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die körperlichen, mit denen es der Unmäßige zu tun hat. – Warum sind denn die diesen entgegengesetzten Unlustgefühle schlecht, da doch dem Schlechten das Gute entgegengesetzt ist? Oder sind die notwendigen Lustgefühle gut wie das, was nicht schlecht ist? Oder sind sie bis zu einer bestimmten Grenze gut? Denn ist in einem Habitus oder einer Bewegung kein Überschreiten des rechten Maßes möglich, so ist auch in der entsprechenden Lust kein Übermaß möglich; überall aber, wo der Habitus oder die Bewegung ein Übermaß zuläßt, da läßt auch die Lust eines zu. Nun gibt es aber in den sinnlichen Gütern ein Übermaß, und der Schlechte ist schlecht, weil er das Übermaß und nicht die notwendige Lust begehrt. Denn alle Menschen erfreuen sich einigermaßen an guten Speisen, Weinen und Geschlechtsgenuß, aber nicht alle in gebührender Weise. Mit der Unlust ist es entgegengesetzt: nicht ihr Übermaß flieht der Unmäßige, sondern er flieht sie gänzlich. Denn die Unlust ist nicht dem Übermaße entgegengesetzt, außer für den, der das Übermaß begehrt217.

      Fünfzehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Man muß aber nicht blos die Wahrheit darlegen, sondern auch die Ursache des Irrtums, da das die Glaubhaftigkeit der Behauptungen mehrt; denn wenn man den Grund eingesehen hat, aus dem der Irrtum als Wahrheit erscheint, da er es doch nicht ist, so bestimmt uns das, der Wahrheit desto entschiedener beizupflichten. Wir wollen daher erklären, warum die körperlichen Lüste und Ergötzungen vor den anderen begehrenswert erscheinen.

      Der erste Grund ist also, daß die körperliche Lust die Unlust vertreibt und man wegen des Übermaßes der Unlust die übermäßige und überhaupt die körperliche Lust als eine Arznei begehrt. Die Arzneien aber erhalten die Intensität ihrer Wirkung, die sie gerade zum Gegenstande des Verlangens macht, dadurch, daß sie neben und gegenüber ihrem Gegenteil erscheinen. So sind es denn auch diese beiden Gründe, weshalb die Lust einigen Philosophen wie gesagt nichts gutes zu sein scheint: die auf sie gerichteten Handlungen kommen teils von einer schlechten Natur, sei sie nun wie beim Tiere von Haus aus schlecht oder wie bei den Menschen durch Gewöhnung, teils sind sie Arzneien und erscheinen so als schlecht, weil sie ein Bedürfnis voraussetzen und Haben besser ist als Werden. (1154b) Die Lust aber begleitet in diesem Falle den Durchgang zur Vollendung und ist darum nur mitfolgend gut.

      Der zweite Grund ist, daß diese Lustgefühle wegen ihrer Stärke oder Heftigkeit von denen erstrebt werden, die sich an anderen Freuden nicht ergötzen können, daher sie sich selbst eine Art Durst darnach erregen. Sind sie nun unschädlich, so mag man es nicht grade tadeln, und nur, wenn sie schädlich sind, ist es schlimm und verwerflich. Denn die Menschen haben einerseits nichts anderes, um sich daran zu ergötzen, und auf der anderen Seite ist ein Zustand, wo man weder Lust noch Unlust fühlt, für viele wegen der Eigenart unserer Natur schon so gut wie Unlust. Denn das Sinnenwesen ist immer angestrengt, wie auch die Physiologen bezeugen, die uns sagen, das Sehen und Hören errege Unlust, nur daß wir, wie sie meinen, daran gewöhnt sind. Gleicherweise ist man in der Jugend wegen des Wachsens in einer ähnlichen Verfassung wie ein Betrunkener; auch ist die Jugend süß und weckt so schon von selbst das Verlangen nach Freude. Die melancholischen Naturen aber bedürfen stets einer Arznei. Denn ihr Körper erleidet wegen der Säftemischung beständig eine Art Nagen und sie befinden sich stets im Zustande heftiger Begierde. Die Unlust aber wird durch die Lust verdrängt, durch die entgegengesetzte und jede andere, wenn sie nur stark ist, und so kommt es, daß der Melancholiker leicht unmäßig und schlecht wird.

      Von Enthaltsamkeit und Unenthaltsamkeit also und von Lust und Unlust hätten wir jetzt gehandelt und hätten erklärt, was jedes ihrer ist, und wie das eine darunter ein Gutes, das andere ein Schlechtes ist. Nun bleibt uns noch die Freundschaft zu erörtern übrig.

       Inhaltsverzeichnis

      Erstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Ferner ist sie fürs Leben das Notwendigste. Ohne Freundschaft möchte niemand leben, hätte er auch alle anderen Güter. Der Reiche, der Herrscher und der Mächtige scheint der Freunde ganz besonders zu bedürfen. Denn was nützte ihm die Gunst des Schicksals, wenn ihm die Möglichkeit entzogen würde, jenes Wohltun zu üben, das man am besten und lobenswürdigsten gegen Freunde beweist? Oder wie ließe sich das Glück ohne Freunde hüten und wahren? Es ist ja um so unsicherer, je größer es ist. In Armut und sonstiger Not aber gilt der Freund als die einzige Zuflucht. Den Jünglingen erwächst aus der Freundschaft Bewahrung vor Fehltritten, den Greisen die wünschenswerte Pflege und Ersatz für das, was ihre Schwäche selbst nicht mehr vermag, dem starken Manne Förderung zu jeder guten Tat.

      »Gehn zwei Männer gesellt . . . .«

      Ja, die Natur selbst scheint sie dem Erzeuger gegen das Erzeugte, und umgekehrt, eingepflanzt zu haben, nicht nur unter den Menschen, sondern auch unter den Vögeln und den meisten anderen Tieren; sie hat diesen Trieb den Wesen gleicher Abstammung gegen einander verliehen, besonders den Menschen, daher wir die Philanthropen, die Menschenfreunde, loben. In der Fremde kann man's sehen, wie nah verwandt der Mensch dem Menschen ist und wie befreundet.

      Freundschaft ist es auch, die die Staaten erhält und den Gesetzgebern mehr am Herzen liegt als die Gerechtigkeit. Denn die Eintracht ist offenbar mit ihr verwandt, und auf diese ist das Hauptaugenmerk der Staatslenker gerichtet, während sie die Zwietracht als eine Feindschaft am meisten zu verbannen bemüht sind.

      Auch bedarf es unter Freunden der Gerechtigkeit nicht, wohl aber unter Gerechten der Freundschaft als einer Ergänzung der Gerechtigkeit, und das höchste Recht wird unter Freunden angetroffen.

      Doch nicht blos notwendig ist sie, auch schön, auch sittlich gut. Den Sinn für Freundschaft erheben wir mit Lob, und den Besitz vieler Freunde halten wir für schön,

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