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spielten.

      Zahlreiche Grüppchen hielten sich zwischen den Rosenbeeten auf. Der Lord Lieutenant der Grafschaft, herrisch und lauttönend, das fleischige Gesicht von der Hitze gerötet, stolzierte von Gruppe zu Gruppe und ließ sein dröhnendes Lachen hören.

      Isabel sah den Vikar von Rowan im Gespräch mit dem Bischof der Diözese, dessen juwelenbesetztes Kreuz, bei jeder Bewegung der imposanten, in rote Seide gekleideten Gestalt in der Sonne funkelte.

      Isabel lächelte. Es bereitete ihr eine diebische Freude, die Leute zu beobachten, ohne von ihnen gesehen zu werden, und ein Gefühl der Erleichterung erfaßte sie bei dem Gedanken, für die nächsten Stunden vor der Begegnung mit ihrem Onkel sicher zu sein.

      Sie rückte sich auf dem Kissen zurecht, stützte die Ellbogen auf den Rand des »Fensters« und schmiegte das Gesicht in beide Handflächen, als sie plötzlich ein Paar sah, das sich aus der Zuschauergruppe am Rand des Spielfeldes löste und direkt auf das Sommerhaus zukam.

      Die Frau erkannte Isabel sofort.

      Elisabeth schwärmte für Lady Clementine Talmadge schon seit Jahren, während Isabel ihr gegenüber stets eine gewisse Abneigung verspürte und ihr so gut wie möglich aus dem Weg ging.

      Lady Clementine wirkte hinreißend in der Krinoline aus blass gelbem, durchscheinendem Organdy über einem moirierten Seidenunterrock. Den breitrandigen Hut schmückten gelbe Federn und um ihre Schultern lag ein Schal aus hauchdünnem, mit feinen Goldfäden durchwirktem Flor. Dunkles Haar umgab ein ovales Gesicht mit sehr eindrucksvollen, leicht schräg gestellten Augen.

      Etwas Sinnliches ging von dieser Frau aus und verlieh ihrer Erscheinung eine seltsame Faszination. Selbst Isabel spürte das, und unwillkürlich mußte sie denken, daß die Männer sich beim Anblick Lady Clementines buchstäblich herausgefordert fühlen mußten.

      Es war unmöglich, die Rundungen der wohlgeformten kleinen Brüste unter dem eng geschnürten Mieder zu übersehen, und auch die Steifheit der Krinoline vermochte nicht darüber hinwegzutäuschen, daß es sich bei Lady Clementine um eine sehr lebensgierige und liebeshungrige Frau handelte.

      Etwas Katzenhaftes und Ungebändigtes lag in der Art, wie sie sich bewegte, und unter der glanzvollen Oberfläche lauerte unübersehbar die nackte Sinnlichkeit. Sie war die Tochter eines Herzogs und verheiratet mit einem hochgestellten Edelmann, eine Person, die zu den angesehensten Leuten der Grafschaft zählte; dennoch war der Blick, den sie dem Mann an ihrer Seite zuwarf, gierig und von einer schamlosen Direktheit.

      Isabels Aufmerksamkeit hatte bis dahin nur Lady Clementine gegolten, aber dieser sonderbare Blick, dessen Bedeutung das junge Mädchen nicht einmal ganz verstand, bewirkte, daß sie nun ihr Augenmerk auf den Begleiter Lady Clementines richtete.

      Isabel zuckte zusammen, als sie in ihm den Mann erkannte, der die Halle durchquert hatte, als sie vorhin die Treppe hinunter gekommen war. Der Mann, in dessen Augen der Haß gebrannt hatte und dessen ganze Erscheinung Verachtung und Gleichgültigkeit ausströmten.

      Die beiden näherten sich dem Sommerhaus, und während Isabel dem Klang der Schritte auf der hölzernen Terrasse lauschte, hörte sie Lady Clementine sagen: »Rupert, das ist ja wirklich eine Überraschung! Ich hatte keine Idee, daß ich dich heute hier sehen würde!«

      »Ich bin vergangene Nacht von London abgefahren«, erwiderte Sir Rupert. »Ich mußte dich unter allen Umständen sprechen. Etwas Unvorhergesehenes ist eingetreten.«

      »Um Himmels willen, Rupert, was denn?« In Lady Clementines Stimme war eine Spur von Besorgtheit. »Du siehst so verändert aus, scheinst gar nicht mehr du selbst zu sein.«

      »Dazu habe ich auch allen Grund.« Sir Rupert griff nach dem Handgelenk seiner Begleiterin und hielt es fest. »Clementine, ich brauche unverzüglich eine Frau!«

      II

      Lady Clementine stieß einen unterdrückten Schrei aus.

