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Todesruhe - Ein Fall für Julia Wagner: Band 2. Tanja Noy
Читать онлайн.Название Todesruhe - Ein Fall für Julia Wagner: Band 2
Год выпуска 0
isbn 9788726643077
Автор произведения Tanja Noy
Жанр Языкознание
Серия Ein Fall für Julia Wagner
Издательство Bookwire
Sofort steckte Techs Finger wieder im Ohr.
Charlotte sagte: „Kriminalpolizei. Wir werden jetzt Ihr Zimmer durchsuchen. Je eher Sie zur Seite treten, desto schneller geht’s.“
Campuzano bewegte sich nicht von der Stelle. Er legte lediglich die linke Hand über die rechte und zog daran. Es gab ein krachendes Geräusch, so als würde er sich die Finger ausreißen. „Warum sollte ich Sie reinlassen?“
„Weil Ihr Mitpatient, Weinfried Tämmerer, einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist.“
„Ich hab ihn nicht gekillt.“
„Wir müssen trotzdem rein.“
„Warum?“
„Das habe ich Ihnen gerade erklärt.“
Daraufhin verrannen die Sekunden. Campuzanos fast vollkommen schwarze Augen funkelten. Charlotte hielt seinem Blick stand. Techs Finger verschwand fast vollständig im Ohr.
Dann endlich wurde die Tür geöffnet, allerdings nur so weit, dass sie sich gerade so hineinschieben konnten.
Die Luft im Inneren des Zimmers war zum Schneiden. War es in den anderen schon kaum auszuhalten gewesen, hier war es noch um ein Dreifaches schlimmer.
Charlotte wandte sich um und stellte fest, dass Tech sich bereits ins angrenzende Badezimmer verdrückt hatte. Während sie sich selbst an die Arbeit machte, sagte sie: „Ich erinnere mich, irgendwann einmal von Ihnen gehört oder gelesen zu haben. Sie sind der Leadsänger einer deutschen Rockband, nicht wahr?“
„Überflieger, so heißt meine Band.“ Plötzlich zeigte der Freak so etwas wie ein Lächeln. „Jau Mann, ich schwör, ich rock Ihnen den Arsch ab, Frau Kommissarin.“
„Schade nur, dass die Überflieger einen mächtigen Absturz hinlegten, nachdem Sie dem Sänger einer anderen Band im Koksrausch den Kehlkopf zugedrückt haben“, bemerkte Charlotte, ohne darauf einzugehen.
Unschuldig hob Campuzano die Hände in die Höhe. „Wir leben in einer bösartigen Welt. Da muss man sich ja wohl verteidigen dürfen.“
„Hier drinnen scheinen Sie auch nicht gerade den ersten Preis für Umgänglichkeit zu gewinnen.“
„Na und?“
Charlotte seufzte leise auf. „Sie haben recht. Lassen Sie uns zum Thema kommen: Wie gut kannten Sie Weinfried Tämmerer?“
Campuzano verschränkte die Arme vor der Brust, und als er sich dabei ein klein wenig drehte, erkannte man im Profil, dass seine Nase schon mindestens zweimal gebrochen war. „Ich hatte nichts mit ihm zu tun.“ Er brach kurz ab, dann fügte er hinzu: „Er war eine Drecksau. Er hatte es verdient.“
„Was genau hatte er verdient?“
„Meinetwegen auch den Tod.“ Campuzano trat in die Mitte des Raumes, die Arme immer noch vor der Brust verschränkt. „Der hat kleine Mädchen gefickt. Dafür verdient man den Tod. Keiner wird ihn vermissen.“
„Haben Sie ihn umgebracht?“
„Nein.“
„Haben Sie ihn schikaniert?“
Ein verächtliches Lächeln legte sich auf die Lippen des Freaks. „Ich hab ihm nur ein paar Manieren beigebracht. Wenn’s seine Eltern schon nicht getan haben. Sind Sie jetzt fertig, Frau Kommissarin? Ich schreib nämlich grad an einem neuen Song. Wenn ich hier raus bin, starte ich wieder voll durch. Was interessieren mich da dreckige, tote Kinderficker?“
12. KAPITEL
Etwas Dunkles
Ein wirklich schöner und heißer Tag in einer Stadt, die er persönlich für eine der schönsten Städte Deutschlands hielt: Hannover. Der Pigmentlose lächelte trotzdem nicht. Stattdessen warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. 14:34 Uhr.
