Скачать книгу

konnte ich es kaum glauben. Was war passiert? Hätte dieser Unfall auf der Erde stattgefunden, wäre ich jetzt tot, aber weil er in der nichtalltäglichen Realität stattfand, hatte ich nicht einmal einen Kratzer.

      »Was für ein Auftritt«, staunte ich, als ich vor die Großmütter trat, die heute in Adlergestalt vor mir standen. Zwölf riesige Vögel betrachteten mich Schulter an Schulter mit ernsten Blicken. Manchmal erschienen sie in menschlicher Gestalt und manchmal sahen sie so aus wie heute, und obwohl sie mir schon oft als Adler erschienen waren, ließen mich diese Raubvogelaugen immer wieder schaudern. Doch auf meinen Reisen in andere Dimensionen hatte ich gelernt, bei meiner ursprünglichen Frage zu bleiben, und so ließ ich mich nicht ablenken. Stattdessen schluckte ich hart und sagte: »Großmütter, zu der bevorstehenden Versammlung… soll ich diese Treffen weiterführen?«

      Alle zusammen erhoben sie ihre Flügel, ihre majestätischen Köpfe neigten sich nach hinten und dann wieder vor. »Ja«, sagten sie und starrten mich über ihre Schnabelspitzen an. »Die Versammlungen bringen Macht. Jedes Mal, wenn ihr zusammenkommt, habt ihr mehr Kraft in den Flügeln.« »Okay«, antwortete ich, obwohl ich mir nicht sicher war, was »Kraft in den Flügeln« bedeutete. Von welchen Flügeln sprachen sie überhaupt? Ich sah sie verständnislos an, aber sie runzelten nur ihre Brauen und fixierten mich mit einem noch schärferen Blick. »Oh h h h«, flüsterte ich, als es mir endlich dämmerte, »sie meinen die Flügel. Die Treffen geben den gemeinschaftlichen Flügeln Kraft, die das Leben tragen. Die Zusammenkünfte unterstützen die Erde.« In der Hoffnung auf eine Antwort blickte ich zu ihnen auf, als mir dieser Gedanke kam, und sie nickten: »Ja.«

      »Großmütter«, fuhr ich fort, »gibt es etwas, das ich bei diesen Treffen weitergeben soll?« Und als ich ihre Blicke sah, fügte ich schnell hinzu: »Außer eurer Ermächtigung, meine ich.« Dunkle Federn blitzten auf, und als die Luft machtvoll erzitterte, erbebte auch ich. »Vielleicht habe ich etwas Falsches gesagt«, dachte ich, als sie mich wieder mit diesem Blick bedachten. »Gibt es sonst noch etwas, das ich weitergeben soll?« wiederholte ich, und meine Stimme war nur noch ein Krächzen.

      »Macht«, sagten sie und durchbohrten mich mit ihren Blicken. »Ihr wollt, dass ich Macht weitergebe?« presste ich heraus, verblüfft, dass sie das von mir erwarteten. Aber die großen Adler sagten nichts, starrten mich nur weiter an, bis ich schließlich stammelte: »Hmm, äh… wie mache ich das, Großmütter?«

      »Trommle für die Versammlung«, sagten sie. »Trommle und bitte dabei alle, sich vorzunehmen, mehr Macht zu übernehmen. Lasst das ihr Gebet sein: Macht zu erhalten für ihr eigenes Wohl und für das Wohl der Welt.«

      Sie zeigten auf den Boden zu meinen Füßen, und als ich ihren Blicken folgte, sah ich, wie es sich vor uns ausbreitete: Bis weit in die Ferne funkelnd schwebte das Netz aus Licht. Hier war das große Netz, von dem die Großmütter gesagt hatten, dass es der Erde Halt geben würde, während sich die Energien von Yin und Yang verschoben. Kurz nachdem ich angefangen hatte, mit ihnen zu arbeiten, hatten sie mir beigebracht, wie man mit dem Lichtnetz arbeitet, und im Laufe der Jahre hatte ich gesehen, wie dieses leuchtende Netz fester und strahlender wurde, je mehr Menschen sich mit ihm verbanden.

      Ich blickte jetzt auf seine funkelnde Ausdehnung, und da flüsterte jemand: »Netz aus Licht, Netz aus Licht, Netz aus Licht, Netz aus Licht.« »Ah!« sagte ich, und die Großmütter beobachteten mich, als ich langsam verstand. »Bei diesen Treffen wollt ihr, dass wir erst über das Lichtnetz meditieren, und dann, dass ich trommle, während alle um mehr Macht bitten. Ist das so?« fragte ich.

      »Wenn ihr diese Dinge in dieser Reihenfolge tut«, sagten sie, »wird die Macht, die jede empfängt, nicht nur sie, sondern auch das Lichtnetz anfüllen. Sie wird das Netz erweitern, mehr Yin-Energie in alle Beteiligten und auch in die Erde fließen lassen.

