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die Anwesenheit seiner Eltern?

      Stefan hoffte, rasche Antworten auf seine Fragen zu erhalten, und räusperte sich. Die junge Frau drehte sich um und blickte ihn an.

      »Guten Abend«, sagte er mit belegter Stimme. »Sie wollten mich sprechen?«

      »Ja.« Sie nickte und erhob sich. »Guten Abend, Herr Kreuzer.«

      Sie streckte die Hand aus, und Stefan schüttelte sie.

      »Warum so förmlich?« fragte er mit einem ironischen Unterton. »Wir sind doch so gut wie verlobt. Wäre es da nicht angebracht, uns zu duzen und mit Vornamen anzureden?«

      In ihren Augen blitzte es auf.

      »Schlagen Sie sich diese Hochzeit aus dem Kopf«, sagte sie scharf. »Die Idee dazu ist auf dem Mist meines Vaters gewachsen. Ich habe nichts damit zu tun. Eigentlich bin ich nur hergekommen, um Ihnen das mitzuteilen, Herr Kreuzer.«

      Sie standen sich kaum zwei Schritte entfernt gegenüber und sahen sich versteinert an. Zuerst begriff Stefan den Sinn ihrer Worte nicht, erst dann wurde ihm klar, was Silvia gesagt hatte.

      »Moment mal, soll das heißen, daß Sie gar nicht die Absicht haben, mich zu heiraten?« fragte er verdutzt.

      »Genau das soll es heißen«, entgegnete Silvia und wunderte sich, warum Stefan Kreuzer plötzlich über das ganze Gesicht strahlte.

      »Das ist ja herrlich!« rief er. »Ganz wunderbar ist das!«

      Jetzt war sie es, die irritiert schaute.

      Hatte er tatsächlich begriffen, was sie gesagt hatte?

      »Hören Sie«, begann sie erneut, »nur damit Sie es auch kapieren. Ich liebe einen anderen Mann und gedenke ihn zu heiraten. Sie sind aus dem Rennen!«

      »Ja, ja«, nickte er, »ich habe Sie schon richtig verstanden. Das ist es ja, was mich so entzückt.«

      Er packte sie bei den Schultern, sie sah ihn entsetzt an.

      »Wenn Sie mich jetzt küssen, schreie ich!« drohte sie.

      Stefan lachte aus vollem Hals.

      »Keine Sorge, Silvia, ich küsse nur die Frau, die ich liebe«, sagte er.

      Jetzt begriff auch sie.

      »Wollen Sie mir damit sagen, daß Sie eine Freundin haben?« fragte sie aufgeregt.

      »Genau. Aber laß doch das dumme Sie weg. Ich heiße Stefan, und wenn man uns schon gegen unseren Willen unter die Haube bringen will, wir beide aber in dieser Sache derselben Meinung sind, dann, finde ich, sollten wir uns duzen.«

      »Ja, gut«, nickte sie und lächelte. »Dann war meine ganze Aufregung ja umsonst.«

      »Stimmt«, sagte er. »Es wäre wahrscheinlich klüger gewesen, wenn wir einfach mal miteinander telefoniert hätten.«

      Er schloß sie in seine Arme und drückte ihr einen Kuß auf die Wange.

      »Mensch, Silvia, bin ich froh!« rief Stefan aus.

      Im selben Moment trat Johanna durch die Terrassentür und blieb wie erstarrt stehen. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, als sie sah, wie Stefan diese Frau in die Arme nahm, sie küßte und ausrief, wie froh er sei.

      Worüber? Wer war diese Frau? Seine Freundin, die er ihr verschwiegen hatte?

      In Bruchteilen von Sekunden tauchten die alten Bilder wieder vor ihr auf. Wie sie vor dem Haus von Jürgen Berthold gestanden hatte, wie sie unzählige Tränen weinte. Johanna war sicher, daß sich nun alles wiederholte, und sie mußte schwer kämpfen, um jetzt nicht in Tränen auszubrechen.

      Hastig zog sie sich zurück und ging leise in ihr Zimmer.

      Weder Silvia Schönauer noch Stefan Kreuzer hatten die junge Frau bemerkt. Sie standen sich gegenüber und hielten sich lachend an den Händen fest.