Dann griff er in eine kleine durchsichtige Tüte, die zwischen seinen Beinen klemmte, zog ein Bonbon hervor und steckte es sich den Mund. Anschließend beugte er sich nach vorne übers Lenkrad und beobachtete mit hellen reglosen Augen weiter den Eingang des Friedhofes.
Eine Katze mit grauer Schnauze kam über die Mauer geklettert und blieb einen Moment lang stehen, als sie ihn im Auto sitzen sah. Dann sprang sie von der Mauer und verzog sich in ein Gebüsch. Er folgte ihr mit den Augen. Katzen bedeuteten Glück. Oder Pech. Je nachdem, von welcher Warte aus man es betrachtete. Aber der Pigmentlose war nicht abergläubisch.
Als Nächstes schlurfte ein Friedhofsgärtner vorbei, auch nicht mehr der Jüngste.
Es dauerte noch ein paar Minuten, dann sah er ihn kommen, und sofort spürte der Pigmentlose etwas, das ihm bis ins Mark drang. Er griff nach seinem Handy und wählte.
„Sprich“, sagte eine Stimme am anderen Ende.
„Er ist gerade angekommen.“
„Gut. Lass ihn nicht aus den Augen.“
Der Pigmentlose legte auf und verließ ohne die geringste Regung im Gesicht den Wagen. Vorher jedoch steckte er sich noch ein weiteres Bonbon in den Mund.
Das Grab sah unscheinbar aus. Nur eine dunkle Marmorplatte und – bis auf eine gelbe Rose – keine Blumen.
Die eingravierten Namen lösten eine tiefe Traurigkeit in Zander aus. Vielleicht war es die Angst, dass auch Julia, obwohl noch am Leben, trotzdem nicht mehr in dasselbe zurückfinden würde. Dass, selbst wenn er alles tat, nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Er wusste es nicht.
Er konzentrierte sich auf die Frau, die vor dem Grab kniete, und sprach sie an. „Sind Sie Frau von Jäckle?“
Sie sprang auf, drehte sich zu ihm um, und er stellte fest, dass sie etwas untersetzt war, Anfang fünfzig, mit intelligentem Blick und nicht sehr groß. Sie trug Jeans, ein rotes Hemd und einen grauen Pferdeschwanz.
„Ich habe Sie gar nicht kommen hören“, sagte sie. „Ja. Ich bin Paula von Jäckle.“ Dabei nickte sie unterstreichend, wobei ihr grauer Pferdeschwanz auf und abwippte.
„Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken“, gab Zander entschuldigend zurück. „Ich dachte, Sie hätten meine Schritte gehört.“
„Nein. Ich war … Nennen wir es: konzentriert.“
Er deutete auf die gelbe Rose. „Von Ihnen?“
„Ja. Ich habe sie mitgebracht, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass Frau Wagner so etwas wie Blumen auf dem Grab ihrer Eltern gerne sehen würde. Ich vermute eher, sie würde so etwas Buntes und Farbenfrohes hier nicht ertragen.“
Zander nickte. „Das denke ich auch.“ Noch einmal legte sein Blick sich auf die beiden eingravierten Namen. Sven und Christine Wagner.
Paulas Augen folgten den seinen. „Die Wurzeln der Vergangenheit“, sagte sie. „Wir können sie verdrängen, aus unserem Leben ausschließen, aber sie sind und bleiben dennoch für immer fest in uns verankert.“ Sie hob den Blick und sah ihn wieder an. „Es tut mir schrecklich leid, was passiert ist.“
Er nickte. „Sie haben mir am Telefon gesagt, dass Sie so etwas wie ein Medium sind. Bevor wir uns unterhalten, sollte ich Sie darauf hinweisen, dass ich nicht an Hellseher glaube.“
Das schien Paula nun fast ein wenig zu erheitern. „So in etwa hat es Frau Wagner auch ausgedrückt, und am Ende kam sie trotzdem nicht umhin, meinen Worten Glauben zu schenken. Davon abgesehen bin ich keine Hellseherin, ich bin, wie Sie bereits richtig bemerkten, ein Medium. Ein stilles Medium. Aber diesen Unterschied konnte ich ihr auch nur mühsam beibringen.“ Sie brach ab und schwieg ein paar nachdenkliche Sekunden, dann redete sie weiter: „Frau Wagner und ich lernten uns vor drei Monaten in Wittenrode kennen. Von Anfang an habe ich etwas Dunkles in ihrer Aura gespürt. Etwas, das sie permanent umgibt, so wie ein Mantel. Trotzdem war ich nicht in der Lage, ihr zu helfen. Ich konnte nicht verhindern, was am Ende in der Kapelle geschah.“ Sie sah auf