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Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte. Auerbach Berthold
Читать онлайн.Название Die Frau Professorin. Eine Schwarzwälder Dorfgeschichte
Год выпуска 0
isbn 9788726614527
Автор произведения Auerbach Berthold
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Mit diesen Worten waren die Beiden in einen Baumgarten getreten; der Maler nahm dem Bauer die Flinte ab und schoss damit in die Luft, dass es weithin widerhallte, dann schrie er Juhu! sprang die Treppe hinauf und hinein in die Stube . . .
Da sind wir also wieder beim Wadeleswirth, in dem Augenblick, da die Katze ihm am Gesicht vorbeigesprungen und das Glas Most auf den Boden gefallen war. Der Wirth steht da, hat beide Fäuste geballt und flucht:
„Kreuzmillionenheideguguk, was ist denn das? Was gibt’s ins —“
„Ich bin’s,“ rief der Maler, die Hand zum Willkomm ausstreckend.
Die Faust des Wirthes entballte sich und er rief: „Wa . . . Was? Ja, bigott, er ist’s. Ei Herr Reinhard, sind Ihr auch wieder ause gelaufen? 1 Das ist ein fremder Besuch, da sollt’ man ja den Ofen einschlagen.“ 2
„Weil’s Sommer ist, alter Kastenverwalter,“ erwiderte der Begrüsste, indem er derb die Hand des Wadeleswirths schüttelte, der jetzt fragte:
,,Seid Ihr’s gewesen, der im Garten geschossen hat?“
,,Nein, nicht ich, da mein Weib,“ sagte der Maler, die Flinte aufhebend, „kann das Maul nicht halten.“
,,Ihr seid noch allfort der Alte, aber der Mann muss für’s Weib bezahlen; es kostet Straf’, wenn man schiesst.“
„Weiss wohl, ich bezahl’s gern.“
Reinhard stellte nun seinen Freund, den Bibliothekscollaborator Reihenmaier vor.
„Reihenmaier,“ sagte der Wadeleswirth, „so haben wir hier auch ein Geschlecht.“
Der Collaborator erwiderte lächelnd:
„Es können weitläufige Verwandte von mir sein, ich stamme auch von Bauern ab.“
„Wir stammen alle von Bauern ab,“ sagte der Wadeleswirth, ,,der Erzvater Adam ist seines Zeichens ein Bauer gewesen.“
„Wo ist denn Eure Eva, alter Adam?“ frug Reinhard.
„Sie kommt gleich mit dem Heuwagen, ich bin dieweil voraus. Lorle! Lorle! Wo bist?“
„Da,“ antwortete eine Stimme von unten.
„Mach hurtig die Scheuer auf, dass sie mit dem Wagen gleich ’rein können, es wird einen Regen geben, und komm hernach ’rauf.“
,,Die Grundel? Ich bin begierig die Grundel 3 wieder zu sehen,“ sagte Reinhard; der Wadeleswirth erwiderte schelmisch lächelnd und mit dem Finger drohend:
„Oha, Mannle! Das ist kein Grundel mehr, das kann sich sehen lassen, es ist ein lebfrisches Mädle; bigott aber Ihr könnet Euch nicht sehen lassen, man meint Ihr wäret ein alter Hauensteiner Salpeterer, Ihr habt ja einen ganzen Wald im Gesicht, Rothtannen und Blutbuchen, was kostet das Klafter? Saget einmal, lassen denn die Kesselflicker und Scheerenschleifer in den Kanzleien so einen Bart ungerupft und ungeschoren? Machen sie’s ihm nicht auch wie den Büchern und den Zeitungen —“
„Mann! Um Gottes willen, Mann!“ unterbrach ihn Reinhard, ,,kommt Ihr jetzt auch mit diesen Geschichten an? Hat man denn nirgends mehr Ruhe vor der verdammten Politik?“
„Ja gucket, das geht einmal nimmer anders; wir dummen Bauern sind jetzt halt auch einmal so dumm und fragen darnach, wo unsere Steuern hinkommen, für was unsere Buben so lang Soldaten sein müssen und —“
„Weiss schon, weiss schon Alles,“ betheuerte Reinhard.
Der Collaborator aber fasste die Hand des Wirths, klopfte ihm auf die Schulter und sagte:
„Ihr seid ein ganzer Mann, ein Bürger der Zukunft.“
Der Wadeleswirth schüttelte sich, hob beide Achseln, schaute den Collaborator mit gerunzelter Stirne an und sagte dann, indem er lächelnd nickte:
„Einen schönen Gruss und ich liess’ mich schön bedanken.“
Der Collaborator wusste nicht, was das bedeuten soll. Es gab aber nicht lange Bedenkzeit, man vernahm Peitschenknallen auf der Strasse, der Madeleswirth ging nach der „Laube,“ dem bedeckten Söller, der das Haus, mit Ausnahme der Gartenseite, umschloss; die beiden Fremden folgten.
