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für den Glauben an das Evangelium Vernichtung erlitten —, so würde sie das in der Hoffnung, mit der sie an Christus glaubte, erduldet haben, nicht um einen Lohn, der vergänglich ist wie die Zeit, sondern um einen Lohn, der endlos ist wie die Ewigkeit. Aber diese Götter werden bekanntlich deshalb verehrt und ihre Verehrung wird deshalb zu einer Forderung gemacht, weil sie in diesen hinfälligen und vergänglichen Dingen glücklichen Erfolg sicher stellen sollen; was können uns also zu ihren Gunsten ihre Verteidiger und Schutzredner erwidern hinsichtlich des Falles von Sagunt als eben das, was sie beim Morde des Regulus vorbringen[176] ? Der Unterschied liegt nämlich nur darin, daß dieser ein einzelner Mensch war, Sagunt eine ganze Stadt; aber Ursache des Unterganges war hier wie dort die Bewahrung der Treue. Mit Rücksicht auf sie wollte Regulus zurückkehren, wollte sich Sagunt von Rom nicht abkehren. Fordert also die Bewahrung der Treue den Zorn der Götter heraus? oder können trotz der Gunst der Götter nicht nur die einzelnen Menschen, sondern auch ganze Städte zugrunde gehen? Zwischen dieser Alternative mag man wählen nach Belieben. Zürnen die Götter über Bewahrung der Treue, so sollen sie ihre Verehrer nur unter Treulosen suchen; wenn aber trotz ihrer Gunst Menschen und Städte von vielen und schweren Leiden heimgesucht werden und darunter erliegen können, so schafft ihre Verehrung keinen Nutzen in der Richtung auf das irdische Glück. Und also mögen die, die ihr Unglück dem Verluste der Heiligtümer ihrer Götter zuschreiben zu sollen glauben, ihren Groll ablegen. Denn wenn die Götter noch da wären und überdies ihnen huldreich gesinnt wären, hätten sie in die Lage kommen können, nicht nur über Unglück zu murren, wie sie jetzt tun, sondern auch, wie einst Regulus und die Saguntiner, unter entsetzlichen Qualen gänzlich zugrunde zu gehen.

      

       21. Die Undankbarkeit Roms gegen seinen Retter Scipio und der sittliche Zustand zu der Zeit, da er nach Sallust ganz vorzüglich war.

      

      Zwischen dem zweiten und dem letzen punischen Krieg sodann, in der Zeit, da nach Sallust bei den Römern eine ganz vorzügliche sittliche Verfassung und die größte Eintracht herrschte [ich muß mit Rücksicht auf die durch das Thema geforderte Beschränkung vieles übergehen], also just während der Herrschaft der trefflichsten Sitten und der größten Eintracht war es, daß Scipio, der Befreier Roms und Italiens, der glorreiche und wunderbar begabte Beendiger des furchtbaren, so verderblichen und gefährlichen zweiten punischen Krieges, Hannibals Besieger und der Bezwinger Karthagos, der von Jugend auf, wie wir aus Schilderungen wissen, in Ergebenheit gegen die Götter und im Schatten der Tempel gelebt hatte, den Anklagen seiner Feinde wich, der Vaterstadt, die er durch seine Tüchtigkeit gerettet und befreit hatte, den Rücken kehrte und in dem Flecken Linternum sein Leben weiterhin zubrachte und beschloß; ihn zog trotz des glänzenden Triumphes kein Sehnen nach jener Stadt; er soll sogar angeordnet haben, daß ihm nicht einmal bei seinem Tode eine Leichenfeier in der undankbaren Vaterstadt veranstaltet werde. Danach fand durch den Prokonsul Gn. Manlius, der über die Galater triumphierte, die asiatische Üppigkeit, der schlimmste aller Feinde, Eingang in Rom. Damals sah man nämlich zuerst metallbeschlagene Betten und kostbare Teppiche; damals fing man an, bei den Gastmählern Saitenspielerinen und andere freche and nichtswürdige Gepflogenheiten einzuführen. Doch hier habe ich von den Übeln zu sprechen, die die Menschen mit Unmut ertragen, nicht von denen, die sie mit Lust herbeiführen. Deshalb gehört das erwähnte Schicksal Scipios, der seinen Feinden aus dem Wege ging und außerhalb der von ihm befreiten Vaterstadt sein Leben beschloß, enger zum Thema, weil ihm die römischen Gottheiten, von deren Tempeln er Hannibal ferne hielt, nicht mit gleicher Wohltat vergalten, da sie doch nur wegen des irdischen Glückes verehrt werden. Weil jedoch Sallust von der ausgezeichneten Sittlichkeit jener Zeit spricht, glaubte ich die kurze Abschweifung über die asiatische Üppigkeit machen zu sollen, damit man sich klar sei darüber, daß Sallust das nur beziehungsweise, im Vergleich zu anderen Zeiten, gemeint habe, die freilich unter der Herrschaft der ernstesten Zwistigkeiten eine noch schlimmere Sittenlosigkeit zeitigten. Denn damals, nämlich zwischen dem zweiten und dem letzten Krieg mit Karthago, wurde auch das Voconische Gesetz erlassen, das die Erbeinsetzung der Frauen, selbst der einzigen Tochter, verbot. Etwas Ungerechteres als dieses Gesetz läßt sich kaum nennen oder denken. Immerhin aber war die Unseligkeit in dieser ganzen Zeit zwischen den zwei punischen Kriegen noch einigermaßen erträglich. Nur durch Kriege nach außen wurde das Heer mitgenommen, zugleich aber durch Siege entschädigt, während im Staate selbst nicht, wie sonst, wütende Zwietracht herrschte. Aber im letzten punischen Krieg wurde von dem andern Scipio, der deshalb ebenfalls den Beinamen Africanus erhielt, in einem einzigen Sturmangriff die Nebenbuhlerin des römischen Reiches von der Wurzel aus vernichtet, und von da ab wurde der römische Staat von so gehäuften Übeln bedrängt, daß es offen zu Tage trat, wieviel mehr Unheil — infolge der nun eintretenden Wohlfahrt und Sicherheit, woraus als Quelle dieser Übel eine nur allzu schlimme Sittenverderbnis entsprang — die rasche Zerstörung Karthagos anstiftete als vordem seine lange Gegnerschaft. In dieser ganzen Zeit bis zu Cäsar Augustus, der selbst nach Ansicht unserer Gegner den Römern augenscheinlich nicht mehr eine ruhmreiche, sondern eine hadersüchtige, verderbliche, schon völlig entnervte und sieche Freiheit auf alle Weise entwand, durchgehends die königliche Willkür wieder aufrichtete und den vor Krankheit und Alter zusammengebrochenen Staat in gewissem Sinne wieder herstellte und erneuerte, in dieser ganzen Zeit also, auf die ich nicht näher eingehen will, immer wieder Kriegsunglück aus den verschiedensten Ursachen, dann der Vertrag[177] mit Numantia, von unauslöschlicher Schmach befleckt; es waren ja die Hühner aus ihrem Käfig davongeflogen und hatten dem Konsul Mancinus ein schlimmes Vorzeichen gegeben; als ob in der langen Reihe von Jahren, während deren diese kleine Stadt dem römischen Belagerungsheer zugesetzt hatte, sodaß sie bereits dem mächtigen römischen Staat ein Gegenstand des Schreckens zu sein anfing, andere Feldherren unter anderem Vorzeichen gegen sie vorgegangen wären.

