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und so sieht man denn, daß sie besser ist als die Ehre, die man empfängt, und daß die Freundschaft an sich begehrenswert ist.

      Sie liegt aber mehr im Lieben als im Geliebtwerden. Das zeigen die Mütter, deren Freude es ist, zu lieben. Manche Mütter lassen ihre Kinder von anderen ernähren und schenken ihnen bewußte Liebe, verlangen aber keine Gegenliebe, wenn beides zusammen nicht sein kann, sondern halten sich schon für glücklich, wenn sie nur sehen, daß es ihren Kindern gut geht, und sie haben sie lieb, auch wenn diese aus Unwissenheit ihnen nichts von dem erweisen, was der Mutter gebührt.

      Zehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Da aber die Freundschaft mehr im Lieben liegt und diejenigen Lob ernten, die ihre Freunde lieben, so erscheint als die Tugend der Freunde das Lieben, daher die, bei denen das nach Würdigkeit und Verhältnis geschieht, (1159b) beständige Freunde sind und ihre Freundschaft ebenfalls. So kann es noch am ehesten geschehen, daß Ungleiche Freunde sind, weil so unter ihnen Gleichheit hergestellt wird. Gleichheit und Übereinstimmung ist aber Freundschaft, besonders die Übereinstimmung in der Tugend. Da nämlich die Tugendhaften an sich beständig sind, bleiben sie es auch gegen einander und bedürfen so wenig des Schlechten, als sie dazu helfen, ja, sie würden, wenn überhaupt unter Guten davon die Rede sein könnte, es verhindern. Ist es doch den Tugendhaften eigen, weder selbst zu fehlen, noch es ihren Freunden zu gestatten. Die Lasterhaften haben keine Beständigkeit, da sie nicht einmal sich selbst gleich bleiben, doch werden sie auf kurze Zeit Freunde unter sich, da der eine an der Schlechtigkeit des anderen Gefallen findet. Länger dauert die Freundschaft derer, die einander nützlich oder angenehm sind, so lange nämlich, als sie sich gegenseitig Vergnügen oder Vorteile gewähren.

      Unter Personen von entgegengesetzten Verhältnissen und Eigenschaften scheint besonders die auf dem Nutzen beruhende Freundschaft vorzukommen, wie die Freundschaft zwischen dem Reichen und dem Armen, dem Unwissenden und dem Unterrichteten. Denn jeder begehrt nach dem, was ihm mangelt, und gibt dafür anderes als Gegengabe. Man kann dahin auch den Liebhaber und den Liebling, den Schönen und den Häßlichen zählen. Daher machen sich auch die Liebhaber mitunter lächerlich, wenn sie so geliebt sein wollen, wie sie lieben. Das kann man ja vielleicht verlangen, wenn man gleich liebenswert ist; hat man aber nichts derartiges an sich, so ist es lächerlich. Vielleicht strebt aber auch Entgegengesetztes nicht an sich nach Entgegengesetztem, sondern mitfolgend, und geht das Verlangen eigentlich nach dem Mittleren; denn dieses ist gut. So ist es dem Trockenen nicht gut, wenn es naß wird, sondern wenn es den Zustand der Mitte gewinnt, ähnlich dem Warmen und so weiter. Doch wollen wir uns hierauf nicht weiter einlassen, da es weniger in den gegenwärtigen Zusammenhang gehört.

      Elftes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Man darf aber, wie wir schon eingangs bemerkt haben, wohl annehmen, daß die Freundschaft es mit denselben Dingen und Personen zu tun hat wie das Recht. Denn in jeder Gemeinschaft scheint es, wie ein Recht, so auch eine Freundschaft zu geben. Reden sich doch die Gefährten einer Seereise, die Kriegsgenossen und gleicherweise wer in sonst einer Gemeinschaft steht, als Freunde an. So weit man in Gemeinschaft steht, so weit gibt es eine Freundschaft, weil auch ein Recht. Darum ist das Sprüchwort ein wahres Wort: »Freundesgut, gemeinsam Gut«; denn die Freundschaft besteht in Gemeinschaft.

      Unter Brüdern und solchen, die sich wie Brüder sind, ist alles, unter anderen sind nur bestimmte Dinge gemeinsam, teils ihrer mehr teils weniger, wie ja auch die Freundschaften teils enger teils weiter sind. So ist auch (1160a) das Recht nicht überall das Gleiche. Das Recht der Eltern gegenüber den Kindern ist ein anderes als das Recht unter Brüdern, das Recht unter engverbundenen Gefährten ein anderes als das unter Mitbürgern, und ähnlich hat jede andere Freundschaft ihr besonderes Recht. Folgerichtig ist auch das Unrecht gegen jede dieser Klassen von Personen ein anderes und wird um so größer, je näher einem die Freunde sind, gegen die es sich richtet; so ist es ein größerer Frevel, einen Busensfreund seines Geldes zu berauben als einen Mitbürger, einem Bruder nicht zu helfen als einem Fremden, seinen Vater zu schlagen als einen beliebigen anderen Menschen. Daß das Recht in dieser Weise zugleich mit der Freundschaft wächst, liegt in der Natur der Sache, da beide es mit denselben Personen zu tun haben und sich sachlich gleich weit erstrecken.

