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zittrigen Fingern berührte Jane den Glassplitter in ihrer Haut. »Meine zweite Gabe. Es ist, als würde ich meinen Geist an einen anderen Körper heften, um unsichtbar an dessen Seite zu wandeln. Doch hier ist es umgekehrt. Einer der Sieben hat seinen Geist an mich gehängt, bevor sein Körper zersplitterte.«

      »Du kannst mit ihm sprechen?«, fragte Matt.

      Wieder erzitterte der Boden.

      Jane wollte antworten, doch eine weitere Silhouette aus schwarzem Glas schälte sich aus dem Nichts und explodierte. Die Splitter schossen davon. Ein beißender Schmerz fraß sich in Matts Arm, als sich eines der Schrapnelle hineinbohrte.

      »Alles okay?«, fragte Sam, die hatte ausweichen können.

      »Ich gewöhne mich dran.«

      Instinktiv wollte er eine Nightingales Lampe weben, um die Wunde zu heilen, doch nicht ein flirrendes Magieteilchen war noch vorhanden.

      »Sie haben hier ausgeharrt, haben ihn beobachtet, haben ihn bekämpft«, flüsterte Jane. »Sie haben auch dich gesehen, Matt. Deine Verlorenheit, deine Trauer, deine Angst. Der Dämon hat sie sich zunutze gemacht.« Janes Blick war in weite Ferne gerichtet. »Du hast ihm alles gegeben, was er benötigte. Dein Blut, deine Magie.«

      »Mein Blut?« Matt erwiderte Janes Blick verwirrt, dann erinnerte er sich.

      Angeblich war dies die einzige Möglichkeit gewesen, Zugang zum Walpole Club zu erhalten. Er hatte sich einen Blutstropfen ent­nehmen lassen.

      »Ich habe ihm mein Blut gegeben«, hauchte er.

      Später war es Matts Magie gewesen, die die Apparatur aufgeladen hatte. Von der anderen Seite hatte Nic dann das Portal geöffnet.

      »Sie wollten euch aufhalten«, flüsterte Jane. »Doch ohne Körper, ohne Substanz war das unmöglich. Hilflos sahen sie dabei zu, wie der Fluch sich erfüllt.«

      »Vielleicht konnte Nic ihn stoppen.« Matt blickte Hilfe suchend zu Sam, die nur traurig die Augen schloss.

      »Nic ist tot. Sie konnten es sehen. Alles, was an diesem Ort geschieht, ist für sie sichtbar.« Tränen rannen über Janes Wangen. »Chavale hat ihn mit seinem Degen getötet. Nic hat mit dem letzten Rest an Magie Liz geheilt und mit seiner Gabe den Spiegel geöffnet. Sie ist mit Nox entkommen.«

      »Vielleicht …« Matts Stimme erstarb.

      »Er ist tot«, wiederholte Jane. »Ich sehe, was die Sieben sehen. Nic liegt tot vor dem Spiegel, sein Herz hat aufgehört zu schlagen.« Sie zitterte. »Der Dämon ist fort.« Sie blinzelte, kehrte zurück in das Hier und Jetzt. »Wir haben verloren. Das zweite Regnum, es beginnt.«

      Sam schlug sich die Hände vors Gesicht.

      Matt konnte nicht verhindern, dass sein Körper ebenfalls zu zittern begann. »Wir haben alles zerstört. Wir sind schuld!«

      In diesem Augenblick war er froh, dass das Gefängnis kollabierte. In wenigen Minuten würden sie in die Schwärze stürzen und eins werden mit der Dunkelheit. Dann gab es keine Schuld mehr. Die Welt war dank ihnen dem Untergang geweiht.

      »Das sind wir nicht!« Jane erhob sich ruckartig. »Woher hätten wir all das denn wissen sollen?! Niemand hat mit uns gesprochen, keiner hat den Mund aufgemacht. Woher hättest du wissen sollen, dass der zerzauste Wissenschaftler mit dem Spazierstock ein Dämon ist?« Mit jedem Satz wurde sie lauter, brüllte ihre Wut hinaus. »Wir konnten nicht gewinnen, hatten nie eine Chance!«

      »Das macht es nicht unbedingt besser«, flüsterte Matt.