       22. Des Mithridates Edikt, alle römischen Bürger in Asien zu ermorden.

      

      Indes, wie gesagt, ich übergehe dies, kann aber doch nicht unerwähnt lassen, daß Mithridates, König von Asien, die allenthalben in Asien sich aufhaltenden und in unzählbarer Menge ihren Geschäften nachgehenden römischen Bürger an einem einzigen Tage zu ermorden befahl; und es geschah so[178] . Welch klägliches Schauspiel, als plötzlich jeder, wo man ihn nur gerade antraf: auf dem Felde, auf dem Wege, im Orte, im Haus, auf der Straße, auf dem Marktplatz, im Tempel, im Bette, beim Gastmahl, unverhofft und erbarmungslos niedergemacht wurde! Das Gestöhne der Sterbenden begleiteten die Tränen der Zuschauer, vielleicht selbst der Mörder. Welch harte Aufgabe für die Gastfreunde, dieses ruchlose Gemetzel in ihrem Hause nicht bloß mitansehen, sondern sogar verüben zu müssen, in den Mienen eben noch gefällige Dienstfertigkeit und Artigkeit und nun plötzlich die drohende Haltung zur Ausführung eines so feindseligen Aktes mitten im Frieden, wobei es gewiß, ich möchte sagen, Wunden absetzte hüben und drüben, da der Ermordete am Leibe und der Mörder in der Seele getroffen wurde! Haben auch sie alle etwa die Wahrzeichen nicht beachtet? Sie hatten ja Hausgötter, hatten Staatsgötter, die sie hätten befragen können, als sie von ihrer Heimat zu dieser Reise aufbrachen, von der es für sie keine Rückkehr gab. Wenn dem so ist, so haben unsere Gegner keinen Grund, sich über Vernachlässigung der Götter in unserer Zeit zu beklagen; längst schon setzten sich dann die Römer über diese Albernheiten hinweg. Wenn sie aber Rat erholt haben, so beantworte man doch die Frage, was es geholfen hat zu einer Zeit, da derlei, freilich nur nach menschlichen Gesetzen, gestattet war und niemand es verwehrte.

      

       23. Die Übel, die den römischen Staat im Inneren aufwühlten nach Vorangang einer seltsamen Erscheinung, die in einer allgemeinen Haustierwut bestand.

      

      Doch nun will ich kurz, so gut ich es vermag, auf die Übel hinweisen, die tief in das Innere des Staates eingriffen und diesem ihrem Charakter gemäß auch umso größeres Elend erzeugten: bürgerliche oder vielmehr unbürgerliche Zwietracht, nicht mehr bloß Aufstände, sondern auch bereits Kämpfe in der Stadt, bei denen Blut in Strömen floß und die Parteileidenschaften nicht in Versammlungen und Gegenversammlungen,

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