      »O Gott, wenn das unsere Väter sehen könnten«, sagte sie.

      »Apropos, meine Eltern sind hier«, fiel es Stefan ein.

      »Stimmt, wir haben sie heute mittag zum Pfarrhaus gehen sehen. Was wollten sie wohl dort?«

      »Den Schlüssel zu einer Almhütte abholen, den Pfarrer Trenker verwahrt«, antwortete er. »Aber wieso sie überhaupt hier sind, weiß ich allerdings nicht.«

      »Ach so, Martin befürchtete schon, um mit dem Geistlichen über unsere Hochzeit zu sprechen.«

      »Wer ist Martin?«

      Silvia lächelte.

      »Mein Freund. Er arbeitet bei uns in der Firma, es weiß nur niemand, daß wir zusammen sind.«

      »Verstehe«, nickte Stefan. »Du, dann müssen wir uns mal zusammensetzen. Ich bringe Johanna mit, und dann überlegen wir, wie wir unsere Väter davon überzeugen können, daß wir alt genug sind, uns unsere Ehepartner selber aussuchen zu können.«

      »Prima Idee«, stimmte Silvia zu. »Dann werde ich gleich mal meinen Vater anrufen und ihn herlocken.«

      Sie schaute auf die Uhr.

      »Jetzt muß ich aber los. Martin wird schon ungeduldig warten.«

      »Und ich muß zu meinen Eltern«, sagte Stefan. »Aber jetzt wird die Unterhaltung anders verlaufen, als ich es mir vorgestellt habe. Kein Wort werde ich ihnen davon sagen, daß wir zwei schon über alles gesprochen haben. Also sehen wir uns morgen vormittag?«

      »Gut«, nickte sie, »wir können ja telefonieren.«

      Sie tauschten ihre Handynummern aus, dann winkte Silvia ihm zu und ging. Stefan überlegte einen Moment, ob er rasch Johanna Bescheid sagen sollte, aber es war schon spät, und sie waren ohnehin noch verabredet. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr zum Pfarrhaus.

      *

      »Meine Eltern waren schon in der Pension und haben nach mir gefragt«, berichtete Stefan, als er zusammen mit Pfarrer Trenker unterwegs zur Jenneralm war.

      »Sie haben am Mittag den Schlüssel abgeholt, sagt Frau Tappert«, nickte Sebastian.

      »Jedenfalls werde ich sie noch überraschen.«

      Der Geistliche sah Stefan verwundert an.

      »Du sagst das so, als ob du da noch was in petto hast.«

      »Habe ich auch«, grinste er. »Silvia Schönauer ist nämlich ebenfalls in St. Johann.«

      »Wirklich? Hast du mit ihr gesprochen?«

      »Ja, gerade bevor ich zu Ihnen gekommen bin«, nickte Stefan und erzählte, was geschehen war.

      »Na, das ist ja ein schönes Durcheinander.« Der Bergpfarrer konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

      »Mir gefällt’s«, meinte Stefan. »Jedenfalls sind Silvia und ich uns einig. Morgen lerne ich ihren Freund kennen, und ich werde ihr Johanna vorstellen, und dann überlegen wir uns, wie wir unsere Väter einfach vor vollendete Tatsachen stellen.«

      »Dann schlage ich vor, ihr kommt zum Mittagessen ins Pfarrhaus«, sagte Sebastian. »Vielleicht kann ich ja dazu beitragen, deine Eltern und den Herrn Schönauer zu überraschen.«

      Die Almhütte lag im Schein der untergehenden Sonne. Die umliegenden Wiesen schienen geradezu zu glühen, so wie sie in das goldene Licht getaucht waren. Stefan hielt an, und die beiden Männer stiegen aus. Auf ihr Klopfen hin wurde die Tür geöffnet, und Kurt Kreuzer schaute fragend heraus.

      »Stefan!« sagte er. »Mutter und ich wollten gerade losfahren und dich in der Pension aufsuchen.«

      »Nicht nötig, jetzt bin ich ja da.«

      Der junge Bursche deutete auf seinen Begleiter.

      »Das ist Pfarrer Trenker«, stellte er ihn vor. »Hochwürden, mein Vater.«

      »Sehr erfreut«, sagte Sebastian und schüttelte die dargebotene Hand.

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