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sah ich mich auf meinem Gang sehr vor, daß ich niemandem von der Besatzung der »Elli« in die Hände lief, und lebte immer in der Angst, daß man mich festnehmen könnte. Einmal wurde ich von einem Manne mit forschenden Fragen angesprochen. Ich tat, als ob ich ihn nicht verstände, und drückte mich schleunigst in die Menschenmenge, die an diesem Markttage gerade die Straßen füllte.

      Endlich brachten mich zwei kleine Jungen zu ihrem Vater, einem alten Kreolen, der mir für einen Dollar für zwei Tage Unterkunft in seinem Hause versprach.

      In dem freundlichen, hölzernen Gebäude, das er bewohnte, befand sich unten zu ebener Erde ein kleines Zimmer, das ihm wohl als Rumpelkammer diente; denn es waren dort alle möglichen Geräte – unter anderem ein Ballen Kokosmatten – aufgestapelt. Dieser Raum wurde mir angewiesen. Der älteste Junge brachte eine Hängematte. Als er sie aufhängen wollte, schlüpfte ein großer Skorpion heraus, den der Junge mit einem Stecken totschlug.

      8. Kapitel: Wieder eingefangen

       Inhaltsverzeichnis

      Ich suchte mir mein neues Heim recht behaglich einzurichten. Meine wenigen Habseligkeiten hatte ich ausgepackt und die nassen Kleider zum Trocknen auf eine Leine gehängt. Dann unterhielt ich mich mit den beiden Jungen meines Wirtes und einigen anderen schwarzen und gelben Bengels, die sich bei mir eingestellt hatten. Sie staunten, als sie hörten, daß eine Ananas, die hier auf dem Markt für fünf Cents verkauft wurde, in Deutschland ein bis zwei Dollar kostete.

      Ich forderte die Kinder auf, mir Schlangen, Muscheln und so weiter zu bringen, und ließ mir für mein letztes Geld Brot und Käse, Tinte, Feder, Notizbuch und einen breitkrempigen Strohhut für zwanzig Cents holen, so wie man ihn allgemein dort trug.

      Die Jungen waren freundlich zu mir und brachten mir Ananas in solcher Fülle, daß ich mir gar nicht mehr die Mühe nahm, sie abzuschälen, sondern einfach einen viereckigen Würfel herausschnitt und das übrige wegwarf.

      In meinem Salon stand ein alter Schreibtisch. An diesem saß ich nun so glücklich wie nie zuvor in mei nem Leben und trug in mein Notizbuch die Begebenheiten der letzten Tage ein.

      Ich war mir klar darüber, daß ich, wenn mich die Polizei erwischte, auf die »Elli« zurückgebracht würde und mich dann ohne Gehalt nach Deutschland zurückarbeiten müßte. Außerdem hatte ich auch Strafe und auf jeden Fall eine noch schlechtere Behandlung als zuvor zu erwarten.

      Aber ich war sehr mutig geworden und getraute mich sogar, nur mit Hemd und Hose, wie ein Eingeborener gekleidet, auf die Straße. Der Kreole und ein altes Monstrum, das ich zuerst für einen Mann hielt, das aber eine alte Frau und anscheinend die Mutter meines Wirtes war, erwiesen sich als überaus gut zu mir.

      Ich bekam morgens einen herrlichen Kaffee mit Milch und Honig gemischt und zu Mittag einen Teller mit Reis, Gemüse und Fleisch. Dann wurde ich von der Mutter des alten Klark – so hieß mein Wohltäter – gerufen, um ein wenig mit ihr zu plaudern. Die alte, ziemlich beleibte Dame saß auf einem Schaukelstuhl in einem reinlichen Zimmer, dessen Jalousien heruntergelassen waren. Mit einer feinen, weichen Stimme, die im Kontrast zu der Erscheinung stand, forderte sie mich auf, neben ihr Platz zu nehmen. Ich bemerkte dabei, daß sie blind war.

      Sie befragte mich nach Woher und Wohin, und ich erzählte ihr von meiner Heimat, von meinen Eltern, meinem Schiff, meiner Flucht, und dann sagte ich ihr, wie es mir in ihrem Hause so gut gefiele.

      Dabei hatte ich Gelegenheit, das Zimmer und seine Einrichtung zu mustern. Das Haus war auf Pfählen erbaut. Eine hölzerne Treppe führte über eine Veranda in zwei hohe Räume, mit denen sich die ganze Familie begnügen mußte. Wir saßen im vordersten Zimmer, dessen Fußboden weiß gescheuert war. Die gestrichenen Wände und die grünen Jalousien vor den Fenstern machten den Eindruck wohltuender Sauberkeit. Sonst befanden sich nur zwei mit Moskitonetzen verhängte Betten, ein Diwan, ein Tisch und an den Wänden mehrere Druckbilder in dem Zimmer.

      Auf dem Hof stand eine große Wassertonne, wohin das Regenwasser vom Dach geleitet wurde.