      Wenn sie um Macht bitten, müssen sie offen dafür sein, wie sie ihnen gegeben wird«, sagten sie. »Erinnere sie daran. Wo in ihrem Körper nehmen sie sie auf?« fragten sie, ihre großen Häupter wiegend. »Wenn die Macht in sie eindringt, wird auch Heilung stattfinden. Wo findet Heilung statt?« fragten sie. »Wo gibt es einen Durchbruch? Wo Erwachen? Wo gibt es Öffnungen und Freigaben?« fragten sie. »Sie müssen sich der Reaktionen ihres Körpers bewusst sein«, sagten sie und nickten mir aufmunternd zu.

      »Der Geist von Adler wird in den Raum kommen«, sagten sie, und ich blickte überrascht auf. Aber bevor ich fragen konnte, was das zu bedeuten hatte, sah ich Adler in meinem Wohnzimmer fliegen. Seine starken Krallen berührten leicht den Kopf einer Frau, seine Flügel streichelten einen Mann, und dann schraubte er sich höher und kreiste über der ganzen Gruppe. Fasziniert behielt ich ihn im Auge, und während ich zusah, sprachen die Großmütter. »Der Adler wird zu jedem fliegen und alles mitbringen, was er braucht. Wenn sie sich öffnen, um zu empfangen«, sagten sie, »wird jede von ihnen zu einem Lichtwirbel werden. Nach dieser Sitzung«, sagten sie, »wird Macht von ihnen ausgehen, wo sie auch sein mögen. Wo auch immer sie stehen – die Macht wird da sein. Wenn mehr und mehr Macht in sie eindringt, wird sie sie verändern und sie aufladen. Jede von ihnen wird ein wandelndes Gebet werden, ein Segen für alles und jeden, dem sie begegnen.

      Das ist das Potential dieser Arbeit«, sagten sie und warfen den Kopf zurück. »Größe! Das Potential ist weitaus größer, als ihr es euch vorstellen könnt. Und was wir beschrieben haben, wird sich in jeder Person abspielen, die zu euren Treffen kommt«, sagten sie und blickten mich an. Mit offenem Mund schaute ich zurück und versuchte aufzunehmen, was sie gesagt hatten. »Je mehr diese Menschen sich im Zustand des wandelnden Gebets befinden, wenn sie zu diesen Treffen kommen, desto mehr Macht werden sie haben, anderen zu helfen; einige werden mehr und andere weniger haben.«

      Ich merkte, dass ich bei ihren Worten die Luft angehalten hatte. Sie fingen an, mich zu berühren und leicht mit den Spitzen ihrer Federn zu betasten, und sie blinzelten, während sie mich beobachteten, und sagten: »Sprich darüber…« Sie hielten inne, scheinbar auf der Suche nach den richtigen Worten. »Nur Gutes reden«, sagten sie schließlich. »Sprich darüber, wie weise es ist, nur gute Gedanken zu denken, und sag allen, wie wichtig es für sie ist, ihre Herzen zu öffnen und alle negativen Bewusstseinszustände auszuschalten. Nur Gutes zu reden und zu denken, wird ihr Verhalten in Einklang mit dem Bewusstsein des wandelnden Gebets bringen«, erklärten sie.

      »Das wandelnde Gebet lebt bereits in ihnen«, erklärten sie, »und sobald sie sich ihm öffnen, werden sie es erkennen und merken, dass sie nach Hause gekommen sind.« Die Großmütter hatten uns schon beigebracht, wie wir in diesen Zustand gelangen, wie wir dieses »wandelnde Gebet« werden können, von dem sie sprachen. Ich hörte aufmerksam zu.

      Zwölf Großmütteradler plusterten ihre Federn und standen noch größer da; ihre Haltung unterstrich die Bedeutung ihrer Worte. »Ganz gleich, wie weit sich die Sprache, die Gedanken und Gefühle eines Menschen entwickelt haben«, sagten sie und wiegten dabei ihre Köpfe, »das wandelnde Gebet wohnt wartend in ihrem Herzen. Lass dich nicht vom Verhalten von jemandem täuschen, so merkwürdig es auch erscheinen mag«, sagten sie. »Was wir das wandelnde Gebet nennen, ist in jedem Menschen verborgen.«

      Als ich das hörte, fühlte ich mich etwas unwohl. »In jedem Menschen?« fragte ich. Dann fragte ich mich: Wie weit war ich selbst mit dem, was sie beschrieben? Ich fühlte mich nicht wie ein wandelndes Gebet; ganz und gar nicht. Wie konnte ich diese Lehre an andere weitergeben, wenn ich selbst sie nicht lebte? »Ich weiß nicht«, sagte ich zu mir und merkte zu spät, dass ich laut gesprochen hatte. Zwölf ernste Großmüttervögel unterbrachen meine Gedanken und sprachen laut im Chor: »Es darf keine Zeit damit verschwendet werden, sich zu hinterfragen. Überhaupt keine«, schimpften sie und starrten mich an, bis ich flüsterte: »Ja, Großmütter.«

      »Die Ausrichtung auf das Höhere hat schon begonnen«, versicherten sie mir und tätschelten mich mit ihren

Скачать книгу