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Tischgesprächen beteiligte, gab ihm doch zu denken. Und er bemerkte den Blick, mit dem seine Perle Max betrachtete.

      Ein stiller Vorwurf war deutlich darin zu lesen.

      »Sagen S’, Frau Tappert, ist irgend was?« fragte der Geistliche, nachdem er das Essen gesegnet hatte. »Ich sehe Ihnen doch an der Nasenspitze an, daß es da was gibt.«

      Die Haushälterin schüttelte den Kopf.

      »Nein, eigentlich net…«, erwiderte sie vage.

      »Nun kommen S’ schon. Heraus mit der Sprache«, forderte der Pfarrer sie auf.

      Sophie Tappert legte ihren Löffel in den halbvollen Teller und sah zu Max hinüber.

      »Es ist wegen der Franzi«, sagte sie schließlich. »Franziska Burgmüller.«

      »Was ist mit ihr?« fragte Sebastian.

      »Sie war heut’ bei mir und hat mir ihr Herz ausgeschüttet. Sie sollten sich schämen, Maximilian Trenker. Erst brechen Sie dem Madel das Herz, und dann lassen Sie’s links liegen.«

      Max hatte sich unwillkürlich geduckt, als die Worte auf ihn herniederprasselten. Jetzt sah ihn auch sein Bruder strafend an.

      »Max, Max«, sagte er kopfschüttelnd. »Es wird noch mal ein schlimmes Ende nehmen.«

      Maximilian Trenker war wieder einmal seinem Ruf gerecht geworden. ›Ich brech die Herzen der stolzesten Frauen…‹ war sein Lieblingslied, und wo immer Spaß und Gaudi waren, war auch Max zu finden. Seinem Charme konnte kaum eine widerstehen. Brach die Verflossene dann in Tränen aus, weil’s vorbei war, konnte der Herzensbrecher so lieb schauen, daß ihm niemand mehr bös’ sein konnte.

      Auch Sophie Tappert net.

      »Ich werd’ für Sie beten«, sagte die Haushälterin und stand auf.

      »Dank’ schön«, antwortete Max verdutzt.

      Die Frau war schon an der Tür.

      »Und dafür, daß es eines Tages die Theresa Keunhofer sein wird, die Sie zum Traualtar führen«, rief sie im Hinausgehen.

      Max erschauderte, während sein Bruder sich köstlich amüsierte – Theresa war ein altjüngferliches Fräulein, das mit aller Macht auf der Suche nach einem Mann war – der Schrecken der männlichen Jugend in Sankt Johann. Jeder war froh, wenn er von Resl’s Liebesbezeugungen verschont blieb!

      »So ganz unrecht hat die Frau Tappert net!« meinte Sebastian und blickte seinen Bruder strafend an. »Ich fürcht’ nämlich auch, daß es noch einmal bös enden wird, wenn net bald eine kommt, die es schafft, dich in den Hafen der Ehe zu lotsen.«

      »Das werd’ ich zu verhindern wissen«, versprach Max augenzwinkernd und nahm noch eine Kelle von dem Eintopf.

      *

      Christian Wiltinger war ratlos. Vor drei Tagen hätte seine Verlobte ihre Arbeit wieder aufnehmen sollen, doch sie schien verschollen, denn sie war weder in dem Zug gewesen, mit dem sie hätte ankommen sollen –, Christian hatte vergeblich auf dem Bahnhof auf sie gewartet – noch hatte sie sich sonst irgendwie gemeldet. Seine Angst und Sorge um das geliebte Madel wuchsen stündlich. Was konnte da nur geschehen sein? Er hatte schon bei der Polizei und in verschiedenen Krankenhäusern angerufen, doch nirgendwo fand sich eine Spur von ihr. Der junge Filialleiter war sicher, daß Veronika nicht in der Lage war, ein Lebenszeichen von sich zu geben. Sie hatte überhaupt keinen Grund, so sang- und klanglos zu verschwinden. Beide waren sich ihrer Liebe sicher, sogar der Hochzeitstermin stand schon fest, und in der Bank, wo Veronika in der Kreditabteilung arbeitete, stand ebenfalls alles zum besten.

      Was also war nur geschehen?

      Nachdenklich ging Christian Wiltinger an die große Karte, die an der Wand hinter seinem Schreibtisch hing. Sie zeigte den Freistaat Bayern mit den angrenzenden Ländern. Suchend fuhr sein Finger über das Papier.