      Den zoologischen Bestand dieser idyllischen Farm bildeten ein Pferd, eine Kuh und mehrere Hühner.

      Im übrigen standen im Garten und vor dem Haus noch Kokospalmen und andere, mir aber unbekannte Bäume.

      Ich beobachtete zwei schöne Kreolinnen, die etwa im Alter von 15–20 Jahren sein mochten. Sie trugen weiße, weiche Kleider, die ihnen reizend standen. Fleiß schien allerdings nicht ihre Haupttugend zu sein, denn ich sah sie nie anders als sich kämmend oder lesend. Klarks freundliches Anerbieten, mit bei ihm oben zu wohnen, schlug ich aus. Meine romantische Holzbude gefiel mir ausgezeichnet.

      Der ältere der beiden Jungen hatte mich vor Dieben und anderem Gesindel gewarnt, das sich nächtlicherweise umhertreiben sollte. Er sagte mir, wenn ich nachts jemand kommen hörte, sollte ich dreimal fragen: »What do you want?« Wenn dann keine Antwort erfolge, könne ich ohne weiteres jeden, den ich erwische, totschießen oder totstechen. Er stellte mir auch für alle Fälle eine Blendlaterne zur Verfügung.

      In der ersten Nacht, nachdem ich diese Instruktion erhalten hatte, erwachte ich von einem Geräusch an meiner Tür. Ich richtete mich in meiner Hängematte auf. Meine Lampe hatte ich brennen lassen. Ganz deutlich hörte ich etwas an meiner Tür poltern. »What do you want?« rief ich, der erhaltenen Anweisung eingedenk, während ich mein langes Messer aus dem Kokosballen zog. – Keine Antwort, aber das Geräusch dauerte fort. »What do you want?« fragte ich zum zweiten und dann zum dritten Male, aber niemand antwortete, und das unheimliche Rumoren wurde nicht unterbrochen. Es klang, als ob jemand mit einem Instrument sich an meiner Tür zu schaffen machte. Mein Messer bereit haltend, wartete ich nun ab, was weiter geschehen würde. Ein Mahagonistock, den mir ein Negerjunge geschenkt hatte und den ich gegen die Tür gelehnt hatte, fiel plötzlich polternd zu Boden, und dann zeigte sich die Ursache der nächtlichen Störung.

      In der Tür befand sich unten über der Schwelle ein etwa eigroßes Loch. Durch diese Öffnung arbeitete sich auf fast unerklärliche, aber höchst geräuschvolle Weise ein riesiger Taschenkrebs durch, der mit ausgestreckten Beinen von tellergroßem Umfang war. Das Tier krabbelte langsam an den Wänden entlang einmal im Kreis durch mein Zimmer und verschwand dann wieder durch dasselbe Loch. Ich aber streckte mich beruhigt wieder in meinem Schaukelbette aus.

      Ich hatte dem alten Klark mitgeteilt, daß ich gern irgendeine Stellung annehmen würde, einesteils, weil ich nicht ganz müßig bleiben, und andernteils, weil ich meinem gütigen Wirt doch eine Entschädigung zahlen wollte. Die Frau hatte mir gesagt, Herr Klark würde sich nach einer Beschäftigung für mich umsehen, und wenn ich dann wolle, könne ich ihnen einen Penny von meinem Verdienst abgeben. Im übrigen, hatte sie hinzugefügt, solle ich sie wie eine Mutter betrachten.

      Eines Morgens nach dem Tee forderte mich der Kreole auf, mit ihm zu gehen. Sehr erfreut machte ich mich auf den Weg, erschrak aber sehr, als mein Führer seine Schritte nach dem Laden von Winzerling lenkte. Er dachte in seiner Gutmütigkeit natürlich, daß mich mein Landsmann am ehesten annehmen würde. Ich schämte mich, ihm zu sagen, wie widerlich mir dieser deutsche Jude erschien. Klark stellte mich also Herrn Winzerling vor und fragte, ob er mich nicht anstellen könne. Der Jude zuckte mit scheinheiligem Bedauern die Achseln und sagte: »Ich kann Ihnen keine Arbeit geben. Meine Leute wissen selbst nicht, was sie tun sollen. Es ist schwer, jetzt in Belize Arbeit zu finden.«

      Wir versuchten nun in verschiedenen anderen, englischen Läden unser Heil, aber überall wies man mich ab, hauptsächlich deswegen, weil ich die englische Sprache und die englischen Gewichtsmaße nicht beherrschte. Zuletzt traten wir in ein großes Warenhaus ein, an dem der Name »James Brody« stand.

      Im Kontor standen eine Menge Schreiber an hohen Pulten. Während Mr. Klark mit dem ihm befreundeten Brody unterhandelte, hatte ich Muße, das Treiben in dem Geschäft zu betrachten.

      Ein alter Neger forderte mit weinerlicher Stimme Geld für irgend etwas. Da er sich nicht abweisen ließ, drückte ihm einer der Herren, anscheinend ein höherer Angestellter, eine Papierrolle in die Hand. Der Neger

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