in dem eine Vielzahl von summenden Insekten und zwitschernden Vögeln hausten, befand sich eine ruhige Wohngegend, die nur einen Steinwurf hügelab entfernt war vom wuseligen Hollywood Boulevard und Graumans Chinese Theatre mit seinen Massen von Touristinnen und Touristen, Sightseeing-Bussen und Straßenhändlern, die Souvenirs feilboten und Stadtpläne mit eingezeichneten Routen, die garantiert zu den Häusern der Stars führten.

      Mit Absicht ging sie auf dem Weg zum Haus dicht an dem RAV4 vorbei; sie registrierte die gleichmäßige Staubschicht und dass im Inneren des Wagens nichts Ungewöhnliches zu sehen war; innen schien er so makellos wie bei Cameron immer. Kate öffnete das Gartentor. Umsehen konnte sie sich nicht, solange die Marvel Maid noch da war; sie durfte es nicht riskieren, Alarm auszulösen oder Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Also betrat sie das Grundstück, als wäre es das Normalste der Welt; sie ließ den Blick beiläufig über den pflegeleichten Vorgarten und das hellbraune Holzrahmenhaus mit den dunkelbraunen Fensterläden wandern und konnte nichts Außergewöhnliches entdecken. Die großen Keramiktöpfe mit weißen und gelben Frühlingsastern, die links und rechts von der Eingangstür standen, schienen gut gepflegt, wurden aber zweifellos von einem automatischen Bewässerungssystem versorgt, denn Joe Cameron war kein Gärtner.

      Sie ging über die auf dem moosigen Rasen asymmetrisch verlegten Steinplatten zu einer schattigen Veranda, auf deren terracottafarbenen Fliesen einige Liegestühle standen. Auf den Eingangsstufen zum Haus befanden sich ein Wischmop, ein Besen und ein Plastikeimer mit ein paar Putzlappen. Die Eingangstür stand einen Spaltbreit offen – welch glücklicher Zufall. Sie ging die zwei Stufen hinauf, klopfte energisch an die Tür und schob sie auf.

      Zu ihrer Linken, hinter dem Frühstückstresen, der die Küche vom Wohnzimmer und der Essecke trennte, fuhr eine Latina mittleren Alters mit einem Lappen über die granitene Arbeitsfläche. Sie blickte alarmiert auf. Kate winkte unbeschwert. »Hallo, ich bin eine Freundin von Joe Cameron.« Sie hoffte, dass die Frau Englisch sprach.

      »Nicht da.«

      »Ja, ich weiß. Ich soll nach dem Wasseranschluss im Garten sehen. Ich bin eine Freundin«, wiederholte sie und stieß die Tür noch ein bisschen weiter auf, um auf den Kaminsims zeigen zu können und auf das gerahmte Foto, das, wie sie wusste, dort stand. »Sehen Sie das Foto? Gehen Sie hin und gucken Sie es sich an. Das sind Joe und ich.«

      Die Frau musterte Kate von Kopf bis Fuß ohne augenscheinliche Feindseligkeit. Dann kam sie aus der Küche hervor, ging ins Wohnzimmer hinüber und setzte die Brille auf, um das Foto von Cameron und Kate in Uniform zu betrachten, das bei einer Zeremonie der Polizeiakademie aufgenommen worden war, bei der verdiente Kolleginnen und Kollegen geehrt wurden.

      Kate erklärte: »Ich muss die Sprinkler hinten im Garten überprüfen.«

      Die Putzfrau wandte sich um und sah sie an. »Sie Polizei wie er. Sie machen.«

      »Danke.«

      Falls die Frau sich wunderte, warum Kate durchs Haus ging, wo doch der Garten von draußen zugänglich war, sagte sie jedenfalls nichts. Kate hätte, wenn nötig, eine Erklärung parat gehabt: Sie brauchte einen Schraubenschlüssel aus der Werkzeugkiste im Hauswirtschaftsraum. Kate durchquerte die Küche und ging den Flur entlang, trat in den Hauswirtschaftsraum mit der Waschmaschine und dem Trockner und öffnete die mit einem Riegel verschlossene Tür, die in den Garten hinausführte. Sie zog den Riegel zurück, holte eine Rolle Klebeband aus einer ihrer Hosentaschen, riss einen kleinen Streifen davon ab und klebte den Schließmechanismus zu. Dann schloss sie die Tür sorgsam hinter sich. Mit einem ironischen Lächeln dachte sie an einen Mord zurück, der sich während eines Raubüberfalls in einem Spirituosengeschäft ereignet hatte: Der Angestellte, der von ihr festgenommen worden war, hatte sich eben dieser Methode bedient, um sich Zutritt zu dem Laden zu verschaffen. Ein einziger prächtiger Fingerabdruck auf dem Klebeband hatte genügt. Wie Cameron oft festgestellt hatte: »Ohne ihre Dummheit würden wir sie nie fassen.«

      Für den Fall, dass sie beobachtet wurde, widmete sie sich einen Augenblick dem Zulauf für das Bewässerungssystem, drehte den Hahn zu und wieder auf. Das Bewässerungssystem versorgte einen grünen Rasen und den Jasmin und die Bougainvillea, die sich scharlachrot am hinteren Teil des Zaunes hochwand. Im Garten befand sich auch Joes Grill, eine große, professionell wirkende Anlage mit gemauertem Fundament, dessen längliche Silberhaube in der Sonne glänzte. Die große graue Plastikplane lag zusammengefaltet daneben, als wäre Joe im Begriff, den Grill zu benutzen oder als hätte er ihn gerade benutzt und noch nicht wieder gereinigt. Das würde sie sich später genauer ansehen.

      Sie ging um das Haus herum zu der offenstehenden Eingangstür. »Danke!«, rief sie. »Ich bin fertig.«

      »Ja. Wiedersehen«, erklang die Stimme der Putzfrau von irgendwo aus den Tiefen des Hauses.

      Kate stieg wieder hügelan.

      Während sie in ihrem Wagen darauf wartete, dass das Auto von Marvel

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