Скачать книгу

es bereits im zweiten Jahrhundert. Der Kirchenvater Irenaeus (130–200)3 etwa arbeitete missionarisch unter den Kelten. Beim Konzil von Arles im Jahr 314 sind vier britische und 16 von 36 gallischen Bischöfen anwesend (Olsen 2003:44 f.). Wann das Christentum das keltische Irland erreichte, ist nicht ganz so klar. Wahrscheinlich gegen Ende des vierten Jahrhunderts, denn im Jahr 431 entsendet Papst Coelestin I. den Palladius als Bischof nach Irland zu den gläubig gewordenen Iren (Angenendt 1990:204). Die Bekehrung der Insel als Ganzes findet etwa ab 450 statt, als der Brite Patrick in einem Traum einen „Mazedonien-Ruf“ (vgl. Apostelgeschichte 16,9–10) empfängt und nach einer theologischen Ausbildung dort zu missionieren beginnt.

      563 verließ der Abt Columcille (Columba oder auch Columban der Ältere) Irland und gründete vor der schottischen Küste auf der Insel Iona ein Kloster. Innerhalb weniger Jahre gewann er mit seinen Mönchen die keltischen Stämme der Pikten zum Glauben. Von Iona wird 635 Aidan ausgesandt, um dem Wunsch des Königs Oswald nach einem Prediger zu entsprechen. Er gründete auf der Insel Lindisfarne ein Kloster, von dem aus Nordengland missioniert wurde (Olsen 2003:117).

      Das antike Europa versank im Chaos der Völkerwanderung, während sich unbehelligt von Rom in Irland und später auf der britischen Insel ein ganz eigenes, keltisches Christentum entwickelte, das nicht vom römischen Hierarchiedenken geprägt war. Überall entstanden Klöster, in denen Mönche in der Askese Gott suchten, aber auch intensiv in die Gesellschaft hineinwirkten. Sie bildeten nicht einfach nur christliche Zentren. Um die Klöster siedelten sich Bauern und Handwerker an, der Adel schickte seine Söhne und Töchter dort zur Ausbildung, Menschen kamen, um Heilung, Segen und Schutz zu erhalten. Einige dieser Klöster wuchsen zu den ersten städtischen Zentren im sonst ländlichen Irland.

      In der Zeit von 500 bis 800 verließen irische Mönche ihr Zuhause, um Heiligung in der Fremde zu suchen (Bitel 1990:223). Columban (Columba der Jüngere) war der wohl einflussreichste von ihnen, wie wir noch sehen werden. Mit diesen Mönchen kam nicht nur das Christentum zurück in das inzwischen von Germanen überrannte nördliche Römische Reich, sondern später, zur Zeit Karls des Großen (König von 786 bis 814), auch eine große Reform der Bildung, in der Iren als Lehrer und Vordenker eine wichtige Rolle spielen sollten (Löwe 1982:1 026 f.). In dieser Zeit wurden allerdings auch die Normannenüberfälle auf Britannien und Irland heftig und regelmäßig. Klöster wurden niedergebrannt, Mönche und Bevölkerung abgeschlachtet oder versklavt. Der Strom irischer Mönche und Pilger auf den Kontinent trocknete aus und kam zum Erliegen.

       2.2 Irische Kultur und irisches Mönchtum

       2.2.1 Nachfolger der Druiden

       2.2.2 Netzwerke: Starke Verflechtung mit der Gesellschaft

      Das frühmittelalterliche Irland war relativ dünn besiedelt. Hunderte von Königreichen mit einer Bevölkerung von jeweils 500 bis 12 000 Personen überzogen die Insel (Bitel 1990:2). Aus dieser Zahl kann man schon sehen, dass ein König eher ein Stammesfürst war. Die Lebensbedingungen waren hart: Fruchtbarer Boden musste dem stetig nachwuchernden Wald abgekämpft werden, das unberechenbare Wetter verdarb Ernten, und so war der Hunger eine ständige Bedrohung. Um überleben zu können, war der Einzelne auf die Unterstützung der Gruppe angewiesen, und nicht selten überfiel ein Stamm den anderen in einem der berüchtigten Rinderraubzüge. Seit dem siebten Jahrhundert unterwarfen einzelne Könige andere, um sie tributpflichtig zu machen. Eine die ganze Insel überspannende Herrschaft gab es allerdings nie.

      Eine Stammeskultur funktioniert nach ganz anderen Prinzipien als unsere moderne pluralistische Gesellschaft. Die Sicherheit kommt aus der Gemeinschaft, die den Einzelnen unterstützt, etwa bei Krankheit oder dem Aufbringen des Brautpreises. Umgekehrt stellt die Gruppe Forderungen an den Einzelnen (Hiebert 1992:C29). Entscheidungen werden als Gruppe getroffen und Verwandtschaft ist die Basis für soziale Beziehungen. Die Ordnung baut dabei nicht auf Gesetzen auf, sondern auf der gegenseitigen Verantwortung und Haftung von Mitgliedern einer Gruppe, die auch von außen als Gruppe gesehen wird (Aschoff 2006:45).

      Die Iren lebten in einer solchen Stammeskultur, bevor das Evangelium sie erreichte, und auch viele Jahrhunderte danach. Der Gemeinschaftsgedanke war ihnen so tief verwurzelt, dass auch Mönche und Nonnen entgegen der formellen Rhetorik des „Vater und Mutter verlassen um Christi Willen“ und des Ideals der Abgeschiedenheit faktisch fast ausnahmslos in starken Netzwerken über die Klostermauern hinaus eingebunden waren (Bitel 1990:89). Anders ließen sich auch die Gefahren des Lebens nicht meistern. Jedes Kloster errichtete um sich herum ein Netzwerk zum Schutz und zur Versorgung.

      Zölibatäres Leben als (offizielle) Voraussetzung für ein Mönchsdasein setzte sich erst im elften Jahrhundert allmählich durch (Bitel 1990:236). Mönche hatten Familien, Ämter wurden mit Verwandten besetzt (Bitel 1990:105). Die Gründerfamilien, die oft aus dem irischen Adel stammten, besaßen ein Quasi-Erbrecht auf die Besetzung geistlicher Ämter (Angenendt 1990:205). Das Kloster war also „Klan“, gleichzeitig aber auch – wie jeder Klan – in ein enges Netzwerk mit anderen Klans eingebunden. Diese Verbindungen konnten durch Verwandtschaft begründet sein oder durch politisches Taktieren. Wie fest diese Netzwerke zwischen Kloster und Politik waren, lässt sich etwa daran erkennen, dass Klöster öfter überfallen und niedergebrannt wurden – und zwar nicht nur von Stammesfürsten, sondern auch von anderen

Скачать книгу