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sind weit mehr wert, als er dafür verlangt.«

      Inzwischen verbrachte ich alle meine Abende bei dem Gesandten mit Portia. Von dem Bergwerk sagte ich ihr keine Silbe, das sparte ich mir zu ihrer späteren Überraschung auf. Wir sprachen immer nur von unserer Liebe und vom Gehalt, bald von dem einen, bald von dem anderen, manchmal auch von beidem untereinander. Und dann, guter Gott, das Interesse, das Frau und Tochter des Gesandten an unserer Angelegenheit nahmen und die endlosen Listen und Schlauheiten, die sie ersannen, um uns vor Störungen zu schützen und den Gesandten nicht hinter die Sache kommen zu lassen – ach, es war wirklich allerliebst von den beiden!

      Als der Monat schließlich um war, besaß ich ein Guthaben von einer Million Dollars bei der London- und County-Bank, und Hastings stand ebenso. In ausgesuchtester Toilette fuhr ich an Portland-Place vorbei. Als ich mich an dem Aussehen der Wohnung überzeugt hatte, daß meine Vögel wieder zu Neste geflogen sein mußten, holte ich meinen Schatz bei dem Gesandten ab und fuhr mit ihr zusammen wieder nach Portland-Place. Während der ganzen Fahrt bildete der Gehalt den Gegenstand unserer eifrigsten Erörterungen. Die Besorgnis, in die sie sich dabei hineinredete, ließ sie so reizend erscheinen, daß es kaum mehr auszuhalten war.

      »Mein Herzchen,« sagte ich zu ihr, »so wie du eben aussiehst, wäre es ein Verbrechen, einen Pfennig weniger als dreitausend Pfund im Jahre zu verlangen.«

      »Henry, Henry, du richtest uns noch zugrunde,« erwiderte sie.

      »Sei unbesorgt, mache nur, daß du so aussiehst und verlasse dich auf mich. Ich will die Sache schon fertig bringen.«

      Es war so weit gekommen, daß ich auf dem ganzen Wege ihr Mut zusprechen mußte. Sie selbst redete noch fortwährend auf mich ein:

      »O, bedenke doch, daß wir, wenn wir zu viel verlangen, vielleicht gar keinen Gehalt bekommen; und was soll denn aus uns werden, wenn wir nicht wissen, womit wir unseren Unterhalt verdienen wollen?«

      Es war wieder derselbe Diener, der uns einließ, und da waren sie auch wieder, die beiden alten Herren. Natürlich waren sie höchlich überrascht über das holde Geschöpf an meiner Seite, ich erklärte jedoch:

      »Sie dürfen keinen Anstoß daran nehmen, meine Herren, es ist meine zukünftige Lebensgefährtin. Darauf stellte ich ihr die Herren mit ihren Namen vor. Diese zeigten sich hierüber gar nicht erstaunt; sie dachten sich vermutlich, daß ich so gescheit gewesen sein würde, im Adreßbuch nachzuschlagen. Sie forderten uns auf Platz zu nehmen und behandelten mich mit größter Höflichkeit, gaben sich auch alle Mühe, meiner Begleiterin durch freundlichen Zuspruch über ihre Verlegenheit hinwegzuhelfen. Endlich sagte ich:

      »Meine Herren, ich komme um Ihnen Bericht zu erstatten.«

      »Das ist uns sehr angenehm,« erwiderte mein Gönner, »dann können wir ja nunmehr die Wette zwischen mir und meinem Bruder Abel zur Entscheidung bringen. Falls Sie für mich gewonnen haben, dürfen Sie sich jede beliebige Stellung wählen, die ich zu vergeben habe. Sind Sie noch im Besitz der Millionennote?«

      »Hier ist sie.« Damit behändigte ich ihm dieselbe.

      »Gewonnen!« rief er und gab seinem Bruder einen Klapps auf den Rücken. »Nun, was sagst du denn jetzt, Bruder?«

      »Ich sage, er hat es überlebt und ich habe zwanzigtausend Pfund verloren. Ich hätte es niemals geglaubt!«

      »Ich habe noch mehr zu berichten,« fuhr ich fort, »und zwar ziemlich viel. Ich bitte mir demnächst eine Stunde bestimmen zu wollen, um Ihnen meine Erlebnisse während dieses ganzen Monats des genaueren zu schildern. Sie dürfen sich darauf verlassen, es lohnt sich, den Bericht anzuhören. Inzwischen wollen Sie gefälligst dies hier in Augenschein nehmen.«

      »Was, Mensch, einen Depositenschein über 200 000 Pfund? Gehört das Ihnen?«

      »Gehört mir. Das ist die Frucht des weisen Gebrauchs, den ich von dem kleinen Darlehen gemacht habe, das Sie mir gütigst gewährten. Und dieser Gebrauch bestand lediglich darin, daß ich von Zeit zu Zeit einen kleinen Einkauf machte und beim Bezahlen allemal die Banknote zum Wechseln hingab.«