      Alle Gemeinschaften haben aber Ähnlichkeit mit Teilen der staatlichen Gemeinschaft. Denn man vereinigt sich in ihnen um eines bestimmten Nutzens willen, und um sich etwas zu verschaffen, was man zum Leben bedarf. Der Nutzen scheint es aber auch zu sein, der die staatliche Gemeinschaft ursprünglich ins Leben gerufen hat und sie seitdem erhält. Denn der Nutzen ist das Ziel der Gesetzgeber, und als Recht bezeichnet man was dem gemeinen Wesen frommt. Die anderen Gemeinschaften nun verfolgen je einen besonderen oder partikulären Vorteil, so die Schiffahrtsgenossen den aus der Seefahrt erwachsenden Gewinn, Gelderwerb und dergleichen, die Kriegsgenossen jenen Gewinn, den der Krieg abwirft; sei es nun Beute oder Sieg oder die Eroberung einer Stadt, worauf sie ausgehen; das Gleiche ist der Fall bei den Angehörigen einer Phyle oder eines Demos.

      Einige Gemeinschaften scheinen des Vergnügens halber zu bestehen; so die Kult- und Gastmahlsverbände, die der Opfer und der Geselligkeit wegen da sind. Von allen diesen Verbindungen kann man aber sagen, daß sie unter der staatlichen Gemeinschaft stehen. Denn diese zielt nicht auf den Nutzen des Augenblicks ab, sondern umfaßt das gesamte Leben (die Zwecke der anderen Verbände aber ordnen sich insgesamt dem Staatszwecke unter, und das gilt auch von Geselligkeitsvereinen nach Art der eben genannten) [Der Text scheint verderbt. Die Parenthese soll das etwa Ausgefallene geben.] Man bringt da Opfer dar, findet sich im Anschluß daran freundschaftlich zusammen und weiß so gleichzeitig die Götter zu ehren und sich selbst eine angenehme Erholung zu verschaffen. Man scheint nämlich die alten Opfer und Festversammlungen als eine Art Erstlingsfeier auf die Zeit nach dem Einbringen der Früchte verlegt zu haben, weil man da am meisten Muße hatte.

      So sieht man denn, daß alle Gemeinschaften Teile der staatlichen Gemeinschaft sind. Nach ihnen aber müssen sich je und je die entsprechenden Freundschaften richten.

      Zwölftes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Staat aber hat drei Arten oder Formen, und es gibt ebensoviele Ausartungen, gleichsam Verderbnisse dieser Formen. Die Staatsformen sind das Königtum, die Aristokratie und drittens die auf dem Zensus beruhende Verfassung, die man eigentlich als Timokratie bezeichnen sollte, die aber meistens Verfassung schlechthin oder Freistaat genannt wird.

      Von diesen ist die beste das Königtum, die schlechteste die Timokratie. Die Ausartung des Königtums ist die (1160b) Tyrannis, die Gewaltherrschaft. Beide sind Alleinherrschaften, aber sehr stark von einander verschieden. Der Tyrann ist auf seinen eigenen Vorteil bedacht, der König auf das Wohl seiner Untertanen. Denn König kann nur sein wer sich selbst genügt und durch den Besitz aller Güter die anderen überragt. So ausgestattet bedarf er niemandes und sucht, nicht was ihm, sondern was den Untertanen frommt. Wäre er nicht so ausgestattet, so wäre er nur ein durch das Loos gewählter König. Die Tyrannis ist das Gegenteil vom Königtum. Denn der Tyrann verfolgt seinen eigenen Vorteil. Auch ist es bei ihr so recht augenscheinlich, daß sie die schlechteste Staatsform ist; das aber ist das Schlechteste, was das Gegenteil vom Besten ist.

      Das Königtum geht in Tyrannis über, insofern diese eine Entartung der Monarchie, der Alleinherrschaft, ist und ein nichtswürdiger König zum Tyrannen wird. Die Aristokratie aber geht in Oligarchie über durch die Schlechtigkeit der Machthaber, die die Güter des Staats wider Verdienst verteilen, alles oder das meiste davon für sich behalten, die Ämter immer in die gleichen Hände legen und den Reichtum als das höchste Glück ansehen. Da regieren also Wenige und Schlechte an stelle der Tugendhaftesten und Tüchtigsten. Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen

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