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Mutter, und bettete sich neben die Herdstatt. Halb angekleidet legte sie sich nieder ... Alles wie einst.

      Die Nacht mußte ja kommen, die die Männer von Santa Ferrara überzeugte, daß kein Dach sicherer war als das der Schenke. Und kein Mund verschwiegener als der Merceda Finottis.

      Was brauchte die runde Gevatterin von drüben zu wissen, daß die Lippen Mercedas oft in einer Bitterkeit sich schlossen, die dem Hauch ihres Mundes gewehrt hatte, das Licht auszublasen?

      Als die qualvolle Stille über das Haus fiel, wie die Nacht des Todes über einen Sterbenden – da war das mehr als einmal so gewesen! Aber nun war’s vergessen!

      Merceda wußte, wie schwer es die Männer ankam, dem Nest am Berge fernzubleiben; alte Gewohnheiten lassen sich nicht abwerfen wie vertragene Kleider. Noch brannten die Feuer in den Augen der Männer. Noch glühte die Flamme der Eifersucht in denen der Mädchen.

      Zuerst war’s den Frauen gerade zu rechter Zeit gekommen, daß die Schenke von den Schmugglern gemieden wurde. Aber von stundan ward manche Sehnsucht offenbar, die bis dahin gehütet worden war, und die Mädels, Bräute und Frauen merkten nun erst: da war ja nicht einer, dem die vom Berge das Herz nicht verbrannt hatte!

      Und das Lachen der Weiber ward noch bitterer, und ihr Wachen ward noch wachsamer... Toll waren sie alle, die den Wein der Merceda getrunken hatten! Und ging das mit rechten Dingen zu?

      Wenn Merceda um diese Zeit mit dem Korb am Arme in eines der Dörfer kam, um einzukaufen, da schlug’s in alle Hütten. In allen Hütten liefen sie zu den Türen und schauten der vom Berge nach. Und immer schöner, schlanker und stolzer war sie geworden, so oft sie vorüberging.

      Zuletzt, da sie von allen sich gemieden sah, begegnete sie ihnen nur noch mit kaum merkbarem Nicken des Kopfes. Ein fröhliches Wort des Grußes warf sie keinem mehr hin.

      Und eines Tages ward auch das Gerücht laut: mit rechten Dingen sollte das zugehen? Wie könnt’ es? Sie müßte ja schön sein wie die Mutter Gottes! Oder verwahrlost wie eine Teufelin! ...

      Eifersucht ist eine Kreuzspinne. Ein giftiges Luder. Und wer sich von ihr einspinnen läßt, dem muß der graue Spinnenfadenrock vom Leibe gebrannt werden, damit er ihn wieder los wird.

      Merceda hatte nicht erfahren, wer dies Gerücht ihr zurechtgesponnen hatte ...

      Auf einmal – da jagte ihr wildes Feuer eine den Berg empor. Eine kleine braune Fuchtel, an der nichts blühte als ihr Haß. Sie war ganz verwaist, hatte ein Haus im Dorf, aber trotz des eigenen Herdes fand sich keiner, der sie liebhaben mochte.

      Sie hatte eine glühende Kohle in der Brust, und in ihren Haaren hing blauschwarze Mitternacht.

      Das war Beatrice Zara, ein Geschwisterkind von Carlo Zara am Berge.

      Die hatte die dicke Lora als Beraterin für die Not ihres Herzens sich ausersehen. Und so loderte sie um diese Zeit durch den Schein einer Mondnacht die Schmuggelpfade gegen das hohe Licht empor.

      Mit zerwühlten Haaren und betauten Wimpern sank sie unter den schwarzen Holunder an der Rückseite von Lora Zaras Haus. An den Stämmen des Busches lehnte allerlei Wirtschaftsgeräte ... Auch eine Heugabel mit blitzenden Zinken war dabei.

      Verflucht – dies kalte blanke Eisen – das müßte zischen, wenn sie es der Merceda Finotti ins Herz stieße! Drei Brunnen Blut müßten darunter hervorspingen – jetzt, in dieser Nacht! ...

      Nur der Mond strich hoch und klar durch den Himmel; Beatrice Zara kannte das Zeichen der Schmuggler, vor dem die Hintertür der Schenke zu jeder Stunde der Nacht sich öffnete ... denn Santi Praga, der Pascher, war ihr Schatz. Santi Praga – das ist der, der später zum Mörder ward in seiner lodernden Narrheit.

      Drei Brunnen rotes Herzblut! ...

      Über diesem wahnsinnigen Gedanken vergaß die maronenbraune Fuchtel mit dem Mitternachtschopfe, daß sie die dicke Lora hatte rufen wollen.

