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aufs Gut zurückkamen. Robert war sehr gereizt, weil es ihm nicht gelungen war, das Ehepaar Löffler als neue Auftraggeber zu gewinnen.

      »Das wäre nicht passiert, hätte ich von Lugano aus arbeiten können. Dass wir nicht längst wieder dort sind, liegt einzig und allein an der Verschleppung der Testamentsvollstreckung«, schimpfte er schlechtgelaunt.

      »Und wer verzögert das? Du mit deiner absurden Forderung!«, zischte Lilly. Ihre Nerven lagen blank. Sie hatte versucht, sich auf das Wiedersehen mit Robert zu freuen und mehr Geduld mit ihm zu haben. Sie hatten doch auch gute Zeiten gehabt, und Lilly versuchte, daran anzuknüpfen. Nur fiel es ihr mit jedem Tag schwerer, an dem sie Robert entweder missmutig oder mit prüfendem, abwägendem Blick durch Haus und Hof gehen und Veränderungen planen sah.

      »Dieser bekannte Doktor Baron ist also dein Patenonkel. Es ist immer gut, neue, einflussreiche Leute kennenzulernen. Vielleicht ergibt sich über diesen Kontakt etwas, was mich für den entgangenen Auftrag entschädigt. Auf jeden Fall ist es gut, dass sie hier auf dem Gut wohnen und nicht im Hotel, dann haben wir mehr Zeit für Gespräche, und sie lernen den Mann an deiner Seite vor dem richtigen Hintergrund kennen«, sagte Robert.

      Lilly sah ihn scharf an. »Bist du denn noch der Mann an meiner Seite?«, fragte sie. »Du hast nur noch Geschäftliches im Kopf. Manchmal habe ich das Gefühl, dich gar nicht mehr zu kennen.«

      »Tut mir leid, wenn du es so siehst«, antwortete Robert und zog sie in seine Arme. Es fühlte sich ganz anders an als früher. »Ich weiß, dass ich ziemlich unleidlich bin in letzter Zeit, aber das liegt an der Anspannung. Wenn hier alles geklärt ist, wird es wieder leichter.«

      »Dann nimm doch endlich Daniels Verschlag an und einige dich mit ihm«, erwiderte Lilly eindringlich. »Warum willst du unbedingt das Gutshaus haben und es für dich nutzen, wenn du doch nur bittere Gefühle damit verbindest?«

      »Weil ich es kann!«, antwortete Robert hart. »Ich bin der älteste Sohn.«

      Lilly spürte, dass es sinnlos war, mit ihm weiter darüber zu sprechen. »Ich kümmere mich jetzt um das Zimmer für Alexandra und Leopold«, sagte sie nur und machte sich auf die Suche nach Rautende, um sich Bettwäsche und Handtücher geben zu lassen.

      Wie soll der Besuch nur werden, wenn hier solch eine gereizte Stimmung herrscht, dachte sie bedrückt.

      Aber wie sich dann zeigte, war Robert nach der Ankunft von Lillys Pateneltern wie ausgewechselt. Er wirkte freundlich und entspannt, stellte Fragen zu Leopolds Beruf und Alexandras Kunst und sorgte für das Wohl der Gäste. Das Haus am Tegernsee war ein alter, denkmalgeschützter Bauernhof, und der Architekt interessierte sich sehr für dessen Um- und Ausbau. Es ergab sich eine angeregte Fachsimpelei, bei der Robert mit Wissen und Charme glänzte, während sich sein jüngerer Bruder im Hintergrund hielt.

      »Aus heutiger Sicht würde man vielleicht einiges anders machen. Es ist schade, dass wir Sie damals noch nicht kannten, als das Haus umgebaut wurde. Sie sind genau der Fachmann, den wir uns für die Fenster gewünscht haben«, sagte Alexandra zu Daniel.

      »Ihr Haus ist sehr schön so, wie es ist«, antwortete Daniel ruhig. »Nur für Ihr Atelier hätte ich einen Änderungsvorschlag, der den Denkmalschutz berücksichtigt und trotzdem mehr Licht in den Raum bringt.«

      »Willst du dich auch dort mit so einer genialen Kuppel aus Glas verewigen?« Robert konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen, aber er sagte es freundlich und mit einem verschmitzten Augenzwinkern.