„Fahr’ besser hist,“ rief der Wirth dem jungen Manne zu, der auf dem Sattelgaule vor dem Heuwagen sass; „noch schärfer hist, sonst kommst du nicht herein, du lernst’s dein Lebtag nicht; so, so, jetzt frischweg, fahr’ zu!“
Der Wagen war glücklich herein; freier athmend ging man wieder nach der Stube.
Der Collaborator fragte bescheiden:
„Warum lasset Ihr denn das Scheunenthor nicht weiter machen, da es doch so mühsam ist hereinzufahren?“
Der Wadeleswirth, der zum Fenster hinausgesehen hatte, kehrte sich um, dann schaute er wieder ins Freie und sprach hinaus:
„Das junge Volk braucht’s nicht besser zu haben als wir, es soll eben auch lernen, die Augen bei sich haben und geschickt sein und wissen was hinter ihm drein kommt. Ich bin mehr als dreissig Jahre da hereingefahren und bin nie stecken blieben.“ Jetzt wendete er sich nach der Stube und fuhr fort: ,,Was ist denn eigentlich Euer Geschäft, Herr Kohlebrater?“
„Ich bin Bücherverwalter.“
Nun kam die Frau, der Sohn, der Knecht und die Magd in die Stube. Alle bewillkommten Reinhard und die Frau bemerkte, auf den Bart deutend:
„Ihr seid recht verwildert in den zwei Jahren, wo wir Euch nicht gesehen haben.“
„Unser Tambourmajor,“ sagte Stephan der Sohn, „hat auch so einen gottsjämmerlichen Bart gehabt, er hat ihn aber alle Morgen schwarz gewichst.“
„Wenn ich jung wäre, mich dürftet Ihr mit dem Bart nicht küssen,“ sagte Bärbel, eine bejahrte, starkknochige Person, die als Magd im Hause diente; Martin, der Knecht, der hinter ihr stand, war ihr Sohn. Dieser hatte seine besondere Meinung, die er nun auch preisgab:
„Und ich sag’, der Bart passt ihm staatsmässig, er sieht aus wie der heilig’ Joseph in der Kirch’!“
„Und du wie der Mohrenprinz,“ endete der Wadeleswirth; „aber wo steckt denn das Lorle? Alte, hol’ mir einen Trunk aus dem Keller und gib mir ein Mümpfele 4 Käs und dann richtest du dem Herrn Reinhard sein altes Zimmer her und der andere fremde Herr kann auf dem Tanzboden schlafen.“
Der Wadeleswirth bekam nun doch endlich seinen Trunk; er ging lieber eine Stunde in brennendem Durst umher, ehe er die zwei Treppen hinab- und wieder hinaufstieg. Der Collaborator setzte sich zu ihm.
Reinhard machte einen Gang durch das Dorf; alle Kinder liefen ihm nach und einige muthvolle riefen sogar aus sicherm Versteck:
Rother Fuchs, dein Bart brennt an,
Schütt’ ein bisle Wasser dran.
Reinhard ging in das Haus wo der Bader wohnte, die Kinder warteten vor der Thür bis er wieder geschält herauskäme; als er aber mit vollem Bartschmucke wieder erschien, lachten und jubelten sie aufs Neue.
Im Hause des Baders wohnte noch Jemand, dem Reinhard einen Auftrag gegeben hatte, es war der Dorfschütz, der jetzt mit der Schelle herauskam. Er klingelte an allen Ecken und sprach dann laut und deutlich: ,,Der Maler Reinhard ist wieder angekommen mit einem grossmächtigen rothen Bart. Wer ihn sehen will, soll in die Linde kommen, allda ist der Schauplatz. Eintrittspreis ist, dass Jeder ein gross Maul machen und seine Zähne weisen muss, wenn er hat. Um halb neun Uhr geht die Fütterung an. Kinder sind frei.“
Ein unaufhörliches Gelächter zog durch das ganze Dorf, die Kinder folgten jubelnd und johlend dem Schütz auf dem Fusse, sie waren kaum so lang zum Schweigen zu bringen, dass man die Verkündigung hören konnte.
Als es bereits Nacht geworden und der Himmel mit schweren Regenwolken überzogen war, sass Reinhard auf der Steinbank