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ist los?« Die Lekutat zog seine Hände herunter. »Das MERS-Corona-Virus? Sieht so aus, als hätte sie in Mexiko keine Ruinen, sondern einen hübschen Scheich ausgegraben«, scherzte sie unverdrossen.

      Ein Räuspern ließ sie herumfahren. Niko Arzfeld. Ihn hatte sie vollkommen vergessen. Matthias rollte mit den Augen.

      »Bitte entschuldigen Sie, Herr Arzfeld. Die Kollegin hat das nicht so gemeint. Sie ist manchmal …«, Matthias schickte Christine einen bösen Blick, »etwas ungeschickt in ihrer Ausdrucksweise.«

      Niko war blass geworden. Seine Augen wanderten von Matthias Weigand zu seiner zukünftigen Frau und wieder zurück.

      »Und was, wenn Silje gar nicht in Mexiko war?«, fragte er tonlos. »Zumindest nicht die ganze Zeit?«

      *

      Schwester Gesine drückte Fynn eine Atemmaske auf Mund und Nase. Mit großen Augen verfolgte sie die Linien auf dem Überwachungsmonitor. Von Atemzug zu Atemzug ging es dem Kleinen schlechter.

      »Wann kommt denn endlich jemand!« Wie immer, wenn Gefahr in Verzug war, dehnten sich Minuten zu Stunden. »So lange kann das doch nicht dauern.«

      Endlich zeugten Schritte auf dem Flur davon, dass die Erlösung nahte.

      Als Felicitas Norden gefolgt von Schwester Elena und Dr. Lammers hereinstürzte, atmete Gesine auf. »Ein Glück, dass Sie hier sind. Ich hatte schon Angst, dass er mir erstickt.«

      Ein Blick auf die blauen Lippen ihres Enkels genügte Felicitas.

      »Schnell! Wir müssen intubieren.«

      »Kollegin Norden, wollen Sie nicht lieber …«

      »Laryngoskop, Elena, schnell!«, fiel Fee ihrem Stellvertreter ins Wort.

      »Beeilung. Der Blutdruck fällt!«, erklärte Lammers mit einem Blick auf den Monitor.

      Felicitas beugte sich über ihren Enkel. Sie ließ sich das Laryngoskop in die linke Hand geben. Etwas klirrte.

      »Sie zittern ja!« Außer sich vor Wut packte Lammers seine Chefin an den Oberarmen. »Lassen Sie gefälligst das Kind in Ruhe. Oder wollen Sie es umbringen?«

      Fee stand da und starrte ihn noch an, als er sich längst um Fynn kümmerte. Ihre Brust hob und senkte sich wie nach einem Sprint. Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn.

      Sie sah ihrem Stellvertreter dabei zu, wie er den Tubus – er sah aus wie das Innere einer Wasserpistole – in Fynns Hals schob. Aber warum wurde es plötzlich neblig im Raum? Sie blinzelte mehrmals hintereinander. Vergeblich.

      Schwester Elenas Gesicht wurde deshalb nicht klarer.

      »Fee?« Elenas Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen. In Zeitlupe bewegte sich ihre Hand vor Felicitas’ Gesicht hin und her. »Ich bringe dich in ein anderes Zimmer. Halte dich an mir fest!«

      *

      »War das eine dröge Veranstaltung. Findest du nicht?« Dr. Axel Maurer drehte das Radio leiser. »Dann doch lieber die Hektik in der Klinik. Da vergeht die Zeit wenigstens.« Vor ihm leuchteten rote Lichter auf.

      Er trat auf die Bremse und schaltete erst einen und dann noch einen Gang hinunter.

      Wie schon fast die ganze Fahrt lang saß sein Begleiter Dr. Daniel Norden auf dem Beifahrersitz und starrte aus der Windschutzscheibe.

      Axel klopfte ihm auf den Oberschenkel.

      »Eigentlich könnten wir beide noch mit unseren Frauen einen Happen essen gehen. Maria hat heute auch Dienst. Ich rufe sie mal schnell in der Rettungsleitstelle an.« Er drückte auf einen Knopf am Lenkrad. Im Lautsprecher ertönte ein Tuten.

      Der freundschaftliche Schlag hatte Daniel aus seinen Gedanken geweckt.

      »Keine schlechte Idee. Aber leider heute unmöglich. Fee hat mich gestern Abend noch angerufen. Wir haben zwei Fälle von Schweinegrippe in der Klinik.«

      Axel drückte noch einmal auf den Knopf. Der Rufaufbau wurde abgebrochen.