      Daniel ging nicht darauf ein, sondern wendete sich Alexandra zu. »Falls Sie morgen Hilfe beim Aufhängen Ihrer Bilder haben möchten, sagen Sie Bescheid. Die Schlinge für meinen Arm bin ich inzwischen los und kann Ihnen zur Hand gehen.«

      »Wie schön, das nehme ich dankend an«, erwiderte sie erfreut. »Und wenn es möglich ist, dann würde ich mir sehr gern die Bilder Ihrer Mutter anschauen.«

      Daniels Gesicht leuchtete auf. »Das finde ich schön, und ich werde Ihnen gern alles zeigen, wenn Sie die Zeit haben. Zwei ihrer Bilder hängen in der Eingangshalle links und rechts neben der Tür, andere Arbeiten, vor allem ihre Versuche mit der Kalligraphie, liegen in der Bibliothek.«

      »Es gibt noch eine zweite Mappe«, fuhr Lilly fort. »Sie ist im alten Schreibtisch deiner Mutter in ihrem Zimmer. Wenn du möchtest, kann ich sie holen und zu der anderen in die Bibliothek bringen.«

      »Ach, Mamas Sekretär«, sagte Daniel etwas wehmütig. »Ich wusste gar nicht mehr, dass dort auch noch eine Mappe liegt.«

      »Rautende hat mir erzählt, dass eure Mutter dort alles aufbewahrte, was ihr besonders viel bedeutet hat. Zum Beispiel ist dort auch noch eine Schachtel mit euren Kinderzeichnungen.«

      »Ich bin lange nicht mehr in diesem Zimmer gewesen«, antwortete Daniel versonnen.

      »Dann solltest du es bald einmal tun. Für mich ist es das schönste Zimmer des Hauses«, erwiderte Lilly lächelnd.

      »Das hat Mama auch immer gesagt; erinnerst du dich noch, Robert?« wandte sich Daniel an seinen Bruder.

      »Nein.« Robert klang nicht unfreundlich, aber leicht gelangweilt. Ihn interessierten diese kleinen Streiflichter aus seiner Kindheit nicht. Er wollte seinen Arm um Lillys Schultern legen, aber genau in diesem Augenblick stand sie vom Sofa auf.

      »Ich bringe jetzt die andere Mappe in die Bibliothek und dann gehe ich ins Bett. Morgen wollen Rautende und ich die Kleinigkeiten für die Ausstellungseröffnung und die anschließende kleine Party hier vorbereiten. Ich wünsche euch allen eine gute Nacht«, verabschiedete sich Lilly.

      Auch Leopold und Alexandra brachen zur Abendrunde mit Lotta durch den Park auf und gingen dann in ihr Zimmer. Während sie durch die sommerliche Dunkelheit gingen, die von den freundlich erleuchteten Fenstern des Hauses erhellt wurde, fragte Leopold seine Frau vorsichtig: »Und? Was hältst du von Daniels Bruder?«

      »Hm, das ist schwierig zu sagen, noch kennen wir ihn nicht gut genug«, antwortete Lillys Patentante. »Er ist intelligent, freundlich und charmant, aber ich finde ihn zu bemüht, immer in gutem Licht dazustehen. Daniel ist zurückhaltender, aber aufrichtig, und ich glaube, dass Lilly es ähnlich sieht.«

      »Ja, die Brüder sind sich nicht sehr ähnlich«, stimmte ihr Mann zu.

      »Nein, und ich bin froh, dass mir Daniel seine Hilfe angeboten hat, nicht Robert. Die Auseinandersetzung wegen des Guts gefällt mir nicht. Es ist zu spüren, welcher der beiden Brüder hierher gehört«, erwiderte Alexandra energisch. Sie schaute zum Haus hinüber, bei deren vorderen Zimmern bis auf die Bibliothek nacheinander die Lichter erloschen und schob ihren Arm unter den ihres Mannes. In einträchtigem Schweigen ging das Ehepaar zurück.

      Lilly hatte sich im Bad fertig gemacht und bereits ausgezogen, als ihr Sybilles Mappe wieder einfiel. Vielleicht wollte ihre Patentante noch heute Abend einen Blick auf die Arbeiten werfen? Die junge Frau schlüpfte in ihren Kimono und lief barfuß durch den Flur und die Halle hinüber zur Bibliothek. Dort war es dunkel bis auf eine Leselampe, die neben dem bequemen Ohrensessel am Fenster stand. Rasch legte Lilly die Mappe auf den Schreibtisch und wollte wieder gehen, aber vorher noch die vergessene Lampe ausmachen. Sie trat um den Sessel herum und fuhr mit einem erstickten Aufschrei zurück.

      »Meine Güte, hast du mich erschreckt! Ich dachte nicht, dass noch jemand hier ist«, stammelte sie und presste die Hand auf ihr wild rasendes Herz.

      »Nun, lieber ich als irgendein Einbrecher, gell?«, antwortete Daniel. Er hielt ein aufgeschlagenes Buch in der Hand und lächelte verschmitzt.

      Lilly hatte sich von dem Schreck erholt, aber plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie barfuß und nur mit einem kurzen Kimono bekleidet vor Daniel stand. Verlegen raffte sie den Ausschnitt des seidigen Kleidungsstücks zusammen und strich sich mit der anderen Hand ihre langen Haare aus dem Gesicht.

      »Du solltest gar nicht hier sein«, sagte sie nicht besonders logisch.

      »Du auch nicht«, antwortete Daniel langsam.

      »Ich, ähm, wie geht es dir inzwischen? Mit dem Medikament meine ich«, stotterte Lilly konfus.

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