      Wenn die unter den Leuten herumredete, wie närrisch verliebt Beatrice in Santi Praga sei! Heilige Mutter Gottes, die Leute würden mit Fingern nach ihr zeigen und hinter ihr dreinlachen! ...

      Sie erfaßte den Stiel der blanken Heugabel in der Mitte.

      Sie beugte den Oberkörper vor.

      Sie schlüpfte aus den klappenden Pantoffeln.

      Und wie eine Tigerin, die zum Sprunge sich anschickt, kroch sie über eine der niedern Mauern aus losen Steinen und schlich vor jene Tür der Schenke, die Lora Zara von ihrem Hause nicht sehen konnte.

      Hoch aufgerichtet wollte sie Merceda Finotti ins Auge sehen...

      »Gib mir Santi Praga wieder, du!« – so wollte sie ihr ins Angesicht schreien.

      Und wenn Merceda ihre Lippen hochmütig schürzte, – ah, wie sie diesen stolzen Mund haßte, an dem alle Männerlippen sich zu Tode trinken wollten in wahnwitzigem Glück! – dann würde sie ihr die drei Eisen ins Herz stoßen! ... Oder in die Augen! ...

      Sie stieg die vier Steinstufen empor.

      Und nun klangen ihre Schläge an die Tür ...

      Aber sie klangen matter, als sie gewollt hatte – so matt, daß sie am Ende Merceda Finotti nicht einmal aus dem Schlafe weckten. Sie faßte auch die Gabel nicht zum Stoße. Sie lauschte nicht, ob in der Küche sich’s regte. Die steinerne Stiege wankte ihr ja unter den Füßen! ...

      Und als Merceda den eisernen Stangenriegel drinnen zurückstieß, da lehnte Beatrice Zara im Mondlicht am Türstein und stütze sich wie eine Zutodegehetzte auf den Stiel der Gabel.

      Sie sah das Erstaunen nicht, das in Mercedas Augen stand. Erst die Stimme, die verhaßte Stimme, rüttelte sie wach:

      »Du, Beatrice Zara? Seit wann streifen die Mädels durch die Nächte ... Ah ...«

      Dies »Ah« flog von Mercedas Lippen wie der Schrei einer Felsenkrähe – die Zara lehnte dort und die Qual ihres verstürmten Herzens brach aus ihren Augen. Sie stand dort auf den bloßen Strümpfen, und die Eisen der Gabel blitzten im Lichte der Nacht –

      »Ah!«

      Der Krähenschrei flog ihr ins Gesicht wie eine harte Hand. Aber Beatrice Zara wollte in dieser Stunde Abrechnung halten –

      »Ich will mit dir reden, du!« keuchte sie über die bleichen Lippen.

      »Bist du mondsüchtig und im Schlafe daheim fortgelaufen?« Das sagte Merceda Finotti so heraus als gäb’s keine Königin auf der Welt außer ihr.

      »Du hast Gift im Munde, Merceda Finotti!«

      Darüber lachte Merceda laut auf: »Wenn du mit mir zu reden hast, so hättest du das am Tage bequemer haben können.«

      »Wer sagt dir, daß ich zu dir in anderer Zeit kommen wollte, du?«

      »Wenn du auf der Heugabel zu Berge getrabt bist, so hättest du ja durch den Rauchfang in die Küche fahren können!«

      Beatrice fühlte den Hohn in diesen Worten – dann zischte sie: »Du bist giftig, wie eine Schlange. Mit dieser Gabel wollt’ ich dir – das Herz durchstechen, du Natter!«

      Merceda erschrak. Sie ist wahnsinnig geworden, dachte sie und ergriff von ihrem höhern Standort auf der Türschwelle das Ende des Gabelstiels.

      Aber Beatrice riß ihr das Holz wieder aus der Hand –

      »Her, du Hexe! ...« Da sah sie zu Merceda empor und erkannte: die war ohne Furcht.

      »Komm herein,« sagte Merceda; im Ernste des Augenblickes waren ihr Herz und ihre Stimme nun doch angelaufen wie Glocken in der Kälte ...»und wenn du nicht anders willst – meinetwegen, so bring’ die Gabel mit.«

      Da schritt Beatrice die Stufen empor und trat in die Küche. Ein breiter Strom Mondlicht floß hinter ihr drein durch die weitgeöffnete Tür.

      Merceda entfachte nun mit dem kleinsten Blasebalge das Herdfeuer zu Flammen; die brachen wie kleine rote Teufel aus der Asche und ließen ihr

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