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ein Mensch zu sein. Mir wurde das Überschreiten jener heiligen Grenze gewährt, die die intellektuelle und moralische Natur des Menschen von dem trennt, was Tiere charakterisiert. Meine besten Gefühle waren gefordert, um die Großzügigkeit, die Weisheit und die Geschenke meines neuen Freundes angemessen zu erwidern. Ihm, mit seiner ganz eigenen edlen Güte, bereitete es unendliche Freude, dem lange vernachlässigten Sohn des Freundes seines Vaters, dem Abkömmling jenes begabten Wesens, von dessen Vorzügen und Talenten er von seiner Kindheit an hatte erzählen hören, die Schätze seines Verstandes und seines Vermögens zu schenken.

      Nach seiner Abdankung hatte sich der verstorbene König aus der Politik zurückgezogen, doch sein häuslicher Kreis verschaffte ihm wenig Zufriedenheit. Die vormalige Königin verfügte über keine Tugenden des häuslichen Lebens, und jene des Mutes und der Verwegenheit, die sie besaß, verloren durch die Absetzung ihres Mannes ihren Wert: Sie verachtete ihn und war nicht darauf bedacht, ihre Gefühle zu verbergen. Der König hatte, in Übereinstimmung mit ihren Forderungen, seine alten Freunde verstoßen, aber unter ihrer Führung keine neuen gewonnen. In diesem Mangel an Zuneigung griff er auf seinen noch sehr kleinen Sohn zurück; und die frühe Entwicklung seines Talents und seiner Sensibilität machte Adrian zu einer geeigneten Person für das Vertrauen seines Vaters. Er wurde es nie müde, den oft wiederholten Berichten aus alten Zeiten zu folgen, in denen mein Vater eine herausragende Rolle gespielt hatte. Seine kühnen Bemerkungen wurden dem Knaben wiederholt und von ihm in Erinnerung behalten, sein Witz, sein Zauber, seine Fehler wurden durch reuevolle Zuneigung geheiligt, sein Verlust wurde aufrichtig bedauert. Selbst die Abneigung der Königin gegenüber dem Liebling konnte ihn nicht der Bewunderung ihres Sohnes berauben: Sie war bitter, sarkastisch, verächtlich – doch indem sie ihre Tadel gleichermaßen über seine Tugenden wie seine Fehler ergoss, über seine hingebungsvolle Freundschaft und seine unguten Leidenschaften, über seine Uneigennützigkeit und seine Verschwendungssucht, über seine einnehmenden Manieren und die Leichtigkeit, mit der er der Versuchung nachgab, erwies sich ihr Doppelschuss als zu schwer und verfehlte das Ziel. Auch verhinderte ihre zornige Abneigung nicht, dass Adrian sich meinen Vater, wie er gesagt hatte, als ein Sinnbild alles Galanten, Liebenswürdigen und Faszinierenden im Menschen vorstellte. Es war daher nicht verwunderlich, dass er, als er von der Existenz der Nachkommen dieses gefeierten Mannes hörte, den Entschluss fasste, ihnen alle Vorteile zu gewähren, die ihm sein Rang ermöglichte. Auch als er mich als einen vagabundierenden Hirten der Hügel, einen Wilderer, einen ungebildeten Wilden fand, versagte seine Freundlichkeit nicht. Er vertrat nicht nur die Ansicht, dass sein Vater sich in gewissem Grade der Vernachlässigung uns gegenüber schuldig gemacht habe und ihm jede mögliche Wiedergutmachung obliege, sondern freute sich überdies, sagen zu können, dass unter all meiner Grobheit eine Kultiviertheit des Geistes hervorschimmerte, die sich vom bloßen viehischen Mut unterschied, und dass ich eine äußere Ähnlichkeit mit meinem Vater aufwies, die bezeugte, dass nicht alle seine Tugenden und Begabungen mit ihm gestorben waren. Was auch immer auf mich gekommen sein mochte, beschloss mein edler junger Freund, sollte nicht aus Mangel an Kultur zugrunde gehen.

      Indem er diesen Gedanken bei unseren folgenden Zusammentreffen verfolgte, weckte er in mir den Wunsch, an der Verfeinerung teilzuhaben, die seinen eigenen Intellekt zierte. Einmal dieses neuen Gedankens bemächtigt, haftete mein reger Geist mit äußerster Begierde daran. Zuerst war es das große Ziel meines Ehrgeizes, mit den Verdiensten meines Vaters zu konkurrieren und mich der Freundschaft Adrians würdig zu erweisen. Aber bald erwachten die Neugier und die ernsthafte Liebe zum Wissen, die mich Tag und Nacht zum Lesen und Studieren antrieb. Ich kannte bereits, was ich als Panorama der Natur bezeichnen möchte, den Wechsel der Jahreszeiten und die verschiedenen Erscheinungen von Himmel und Erde. Aber ich war erschrocken und verzaubert von der plötzlichen Erweiterung meiner Sicht, als der Vorhang, der vor der geistigen Welt herabhing, zurückgezogen wurde und ich das Universum sah, nicht nur, wie es sich meinen äußeren Sinnen präsentierte, sondern wie es den Weisesten unter den Menschen erschienen war. Die Poesie und ihre Schöpfungen, die Philosophie und ihre Forschungen und Klassifikationen weckten die in mir ruhenden Gedanken und hauchten mir neue ein.