      Wie hieß doch gleich das Dorf, in dem Veronika diesen Verwandten, Urban Brandner, hieß er, vermutete? Richtig – Sankt Johann. Wo mochte das nur liegen?

      Typisch, dachte der junge Mann, im Urlaub fliegt man nach Mallorca oder sonstwohin, aber in der Heimat, da kennt man sich net aus. Endlich fand er es, mitten in den Alpen.

      Jemand klopfte an seine Bürotür, und auf seinen Ruf traten Ines Ambach und Andreas Föringer ein. Sie arbeiteten ebenfalls in der Bank und waren mit Christian und Veronika auch privat befreundet. Die beiden hatten sich An­dreas und Ines als Trauzeugen ausgesucht.

      »Noch immer keine Nachricht?« fragte Andreas.

      Sowohl er, als auch Ines machten ein besorgtes Gesicht.

      Christian schüttelte den Kopf.

      »Es ist wie verhext!«

      Er deutete auf die Karte.

      »Ich überlege, ob ich nicht hinfahren und sie suchen soll«, sagte er.

      »Ich glaube, das ist eine gute Idee«, stimmte Ines zu. »Wer weiß, was dahintersteckt, daß Veronika sich nicht meldet. Vielleicht ist es nur dort zu klären.«

      »Nur zu«, ermunterte Andreas den Freund. »Die Bank ist bei mir in besten Händen.«

      Er war der stellvertretende Filialleiter.

      »Ich weiß, daß ich mich auf dich verlassen kann«, erwiderte Christian Wiltinger und schaute auf die Uhr. »Es ist erst zehn. Wenn ich gleich losfahre, kann ich am frühen Abend dort sein.«

      Er zeigte den beiden, wo Sankt Johann lag.

      »Hoffentlich findest du Veronika«, sagte Ines. »Irgendwie unheimlich ist es schon. Alleine der Gedanke – ein Mensch verschwindet doch net so einfach!«

      Christian verabschiedete sich von ihnen und fuhr nach Hause. Eilig packte er ein paar Sachen in eine Reisetasche und stieg wieder in seinen Wagen. Wenig später war er schon auf der Autobahn. Obwohl er sich auf den Verkehr konzentrieren mußte, waren seine Gedanken doch immer wieder bei dem Madel. Er brannte darauf, Veronika zu finden und herauszubekommen, was da geschehen war.

      Hoffentlich…, nein, den schlimmsten Gedanken wollte er gar nicht erst denken. Eine innere Stimme sagte ihm, daß es seiner Verlobten gut ging. Diese Hoffnung wollte er nicht verlieren.

      *

      Wie nach jeder Messe, stand Pfarrer Trenker an der Kirchentür und verabschiedete die Gläubigen. Am letzten Sonntag waren einige von ihnen mit gesenkten Köpfen aus dem Gotteshaus geschlichen, nach dem Donnerwetter, das der Herr Pfarrer auf sie hatte niederprasseln lassen.

      Von Selbstherrlichkeit hatte er gesprochen, und von der Dummheit in den Köpfen mancher Leute. Natürlich ohne einen Namen zu nennen, aber die, welche er meinte, wußten Bescheid und fühlten sich auch angesprochen.

      Burgl Anderer kam als eine der letzten heraus. Sie gab Sebastian Trenker die Hand.

      »Dank’ schön, Herr Pfarrer, für alles, was Sie für meinen Buben getan haben«, sagte sie mit Tränen in den Augen.

      »Ist schon recht, Burgl«, nickte Sebastian ihr aufmunternd zu.

      »Er ist kein schlechter Junge«, sprach Burgl weiter. »Es lief nur net alles so, wie er es sich gedacht hatte.«

      »Ich weiß, und ich werd’ alles tun, was in meiner Macht steht, um ihm zu helfen.«

      »Danke, Hochwürden, vielen, vielen Dank.«

      Die verhärmte, vor Kummer und Plagen gebeugte Frau, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet hatte und doch nie auf einen grünen Zweig gekommen war, kämpfte sichtbar mit den Tränen.

      »Ich wünsch dir noch einen schönen Sonntag«, verabschiedete der Geistliche sie und ging dann in die Kirche zurück.

      Die Meßdiener hatten schon ihre Utensilien abgelegt und warteten darauf, entlassen zu werden. Sebastian steckte jedem von ihnen ein Geldstück zu.

      »Für ein Eis. Aber erst nach dem Mittagessen.«

      »Dank’

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