      Es war einfach zu viel geschehen, als dass er noch hätte Wut empfinden können. Der Matt, der er einmal gewesen war, hatte über Witze gelacht, mit Magie experimentiert und die Welt um sich herum als etwas Spannendes gesehen, das es zu entdecken galt. Heute war er müde, ausgebrannt, gezeichnet vom Verlust seines Bruders. Vom Tod seines besten Freundes und so viel mehr. Er dachte an Angelo und spürte den altbekannten Stich im Inneren.

      »Hör auf damit«, forderte Jane.

      »Womit denn?«

      »Dich aufzugeben.«

      »Ist ja nicht so, als hätte ich eine Wahl«, sagte Matt.

      Hinter ihm krachte der Kronleuchter zu Boden und zersplitterte in tausend Scherben, Metall verbog sich.

      »Es gibt einen Ausweg«, erklärte Jane.

      »Und woher soll der plötzlich kommen?«

      Wieder deutete sie auf den Splitter, der in ihrer Haut steckte. »Hat mir ein Geist verraten.«

      »Das sagst du erst jetzt?!« Sam rappelte sich auf. »Ich will hier nicht sterben!«

      »Ich auch nicht«, beeilte Matt zu versichern. »Bin nur etwas müde.«

      »Wir alle, Matty.« Jane zog ihn in eine Umarmung. »Noch haben wir nicht verloren.«

      »Was hat dir der Splitter denn verraten?«, fragte Sam.

      »Es gibt einen Weg durch die Schwärze. Mit meinem Talent als Schattenläuferin kann ich ihn nutzen.«

      »Dann los.« Direkt neben Matt brach der Boden weg.

      Viel war von dem Herrenhaus nicht mehr übrig. Sie standen im Salon, dessen Wände nur noch löchrig vorhanden waren. Die Decke gab es noch, was man von den Räumen darüber nicht behaupten konnte.

      »Noch nicht«, sagte Jane.

      »Worauf warten wir denn noch?!«, rief Matt.

      »Es ist nicht einfach, einen Weg durch die Schatten zu beschreiten«, erklärte sie. »Wir sind umgeben von einem Dschungel und lediglich ein Trampelpfad führt zwischen tödlichen Pflanzen hindurch. Ich kann den Beginn erst sehen, wenn die Reste des Hauses fort sind.«

      Matt hielt Janes linken Oberarm fest umklammert, Sam stand auf der anderen Seite.

      »Vielleicht siehst du einfach genauer hin«, schlug er vor.

      »Es ist ein Weg, der niemals hätte genommen werden sollen«, sagte Jane, während sie konzentriert auf eine unhörbare Stimme lauschte. »Sie waren sieben, doch eine verriet das große Ziel. Sie floh, bevor der Kerker sich schloss. Diesen Weg müssen wir gehen.«

      »Ein Hoch auf die Verräterin«, sagte Matt trocken. »Ohne die gäbe es jetzt gar keinen Ausgang.«

      »Ohne sie gäbe es den Dämon nicht mehr und wir wären nie in diesem Mist gelandet«, stellte Jane klar. »Dankbarkeit ist unangebracht.«

      Weitere Teile der Decke lösten sich und trieben davon, zerfielen in der Schwärze. Sekunden später gab es nur noch den Boden. Um sie herum wallte allumfassende Dunkelheit.

      »Siehst du den Weg?«, fragte Matt.

      Jane hatte die Augen zusammengekniffen, doch ihr Blick war ins Innere gerichtet. Vermutlich war nicht sie es, die den Weg entdecken konnte. Jemand zeigte ihn ihr.

      Geprägt von den Erlebnissen mit Chavale ergänzte Matt: »Ich hoffe, wir können ihm vertrauen.«

      »Es sieht für mich nicht so aus, als hätten wir eine Wahl.« Janes Muskeln spannten sich an. »Da!«

      Sie wollte einen Schritt machen, stoppte jedoch in der Bewegung. Hoch über ihnen entstand ein gleißender Wirbel aus purem Gold. Matt konnte die Wärme spüren, die davon ausging. Fäden, gesponnen zu filigranen Mustern, durchzogen das Leuchten. Es trieb die Schwärze zurück, nahm den ursprünglichen Platz wieder ein.

      Es war das Schicksal.

      Zum ersten Mal beneidete Matt Nic um die Gabe, es zu beein­flussen. Er konnte dieses wunderschöne Gebilde auch als Teil der Wirklichkeit sehen.

      Hatte es gekonnt.

      Die Euphorie verflog.

      »Bring uns hier weg«, bat Matt Jane.

      Sie

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