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gegenwärtig zu sein. Er nahm am Palmsonntage an der Prozession teil, und als er bemerkte, daß der hölzerne, auf Rädern laufende Palmesel durch die Stadtbüttel gezogen wurde, sagte er: »Haben die Herren von Hall sonst niemand, das Bild Christi zu führen, als die Schergen?« was den Anlaß gab, daß zwei Ratsherren an die Stelle der Büttel traten, bis die Reformation den ganzen Brauch aufhob. Im November des Jahres 1495 zog der Kaiser spät abends mit 350 Pferden ein, um die Huldigung entgegenzunehmen, die am folgenden Tage auf dem Markt durch Rat und Bürgerschaft geleistet wurde. Am Nachmittage fand auf Maximilians Wunsch ein Tanz der Geschlechter auf dem Rathause statt. Bei einem folgenden Besuche stieg der Kaiser bei Michael Senfft ab, der im Schwabenkriege den Haller Zuzug geführt und sich so ausgezeichnet hatte, daß der Kaiser ihn nach der Schlacht mit einem Pferde beschenkte. Damals soll es vorgekommen sein, daß ein fahrender Bettler den Kaiser als seinen Bruder ansprach, weil sie beide von Adam abstammten. Der Kaiser soll ihm einen Kreuzer gegeben und gesagt haben: »Gang hin und heiß dir einen jeden Bruder von Adam her einen Kreuzer geben, so wirst du reicher werden, als ich bin!« Ein heikler Besuch in veränderter Zeit war der Karls V., von dem die evangelische Stadt Hall fürchtete, er werde ihr Zwang in Glaubenssachen antun. Er kam mit 800 Pferden und einem Gefolge, das, wie er selbst, einfach und ganz und gar in Schwarz gekleidet war, weil er um seine verstorbene Frau Juana trauerte; auch die Ratsherren, die ihm entgegenritten, trugen sich schwarz. Vier Ratsherren hielten den schwarzen damastenen, mit goldenen Adlern bestickten Baldachin über ihn, während er einzog, Herolde trugen ihm einen goldenen Adler und ein goldenes Schwert voran. Im Haufe Hermann Büschlers am Markt, das noch steht, stieg er ab, nahm den goldenen, mit Dukaten gefüllten Pokal entgegen, den man ihm überreichte, und gab dann seiner gnädigen Gesinnung gegen die Stadt Ausdruck. Beim Essen, das am anderen Tage in der Frühe stattfand, gab es unter anderem: Weinbeeren, Maien in Schmalz gebacken, Eier doppelt übereinandergestürzt, gedämpfte kleine Rübchen, gebackene Schnitten, Torten, Erbsensuppe, dürre Forellen, Stockfisch, blaue Karpfen, heißen Hecht, gebratene Birnen, Reis mit Mandelmilch, Fladen und Konfekt. Dazu nahm der Kaiser dreimal einen Schluck Wein aus einem venezianischen Glase. Nach dem Essen, es war um elf Uhr, fand die Huldigung statt. Dabei ereignete es sich, daß, als die anwesenden Ratsherren zwei Fenster aushoben, wo der Kaiser und der Kanzler standen, vermutlich damit er besser sehen und gesehen werden könne, und einem der Herren das schwere Fenster aus der Hand gleiten wollte, daß der Kaiser, um es zu verhindern, zugriff. »Dies Stück der Demut,« sagt der Chronist, »hat allen Menschen wohlgefallen.« Nach erfolgter Huldigung verabschiedete sich Karl, indem er dem Städtmeister und einigen Ratsherren die Hand gab, und brach nach Crailsheim auf, von den Hallern bis an die Grenze ihres Gebiets geleitet. Dort erwartete ihn der Markgraf Georg von Brandenburg, begrüßte die Majestät und sagte zu denen von Hall: »Da hat euer Geleit ein End.« Nachdem sie erwidert hatten: »Ja!« sagte er weiter: »So hebt meines an,« womit die Zeremonie beendet war. Bis Hall hatten die Hohenlohe das Geleit gehabt.

      Der letzte Kaiser, den die Stadt Hall einziehen sah, war der den Protestanten freundlich gesinnte Maximilian II.; er kam einmal mit der ganzen Familie, der Kaiserin, den Prinzen und Prinzessinnen, ein anderes Mal mit der Kaiserin. Der letzte Krieg, an dem die Haller sich beteiligten und der ihnen teuer zu stehen kam, war der schmalkaldische; der Kaiser ließ sich die verscherzte Gnade mit vielem Gelde abkaufen.

      Reformator der Stadt war Johannes Brenz, nicht aus Hall, sondern aus Weilderstadt gebürtig, wo sein Vater Stadtschultheiß war. Auf der Heidelberger Universität befreundete er sich mit einigen jungen Hallern, die ihn seiner der neuen Lehre geneigten Vaterstadt empfahlen. Brenz war unbedingter Anhänger Luthers. Sehr jung, mit zweiundzwanzig Jahren, wurde er Prediger an der Michaelskirche und Ausgangs- und Mittelpunkt der reformatorischen Bewegung. Er war ein Mann von unbeugsamer Überzeugungstreue, tatkräftig, gewissenhaft und furchtlos, durch seine Sittenstrenge manchem unbequem. Als er im Jahre 1548 dem Stadtrat zuredete, das sogenannte Interim nicht anzunehmen, verlangte der Kaiser seine Auslieferung, was einem Todesurteil gleichkam. Der Rat mußte schwören, von dem kaiserlichen Auftrage nichts verlauten zu lassen. Es wird erzählt, daß durch einen seltsamen Zufall einer der Ratsherren, Philipp Büschler, das Ratszimmer erst betreten habe, als der Eid schon geleistet gewesen sei. Er habe eilig auf einen Zettel die Worte geschrieben: fuge fuge Brenti cito citius citissime! und habe einen Boten damit zum Pfarrer geschickt. Brenz soll gerade mit Frau und Kindern beim Mittagessen gewesen sein, als er abgerufen wurde und von dem im Hofe wartenden Boten den Zettel empfing. Ohne noch einmal ins Haus zurückzukehren, ging er sofort dem nächsten Stadttor zu. Unterwegs, so heißt es, begegnete ihm der kaiserliche Kommissar und fragte, wohin er gehe? »In die Vorstadt zu einem Kranken,« antwortete Brenz; worauf ihn der Kommissar für den folgenden Tag zum Mittagessen einlud. »So Gott will,« soll Brenz erwidert haben. Er fand zunächst ein Asyl bei demselben Schenken Erasmus, der einige Jahre vorher die Limpurg der Stadt verkauft hatte. Seine damals schon schwindsüchtige Frau sah Brenz nicht wieder. Mit seinem Sohne starb die Familie aus.

      Der Dreißigjährige Krieg verwüstete Hall weniger als viele andere Orte, kostete der Stadt aber dreieinhalb Millionen Gulden und ein Drittel der Bevölkerung. Es ist zu verwundern, wieviel eine Stadt, die kaum jemals mehr als 8000 Einwohner hatte, leisten konnte. Allerdings verfügte sie über ein ansehnliches Gebiet mit drei Städten, 21 Pfarrdörfern und Weilern und Höfen und 20 875 Einwohnern. Als Hall an Württemberg überging, brachte es Schulden von beinah anderthalb Millionen Gulden mit, aber auch einen Schatz an unvergänglicher Schönheit und kostbarer Erinnerungen.

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