      Ich fühlte mich wie der Seemann, der vom Mastkorb aus als Erster die Küste Amerikas entdeckte; und wie er beeilte ich mich, meinen Gefährten von meinen Entdeckungen in unbekannten Gebieten zu erzählen. Doch ich war nicht in der Lage, in der Brust anderer den gleichen Appetit auf Wissen zu erregen, der in meiner bestand. Selbst Perdita konnte mich nicht verstehen. Ich hatte in einer Welt gelebt, die gemeinhin als die reale Welt bezeichnet wird, und erwachte nun in einem neuen Land, in dem ich entdeckte, dass es in allem, was ich sah, eine tiefere Bedeutung gab, abgesehen von dem, was meine Augen mir vermittelten. Die träumerische Perdita sah darin nur einen neuen Glanz einer alten Lektüre, und ihre eigene war unerschöpflich genug, um sie zufriedenzustellen. Sie hörte mir zu, wie sie es bei der Erzählung meiner Abenteuer getan hatte, und interessierte sich zuweilen für diese Art von Wissen, doch sie sah es nicht als einen integralen Teil ihres Wesens an, so wie ich es tat, der ich es, nachdem ich es gewonnen hatte, ebenso wenig ablegen konnte wie den Tastsinn.

      Wir beide liebten Adrian einmütig, wenngleich sie, die sie der Kindheit noch nicht ganz entwachsen war, weder das Ausmaß seiner Verdienste wie ich schätzen noch die gleiche Übereinstimmung mit seinen Beschäftigungen und Meinungen fühlen konnte. Ich war stets bei ihm. Da war eine Empfindsamkeit und Sanftheit in seiner Art, die unserem Gespräch einen zarten und überirdischen Ton gab. Dann war er heiter wie eine Lerche, die von ihrem himmlischen Turm herab sang und in Gedanken wie ein Adler aufstieg, unschuldig wie die sanftäugige Taube. Er konnte den Ernst Perditas zerstreuen und der quälenden Umtriebigkeit meiner Natur den Stachel nehmen. Ich blickte auf meine rastlosen Wünsche und schmerzhaften Kämpfe mit meinen Mitmenschen wie auf einen unruhigen Traum zurück und fühlte mich so verändert, als wäre ich in eine andere Daseinsform übergegangen, deren neues Empfinden das Abbild des scheinbaren Universums im Spiegel des Geistes verändert hatte. Aber dem war nicht so; ich war noch immer ebenso kräftig, empfand das starke Bedürfnis nach Zuneigung und sehnte mich nach aktiver Betätigung. Meine männlichen Tugenden verließen mich nicht, denn die Hexe Urania verschonte Samsons Locken, während er zu ihren Füßen ruhte; doch es wurde alles gemildert und menschlicher gemacht. Adrian unterrichtete mich nicht allein in den Tatsachen der Geschichte und Philosophie. Zu gleicher Zeit, als er mich auf seine Weise lehrte, meinen leichtsinnigen und unkultivierten Geist zu beherrschen, öffnete er meinem Auge die wahre Seite seines eigenen Herzens und ließ mich seinen bewunderungswürdigen Charakter erkennen und verstehen.

      Die ehemalige Königin von England hatte sich schon in der Kindheit ihres Sohnes bemüht, ihm verwegene und ehrgeizige Pläne einzupflanzen. Sie sah, dass er mit hohen Geisteskräften und überragendem Talent ausgestattet war; diese kultivierte sie, um sie später zur Förderung ihrer eigenen Ansichten zu verwenden. Sie bestärkte sein Verlangen nach Wissen und seinen ungestümen Mut; sie tolerierte sogar seine unbezähmbare Freiheitsliebe, in der Hoffnung, dass diese, wie dies allzu oft geschieht, in eine Liebe zur Macht münden würde. Sie bemühte sich, in ihm ein Gefühl des Grolls und des Verlangens zu erwecken, sich an denjenigen zu rächen, die dazu beigetragen hatten, die Abdankung seines Vaters herbeizuführen. Dies gelang ihr nicht. Die ihm übermittelten Berichte, so verzerrt sie auch sein mochten, einer großen und klugen Nation, die ihr Recht geltend machte, sich selbst zu regieren, erregte seine Bewunderung: Er wurde bereits in jungen Jahren durch und durch republikanisch. Dennoch verzweifelte seine Mutter nicht. Der Liebe zur Herrschaft und dem hochmütigen Standesbewusstsein fügte sie entschlossenen Ehrgeiz, Geduld und Selbstbeherrschung hinzu. Sie widmete sich dem Studium des Charakters ihres Sohnes. Durch Lob, Tadel und Ermahnung versuchte sie die passenden Akkorde zu finden und zu treffen; und obschon die Melodie, die ihrer Berührung folgte, ihr unharmonisch erschien, baute sie ihre Hoffnungen auf seine Talente und war sich sicher, dass sie ihn schließlich gewinnen würde. Die Verbannung, die er jetzt erlebte, hatte eine andere Ursache.

      Die einstige Königin hatte auch eine Tochter, die jetzt zwölf Jahre alt war; seine feenhafte Schwester, wie Adrian sie zu nennen pflegte; ein reizendes, lebhaftes, kleines Ding, empfindsam und freiheraus. Mit diesen ihren Kindern wohnte die adlige Witwe ständig in Windsor; und sie ließ außer ihren Gefolgsleuten, Reisenden aus ihrer Heimat Deutschland und einigen Gesandten keine Besucher zu. Unter jenen, und von ihr hochgeschätzt, befand sich Prinz Zaimi, Botschafter der freien Staaten von Griechenland in England; und seine Tochter, die junge Prinzessin

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