      »Mensch, das ist ja äußerst merkwürdig, ganz unglaublich!«

      »Und doch verhält es sich so; ich werde Ihnen den Beweis liefern. Sie brauchen mir durchaus nicht auf mein bloßes Wort zu glauben.«

      Nun war aber die Reihe des Erstaunens an Portia gekommen und mit weit geöffneten Augen fragte sie:

      »Henry, gehört dieses Geld wirklich dir? Hast du mir die Unwahrheit gesagt?«

      »Das habe ich allerdings, mein Liebchen. Aber ich weiß gewiß, du bist mir darum nicht böse.«

      »Sei dessen nur nicht so gar sicher,« schmollte sie. »Es war recht abscheulich von dir, mich so hinters Licht zu führen.«

      »Ach, das hast du ja bald vergessen, lieber Schatz, ganz gewiß. Es war ja nur ein schlechter Spaß, weißt du. Komm, wir wollen uns jetzt verabschieden.«

      »Aber, so warten Sie doch. Wegen des Postens. Sie wissen ja. Ich muß Ihnen doch den Posten geben,« warf mein Gönner ein.

      »Ach,« erwiderte ich, »ich danke Ihnen tausendmal, aber ich brauche wirklich keinen.«

      »Aber ich hätte Ihnen den allerbesten gegeben, den ich zu vergeben habe.« »Ich danke Ihnen nochmals von ganzem Herzen, aber auch diesen brauche ich nicht.«

      »Henry, ich schäme mich für dich, du erzeigst dem guten Herrn nicht die Hälfte von all dem Dank, den du ihm schuldig bist. Darf ich es an deiner Statt tun?«

      »Freilich darfst du, mein Liebchen, wenn du es besser machen kannst. Ich bin nur wirklich begierig, wie du das angreifen willst.«

      Sie ging zu meinem Gönner hin, setzte sich ihm auf den Schoß, schlang ihren Arm um seinen Hals und gab ihm einen Kuß mitten auf den Mund. Dabei wußten sich die beiden alten Herren vor Lachen kaum zu fassen, während ich selbst begreiflicherweise vor Erstaunen wie versteinert dastand, bis Portia schließlich sagte:

      »Papa, er hat gesagt, von all den Posten, die du zu vergeben hast, wolle er keinen einzigen annehmen, und das tut mir so weh, gerade als ob –«

      »Wie, lieber Schatz, dies ist dein Papa?«

      »Jawohl, mein Stiefpapa, und zwar der allerbeste, den es auf der ganzen Welt gibt. Nicht wahr, nun begreifst du, warum ich bei dem Gesandten so lachen mußte, als du, ohne mein Verhältnis zu Papa und Onkel Abel zu kennen, mir die Sorgen und Nöte schildertest, in die ihr Einfall dich versetzt hatte.«

      Natürlich sprach ich jetzt ohne Scheu und Umschweife, ganz wie mir ums Herz war.

      »Ach, mein liebster, bester Herr,« sagte ich, »ich muß meine Erklärung zurücknehmen. Eine Stellung haben Sie doch zu vergeben, die ich gar gerne haben möchte.«

      »Welche ist das?«

      »Die Stelle eines Schwiegersohnes.«

      »Wohl, wohl. Aber wenn Sie noch nie in dieser Eigenschaft Dienste geleistet haben, so sind Sie auch nicht imstande, das Zeugnis darüber beizubringen, das in unserem Abkommen zur Bedingung gemacht ist, und so –«

      »Machen Sie den Versuch mit mir, ich bitte Sie inständigst! Nur so dreißig bis vierzig Jahre lang probieren Sie es mit mir, und wenn dann –« »Nun ja, gut denn; das ist ja gar nicht viel verlangt. So nehmen Sie sie eben mit.«

      Ob wir beide glücklich waren? Keine Sprache besitzt Worte genug, um es auszudrücken. Und das Geschwätz und das Vergnügen in ganz London, als nach ein paar Tagen alle meine Erlebnisse mit der Banknote während des ganzen Monats nebst der Wendung, die die Sache zuletzt noch genommen, bekannt wurden – guter Gott!

      Portias Papa gab nun die liebe, gastliche Note der Bank zurück und ließ sich den Betrag derselben auszahlen. Die Bank setzte dieselbe dann außer Kurs und verehrte sie ihm, worauf er seinerseits uns ein Hochzeitsgeschenk damit machte. Seither hängt sie unter Glas und Rahmen im Allerheiligsten unseres Heims. Denn ihr verdanke ich den Besitz meiner Portia. Wäre diese Note nicht gewesen, ich hätte

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