      »Rupert, was soll das heißen?«

      »Es heißt das, was ich sage«, antwortete er. »Ich muß heiraten - und zwar so rasch wie möglich.«

      »Aber warum? Ich begreife nicht, Rupert, um Gottes willen, so rede doch endlich!«

      »Es ist ein Befehl der Königin«, sagte Sir Rupert, und seine Stimme klang verbittert. »Ihre Majestät wurde offensichtlich über unser Verhältnis informiert - jedenfalls scheint sie genauestens über uns beide Bescheid zu wissen.«

      »Natürlich, Ihre Majestät wurde informiert«, wiederholte Lady Clementine. »Und... und es kommt nur eine Person dafür in Frage - meine Schwiegermutter! Sie hat uns nachspioniert. Dessen bin ich ganz sicher. Ich habe es an der Art und Weise gemerkt, wie sie mich anschaut, an den Bemerkungen, die sie in meiner Gegenwart macht. Mein Gott, wie schrecklich. Und ich glaubte, niemand hätte eine Ahnung.«

      »Kann es nicht auch dein Mann gewesen sein, der...« begann Sir Rupert.

      »Nein, nein, nicht Montagu. Er weiß bestimmt nichts. Der ist doch ständig betrunken. Nicht einmal wenn es sich direkt vor seiner Nase abspielte, würde er was bemerken. Aber bei meiner Schwiegermutter ist das anders. Sie hat mich schon immer gehaßt. Ständig behauptet sie, Montagu habe erst nach unserer Hochzeit mit dem Trinken angefangen.«

      »Und war es so?«

      »Wie soll ich das wissen?« fragte Lady Clementine trotzig. »Ich bin vorher nicht dabei gewesen.«

      Sir Rupert lachte. Es war kein vergnügtes Lachen, aber immerhin ein Lachen.

      »Ich freue mich, daß. ich so erheiternd für dich bin«, erklärte Lady Clementine scharf.

      Sir Rupert lachte erneut.

      »Nein, Clementine, meine Liebe, du bist nicht erheiternd«, sagte er, »aber zufällig reizte deine Naivität meinen Sinn für Humor. Nun schau nicht gleich so gekränkt, wenn ich dich ein wenig necke! Du bist viel zu schön, um darüber hinaus noch andere Qualitäten zu benötigen. Und am wenigsten erwartet man von dir, daß du erheiternd bist.«

      »Ich wünschte, du würdest nicht so mit mir reden, Rupert«, sagte Lady Clementine. »Du weißt, ich verstehe dann nie, was du mir klarzumachen versuchst.«

      »Das merke ich«, antwortete Sir Rupert. »Laß es mich dir also mit ganz einfachen Worten sagen. Du bist eine sehr schöne und sehr verführerische Person, Clementine!«

      »Das ist es, was ich von dir hören wollte!« Sie lächelte. »Aber dieser Befehl der Königin, was hat, er zu bedeuten?«

      »Er bedeutet, daß ich eine Frau finden muß - und zwar unverzüglich. Der Premierminister kann sich jeden Augenblick dazu entschließen, Lord Palmerston aufzufordern, seinen Abschied einzureichen. Und es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die alles in ihren Kräften Stehende tun werden, um zu verhindern, daß ich Lord Palmerstons Platz einnehme. Sollte es also auch nur einen winzigen Grund geben, der gegen meine Ernennung zum Außenminister spricht, dann bezweifle ich, daß Lord John den Mut zu einem derart unpopulären Vorschlag haben wird.«

      »Darin wirst du also heiraten müssen«, flüsterte Lady Clementine bedrückt. »Ein unerträglicher Gedanke, das kann ich dir versichern.«

      »Auch ich bin von dieser Idee nicht begeistert«, gab Sir Rupert zurück. »Außerdem, wen von diesen mickrigen Fräuleins kenne ich schon. Um die Wahrheit zu sagen: Aus meiner Bekanntschaft wüßte ich nicht eine einzige, die dafür in Frage käme!«

      »Das glaube ich dir gern.« Lady Clementine nickte: »Und wie sehr wird dir der heilige Ehestand auf die Nerven gehen, Rupert.«

      »Nun, früher oder später hätte ich doch dran glauben müssen. So plötzlich hatte ich allerdings nicht damit gerechnet. Etwas Zeit glaubte ich bis zu meinem Eintritt ins häusliche Leben noch zu haben. «

      Lady Clementine ließ einen Laut hören, der weder ein Lachen noch ein Seufzen war.

      »Die Queen will, daß du mit dem zügellosen Junggesellendasein Schluß machst. Sie will dich an die Kandare legen. Ein furchtbarer

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