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nicht ewig behalten konnte. Er belehrt den Sohn, nicht damit er sie mit ihm besitze, sondern daß er sie nach ihm besitzen soll. Meine Brüder, wenn der Vater den Sohn als seinen Nachfolger belehrt, und wenn der, den er belehrt, selbst auch ebenso an all dem vorbeigehen wird, an dem sein Lehrer vorübergehen wird, wie soll dann uns unser Vater erziehen, dem wir nicht nachfolgen, sondern zu dem wir gelangen224 und mit dem wir auf ewig in der Erbschaft bleiben werden, eine Erbschaft, die nicht dahinwelkt, noch stirbt, noch Hagelschauer kennt? Er selbst ist die Erbschaft und der Vater zugleich. Ihn werden wir einst besitzen, und wir sollten jetzt nicht erzogen werden? Nehmen wir also die Züchtigung des Vaters auf uns. Lasset uns nicht, wenn uns der Kopf schmerzt, zu Zauberern gehen, zu Wahrsagern und Heilmitteln des Wahnes. Mein Brüder, soll ich euch nicht bedauern? Täglich muß ich die Erfahrung machen, daß solche Dinge vorkommen, und was soll ich tun? Kann ich Christen noch nicht überzeugen, daß man seine Hoffnung auf Christus setzen müsse? Siehe, wenn einer, der ein Zaubermittel angewendet hat, stirbt (denn wie viele sind mit solchen Mitteln gestorben, und wie viele sind ohne solche Mittel am Leben geblieben?), mit welcher Stirne ist seine Seele zu Gott gegangen? Sie hat das Zeichen Christi verloren, das Zeichen des Teufels empfangen. Oder sagt er vielleicht: Ich habe das Zeichen Christi nicht verloren? Also hast du das Zeichen Christi zugleich mit dem Zeichen des Teufels gehabt? Christus will keinen gemeinsamen Besitz, sondern er will allein besitzen, was er erkauft hat. Er hat es so teuer erkauft, um es allein zu besitzen; du gibst ihm zum Genossen den Teufel, dem du dich durch die Sünde verkauft hast. „Wehe denen, die doppelten Herzens sind“225, die in ihrem Herzen einen Teil Gott geben, einen andern Teil dem Teufel geben. Erzürnt darüber, daß dort ein Teil dem Teufel gehört, geht Gott hinweg, und der Teufel wird das Ganze besitzen. Nicht umsonst sagt daher der Apostel: „Gebet dem Teufel keinen Raum“226. Laßt uns also, Brüder, das Lamm erkennen, laßt uns unsern Lösepreis erkennen.

       8.

      ] „Es stand Johannes da und zwei von seinen Jüngern.“ Siehe, zwei von den Jüngern des Johannes; weil Johannes, der Freund des Bräutigams von solcher Art war, suchte er nicht seine Ehre, sondern gab der Wahrheit Zeugnis. Wollte er etwa, daß seine Jünger bei ihm blieben, um nicht dem Herrn zu folgen? Vielmehr er zeigte den Jüngern, wem sie folgen sollten. Sie hielten ihn nämlich für das Lamm, und er sprach: Was schaut ihr auf mich? Ich bin nicht das Lamm. „Siehe, das Lamm Gottes“, von dem er auch vorher gesagt hatte: „Siehe das Lamm Gottes“. Und was nützt uns das Lamm Gottes? „Siehe“, sagt er, „das da hinwegnimmt die Sünde der Welt.“ Als dies die zwei Begleiter des Johannes hörten, folgten sie jenem nach.

       9.

      Laßt uns sehen, was folgt. „Siehe, das Lamm Gottes“, so sprach Johannes. „Und es hörten ihn die zwei Jünger dies sagen und folgten Jesus nach. Als aber Jesus sich umwandte und sie ihm nachfolgen sah, sprach er: Was suchet ihr? Sie sagten: Rabbi (was so viel als Lehrer heißt), wo wohnst Du? Sie folgten ihm nicht so nach, als ob sie ihm bereits anhingen; denn es ist offenbar, daß sie ihm erst anhingen, als er sie vom Schiffe rief. Unter diesen beiden war Andreas, wie ihr eben gehört habt; Andreas aber war der Bruder des Petrus, und wir wissen aus dem Evangelium, daß der Herr den Petrus und Johannes vom Schiffe berief mit den Worten: „ Folget mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen“227. Und von da an hingen sie ihm vollends so an, daß sie nicht mehr von ihm wichen. Wenn die beiden also jetzt ihm folgen, so folgen sie ihm nicht, um ihn nicht mehr zu verlassen, sondern sie wollten sehen, wo er wohne, und tun, was geschrieben steht: „Die Schwelle seiner Türe betrete oft dein Fuß; steh auf und komme beständig zu ihm, und laß dich unterweisen durch seine Lehren“228. Er zeigte ihnen, wo er wohnte; sie kamen dahin und blieben bei ihm. Welch seligen Tag haben sie verbracht, welch selige Nacht! Wer mag uns sagen, was sie da vom Herrn gehört haben? Erbauen auch wir in unseren Herzen eine Wohnstätte und machen wir ein Haus, damit er dorthin komme und uns lehre, mit uns rede.

       10.