      »Deshalb bist du so still. Warum hast du das nicht gleich gesagt. Du Armer! Ich möchte nicht in deiner Haut stecken. Das bedeutet eine Menge Stress.«

      Wenn es nur das gewesen wäre! An Stress war der Klinikchef Dr. Daniel Norden gewöhnt. An die Angst um seine Lieben würde er sich jedoch nie gewöhnen. Lust, darüber zu sprechen, hatte er keine.

      »Ich kann nur hoffen, dass wir jede Kontaktperson erwischt haben und dass das Virus keine Kreise zieht.«

      Axel setzte den rechten Blinker und wartete, bis eine Fahrrad­fahrerin mit wehendem Pferdeschwanz auf dem Radweg vorbeigefahren war. Dann bog er in die Auffahrt zur Klinik ein und ließ seinen Kollegen aussteigen.

      »Vielen Dank fürs Fahren. Ich melde mich, wenn die Gefahr vorüber ist.«

      »Und dann gehen wir essen. Nicht vergessen!«

      »Natürlich nicht. Du hörst von mir.« Daniel klopfte auf das Wagendach.

      Ganz entgegen seiner Gewohnheit sah er dem Wagen nicht nach. Die Nachrichten aus der Klinik hatten alles andere als beruhigend geklungen. Er hatte es eilig, nach dem Rechten zu sehen. Weit kam er allerdings nicht.

      »Daniel!« Eine Stimme hallte durch die Lobby der Klinik.

      »Tatjana!« Er kam seiner Schwiegertochter ein paar Schritte entgegen. Schloss sie in seine Arme. Ihr Herz flatterte an seiner Brust wie ein aufgeregter Vogel. »Bitte reg’ dich nicht so auf.«

      »Ich habe ja versucht, mich mit Arbeit abzulenken. Nachdem mir ein Blech mit Brezen verbrannt ist und ich eine ganze Torte fallengelassen habe, hat mich Titus aus der Bäckerei verbannt«, gestand sie. »Ich habe versucht, Fee zu erreichen. Vergeblich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie mir diese Warterei an die Nerven geht.« Seite an Seite hatten sie die Eingangshalle durchquert.

      Das Rauschen des Wasserfalls brachte Daniel auf eine Idee.

      »Leider habe ich auch noch keine Neuigkeiten. Ich komme gerade von einem Kongress. Aber wenn du im ›Allerlei‹ auf mich wartest, kann ich dir mit Sicherheit gleich mehr sagen.«

      Daniel hielt sein Versprechen. Nur zehn Minuten später setzte er sich zu Tatjana an einen Tisch neben einen baumhohen Rhododendron. Anders als die mickrigen Zimmerpflanzen waren diese Exemplare ähnlich stattlich wie ihre wildlebenden Verwandten in den neotropischen Regenwäldern. Viel lieber als über die Neuigkeiten hätte er sich mit ihr über das Geschick der Klinik-Gärtner unterhalten. Doch Daniel war sich fast sicher, dass er seine Schwiegertochter im Augenblick nicht für solche Themen begeistern konnte.

      »Und? Hast du etwas herausgefunden?«, fragte sie, kaum dass er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte. »Wie geht es Fynn?«

      »Die Situation ist so weit unter Kontrolle.« Unnötig, sie mit zu vielen Details zu beunruhigen. Aber es war wie immer. Tatjana spürte seine Sorgen.

      »Du musst mich nicht schonen. Ich verkrafte die Wahrheit.«

      »Das weiß ich.« Daniel Norden unterdrückte ein tiefes Seufzen. »Fynn musste intubiert werden. Im Augenblick ist er stabil.« Doch das war nicht er einzige Grund zur Sorge. »Fee hat einen leichten Schwächeanfall erlitten.«

      Tatjana schlug die Hände an die Wangen. Ausgerechnet Fee. Ihre Fee, die ihr im Laufe der Jahre wie die Mutter ans Herz gewachsen war, die sie bei dem Unfall verloren hatte. Noch einmal würde sie so etwas nicht verkraften.

      »O Dan, das tut mir leid. Hat sie sich angesteckt?«

      »Das wissen wir noch nicht. Die Ergebnisse aus dem mikrobiologischen Institut liegen noch nicht vor.«

      Tatjana saß am Tisch und starrte in die Tasse, in der ein Rest Kakao schwamm. Wie kleine Inseln thronten Sahnekleckse auf der hellbraunen Oberfläche. Als sie aufsprang, stieß sie an die Platte. Die Inseln versanken im Meer.

      »O Dan, ich muss doch irgendetwas tun können.«

      Sie konnte

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