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wahrheitsgemäß. „Würden Sie bitte mal diesen Bob anrufen?“

      „Das soll lieber Gregg tun. Ich kann diesen Jungen nicht ertragen. Er ist so wahnsinnig frech. Oh, da kommt er schon ... Gregg, meine ich. Ich höre den Wagen. Wenn Sie gestatten, kümmere ich mich jetzt um das Essen.“

      Bount schaute ihr hinterher, als sie den Raum verließ und war beeindruckt von ihren fließenden Bewegungen, aber auch von der Rasse, die in den langen, schlanken Beinen zum Ausdruck kam.

      Bount nippte an seinem Drink. Es war nicht zum ersten Mal geschehen, dass man ihm ein bleiernes Willkommen entboten hatte, aber das bedeutete keineswegs, dass er es mit Gelassenheit hinzunehmen vermochte. Er hatte nun mal was gegen Leute, die ihn aufs Korn nahmen und war entschlossen, dem Schützen das Handwerk zu legen.

      Ein Mann betrat den Raum. Es gab keinen Zweifel, dass es der Hausherr war, denn er entwickelte den Schwung und die Sicherheit, die nur jemand zeigen konnte, der mit der Umgebung völlig vertraut war. Bount erhob sich.

      „Behalten Sie doch Platz, mein Lieber“, sagte Gregg Elmer und kam mit ausgestreckter Hand auf seinen Gast zu. „Sie entsprechen meinen Erwartungen. Ich bin ein Augenmensch, ein visueller Typ. Ich erkenne auf Anhieb, was jemand taugt. Sie sind Klasse, das sehe ich.“

      „Danke“, sagte Bount, der nicht zeigte, wie zuwider es ihm war, so dickes Lob serviert zu bekommen. Die Männer gaben sich mit kurzem, festen Druck die Hände. Bount setzte sich, während Gregg Elmer an den Barwagen trat und sich mit einem Brandy versorgte.

      Elmer ließ sich Bount gegenüber in einem Sessel nieder, schwenkte das Glas in der Hand und wurde schlagartig ernst.

      „Ich bin in tiefer Sorge“, sagte er. „Sie haben es auf uns abgesehen. Es liegt an mir, die Attacke zu stoppen, aber ohne Myers schaffe ich das nicht. Deshalb vertraue ich auf Ihr Können. Auf gute Zusammenarbeit!“ Er leerte den Inhalt seines Glases mit einem Zug und stellte es auf dem Tisch ab.

      Gregg Elmer war ein Mann Mitte der Vierzig. Er hatte schlohweißes, dichtes Haar, das er wie ein Künstler des neunzehnten Jahrhunderts in einer Mähne zur Schau stellte. In lebhaftem Kontrast dazu stand die schwarze Hornbrille, hinter deren Gläser helle, intelligente Augen blitzten.

      Elmer trug einen dünnen, verknitterten Leinenanzug mit weißem Hemd und modischer Krawatte.

      „Wer hat es auf Sie abgesehen?“, nahm Bount den gerissenen Faden auf.

      „Die Konkurrenz, nehme ich an. Okay, ich kann ja verstehen, dass sie sauer auf uns ist. Kenwood ist dabei, den Markt zu erobern. Es ist keineswegs so, dass wir ihn zu beherrschen versuchen. Das ist schlechthin unmöglich, aber innerhalb der Luxuskategorie sind wir dabei, das Rennen zu machen. Jetzt wirft man uns ein paar Knüppel zwischen die Beine. Es sind nicht die ersten, aber es sind die dicksten und gefährlichsten. Man hat versucht, das Hotel in Brand zu stecken. Es ist nur der Aufmerksamkeit eines Gastes und dem Versagen von zwei Benzinbomben zu danken, dass größerer Schaden abgewendet werden konnte.“

      „Haben Sie einen Verdacht, wer hinter dem Anschlag stehen könnte?“, fragte Bount.

      „Ja, klar. Ich könnte Ihnen mindestens fünf Namen nennen, aber damit beginnt schon die Schwierigkeit. Ich weiß nichts Konkretes, und mit Verdächtigungen zu arbeiten ist eine undankbare Sache. Wir müssen den Mann finden, der Tomlin niedergeschossen hat, und wir müssen herausbekommen, warum Myers aus dem Verkehr gezogen wurde.“

      „Wer ist Tomlin?“

      „Er arbeitet in der Sprinklerzentrale. Sie wurde außer Betrieb gesetzt. Das zuständige Personal wurde von einem Gangster, der sich Tomlin unter dem Namen Burns vorstellte, obwohl er mit Sicherheit anders heißen dürfte, in den Maschinenraum eingesperrt. Die Leute wären zum Tode verurteilt gewesen, falls der Brand das Hotel voll erfasst und vernichtet haben würde.“ Er machte eine kurze Pause. „Das ist das Ungeheuerliche, das zutiefst Verabscheuungswürdige an der Tat“, fuhr er fort. „Ein Anschlag auf ein Tausend-Betten-Hotel verursacht ja nicht nur materiellen Schaden, er gefährdet die Leben Unschuldiger, es kann im schlimmsten Fall mit einer Jahrhundertkatastrophe enden.“