      „Was suchet ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi (was soviel heißt als Lehrer), wo wohnst du? Er sprach zu ihnen: Kommet und sehet. Und sie kamen und sahen, wo er wohnte, und sie blieben bei ihm an jenem Tage; es war aber um die zehnte Stunde.“ Glauben wir, dem Evangelisten sei nichts daran gelegen, uns zu sagen, die wievielte Stunde es war? Ist es möglich, daß er wollte, wir sollten dabei auf nichts achten, nichts suchen? Es war die zehnte Stunde. Diese Zahl bedeutet das Gesetz, weil in zehn Geboten das Gesetz gegeben wurde. Es war aber die Zeit gekommen, daß das Gesetz aus Liebe erfüllt werden sollte, weil es von den Juden nicht aus Furcht erfüllt werden konnte. Darum sagt der Herr: „Ich bin nicht gekommen das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen“229. Mit Recht also folgen ihm jene beiden um die zehnte Stunde auf das Zeugnis des Freundes des Bräutigams, und um die zehnte Stunde hörte er: „Rabbi“, was so viel als Lehrer heißt. Wenn um die zehnte Stunde der Herr „Rabbi“ hörte, und die Zahl „zehn“ sich auf das Gesetz bezieht, so ist der Lehrer des Gesetzes kein anderer als der Geber des Gesetzes. Es sage niemand: Ein anderer hat das Gesetz gegeben und ein anderer lehrt das Gesetz. Und Barmherzigkeit ist auf seiner Zunge, darum lehrt er barmherzig das Gesetz, wie es von der Weisheit heißt: „Gesetz aber in Barmherzigkeit trägt sie auf der Zunge“230. Fürchte nicht, du möchtest das Gesetz nicht erfüllen können, nimm die Zuflucht zur Barmherzigkeit. Wenn es zu viel wird, das Gesetz zu erfüllen, bediene dich jenes Vertrages, bediene dich der Handschrift, bediene dich der Bitten, die dir der himmlische Rechtskundige aufsetzte und abfaßte.

       11.

      Die nämlich eine Rechtssache haben und beim Kaiser ein Gesuch einreichen wollen, suchen einen geübten Rechtskundigen, um sich von ihm die Bittschrift aufsetzen zu lassen, damit sie nicht etwa, wenn sie ihre Bitte in ungehöriger Weise vorbringen, nicht bloß nicht erlangen, um was sie bitten, sondern sogar noch eine Strafe bekommen statt eines günstigen Bescheides. Da also die Apostel zu bitten suchten und nicht wußten, wie sie den Kaiser d. i. Gott angehen sollten, sprachen sie zu Christus: „Herr, lehre uns beten“, d. h. du unser Rechtsrat und Beisitzer oder vielmehr Beisitzer Gottes, setze für uns Bitten auf. Und es lehrte sie der Herr nach dem Buche des himmlischen Rechtes, er lehrte sie, wie sie beten sollten, und in dem, was er lehrte, setzte er eine gewisse Bedingung: „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“231. Wenn du nicht rechtmäßig bittest, wirst du als Schuldiger dastehen. Zitterst du vor dem Kaiser, nachdem du als Schuldiger erwiesen bist? Bring das Opfer der Demut, bring das Opfer der Barmherzigkeit, sprich im Gebete: Vergib mir, weil auch ich vergebe. Aber wenn du es sagst, tu es auch! Denn was willst du tun, wohin willst du gehen, wenn du im Gebete gelogen hast? Nicht bloß wirst du, wie es bei Gericht heißt, der Wohltat eines Erlasses verlustig gehen, sondern du wirst überhaupt keinen Erlaß erlangen. Denn nach dem bei Gericht geltenden Rechte darf dem, der im Bittgesuch gelogen hat, das nicht zugute kommen, was er erlangt hat. Doch dies geschieht bei den Menschen, weil ein Mensch getäuscht werden kann; es konnte der Kaiser getäuscht werden, da du bei ihm das Bittgesuch einreichtest; denn du sagtest, was du wolltest, und dem du es sagtest, der weiß nicht, ob das wahr ist; er überließ dich dem Gegner zur Überführung, so daß du, wenn du vor dem Richter der Lüge überführt wirst (weil jener, nicht wissend, ob du gelogen hast, die Bitte nur gewähren konnte), gerade dort der Wohltat des Erlasses verlustig gehen wirst, wohin du den Erlaß gerichtet hast. Gott aber, der weiß, ob du lügst oder die Wahrheit sagst, benimmt sich nicht so, daß es dir bei Gericht nichts nütze, sondern er läßt dich gar nichts erlangen, weil du dich unterfangen hast, die Wahrheit anzulügen.

       12.

      Was willst du also tun? Sag es mir. Das Gesetz in allen Stücken erfüllen, so daß du in keinem anstoßest, ist schwer; eine Schuld also ist sicher. Willst du nicht ein Heilmittel gebrauchen? Seht, meine Brüder, welches Heilmittel der Herr gegen die Krankheiten der Seele bestimmt hat. Welches also? Wenn du Kopfschmerzen hast, so loben wir es, wenn du dir das Evangelium auf das Haupt legst und nicht zu einem Amulett die Zuflucht nimmst. Denn dazu hat die Schwachheit der Menschen geführt und so sehr sind die Menschen zu bedauern, die zu den Amuletten laufen, daß wir uns freuen, wenn wir sehen, daß ein im Bette darniederliegender Mensch von Fieber

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