      „Ich kann nicht glauben, dass Ihre Konkurrenz etwas damit zu tun hat“, sagte Bount nach kurzem Überlegen. „Eine solche Katastrophe würde nicht nur Häuser der Kenwood Gruppe treffen, sondern die Branche insgesamt. Die Leute würden davor zurückschrecken, in den luxuriösen Großherbergen abzusteigen, um die es geht - egal wem sie gehören.“

      „Da ist natürlich vieles dran, aber wenn ich Ihnen sage, dass es zwei Hotelketten gibt, die mit dem Schlagwort ,intim‘ prahlen und ihren Gästen kleinere Häuser im Landhausstil offerieren, werden Sie verstehen, dass Ihr Argument auf tönernen Füßen steht“, meinte Gregg Elmer.

      „Als ich vor einer Viertelstunde hier eintraf und aus dem Wagen stieg, flog mir ein Projektil um die Ohren“, sagte Bount. „Es kam aus einem Gewehr und zwang mich, in Deckung zu gehen. Ihre Gattin vermutet, dass Bob, der Nachbarjunge, der Schütze sein könnte. Ich wüsste gern, ob das zutrifft.“

      „Auf Sie ist geschossen worden?“, murmelte Gregg Elmer. Er sah verblüfft, beinahe entsetzt aus. „Oh Mann, das geht ja gut los.“ Er stand auf, trat ans Telefon und wählte mit grimmigen Gesicht eine Nummer, die er im Kopf hatte. „Ah, hallo Louis“, sagte Elmer. „Ist Bob zu Hause? Ich hätte gern ein paar Worte mit dem Jungen gewechselt. Wie? Oh, ich verstehe. In Denver, ja. Dann wüsste ich gern, ob jemand von Euch geschossen hat. Ich habe Besuch. Der arme Mann wäre um ein Haar ...“ Er unterbrach sich, da offenbar der Teilnehmer seinen Wortfluss stoppte. Elmer nickte mit dem Kopf. „Nichts für ungut, Louis“, sagte er. „Aber Sie werden verstehen, dass ich bemüht bleiben muss, diese Geschichte zu klären. Wir sind doch nicht in Wildwest!“ Er legte auf, kehrte an seinen Platz zurück und setzte sich. Als er nach einer Zigarette griff und sie entzündete, zitterten seine Hände. „Louis ist der Nachbar. Ein Börsenmakler. Macht viel Geld. Ein unmöglicher Mann. Hat nicht der geringsten Einfluss auf seine Kinder. Bob ist das schlimmste davon, aber wenn es stimmt, was Louis sagt, dann ist er nach Denver geflogen. Louis behauptet, von ihnen habe niemand geschossen. Soll ich die Polizei verständigen?“

      „Darüber können wir später reden“, meinte Bount und nahm erneut einen Schluck aus seinem Glas. „Sie sagten am Telefon, ich sei in den Fall verwickelt. Wie ist das zu verstehen?“

      Gregg Elmer inhalierte tief, stieß den Rauch aus und blickte Bount ins Gesicht.

      „Als die Geschichte mit dem Brand passierte, war ich zu Hause. Ich bekam einen Anruf, zog mich an und fuhr schnellstens ins Hotel. Dort hatte man inzwischen versucht, auch Myers, den Hausdetektiv, aus dem Bett zu trommeln, aber er war nicht zu finden - weder zu Hause noch im Hotel.“

      „Beschäftigen Sie nur einen Detektiv?“

      „Zwei. Sie leisten praktisch Schichtarbeit, aber nur Myers hat Klasse, nur er verfügt über den Riecher, den ein Mann seines Berufs haben sollte ... und der hoffentlich auch Ihnen zur Verfügung steht“, meinte Gregg Elmer mit schwachem Lächeln.

      „Damit ist meine Frage nicht beantwortet“, sagte Bount.

      „Ich komme gleich darauf. Ich ging zu Myers ins Office. Er hat ein eigenes Büro, müssen Sie wissen. Mitten auf seinem Schreibtisch lag ein Schnellhefter. Raten Sie mal, was auf dem Deckel stand.“

      „Sie werden es mir sagen.“

      „Bount Reiniger.“

      „Tatsächlich?“

      „Sie können den Schnellhefter einsehen. Er enthält so ungefähr alle Zeitschriftenausschnitte, die sich mit Ihrem kriminalistischen Erfolg befassen. Ich habe das meiste davon gelesen. Eine imponierende Statistik, eine spannende Biographie, wenn man so will. Ich habe daraus erfahren, dass Sie einen Ehrentitel von der französischen Polizei verliehen bekamen, von der Pariser, um genau zu sein.“

      Bount lächelte.

      „So ist es halt“, meinte er. „Aber wie erklärt es sich, dass Myers diese Ausschnitte sammelte und dass sie zu dem Zeitpunkt auf

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