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Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare
Читать онлайн.Название Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch)
Год выпуска 0
isbn 9788075833631
Автор произведения William Shakespeare
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ich bitt Euch, gebt Erlaubnis ihm zu gehn.
KÖNIG
Nimm deine günstge Stunde: Zeit sei dein,
Mit deinen Gaben nutze sie nach Lust. -
Doch nun, mein Vetter Hamlet und mein Sohn -
HAMLET
beiseit. Mehr als befreundet, weniger als Freund.
KÖNIG
Wie, hängen stets noch Wolken über Euch?
HAMLET
Nicht doch, mein Fürst, ich habe zuviel Sonne.
KÖNIGIN
Wirf, guter Hamlet, ab die nächtge Farbe
Und laß dein Aug als Freund auf Dänmark sehn.
Such nicht beständig mit gesenkten Wimpern
Nach deinem edlen Vater in dem Staub.
Du weißt, 's ist aller Los: was lebt, muß sterben
Und Ewges nach der Zeitlichkeit erwerben.
HAMLET
Ja, gnädge Frau, 's ist aller Los.
KÖNIGIN
Nun wohl,
Weswegen scheint es so besonders dir?
HAMLET
Scheint, gnädge Frau? Nein, ist; mir gilt kein »scheint«.
Nicht bloß mein düstrer Mantel, gute Mutter,
Noch diese Tracht, nach Brauch von ernstem Schwarz,
Noch stürmisches Geseufz beklemmten Atems,
Noch auch im Auge der ergiebige Strom,
Noch die gebeugte Haltung des Gesichts
Samt aller Sitte, Art, Gestalt des Grames
Ist das, was wahr mich kundgibt; dies scheint wirklich;
Es sind Gebärden, die man spielen könnte.
Was über allen Schein, trag ich in mir;
All dies ist nur des Kummers Kleid und Zier.
KÖNIG
Es ist gar lieb und Eurem Herzen rühmlich, Hamlet,
Dem Vater diese Trauerpflicht zu leisten.
Doch wißt, auch Eurem Vater starb ein Vater,
Dem seiner, und der Nachgelaßne soll
Nach kindlicher Verpflichtung einige Zeit
Die Leichentrauer halten. Doch zu beharren
In eigenwillgen Klagen ist das Tun
Gottlosen Starrsinns, ist unmännlich Leid,
Zeigt einen Willen, der dem Himmel trotzt,
Ein unverschanztes Herz, störrisch Gemüt,
Zeigt blöden, ungelehrigen Verstand.
Wovon man weiß, es muß sein; was gewöhnlich
Wie das Gemeinste, das die Sinne rührt:
Weswegen das in mürrischem Widerstande
Zu Herzen nehmen? Pfui! Es ist Vergehn
Am Himmel; ist Vergehen an dem Toten,
Vergehn an der Natur, vor der Vernunft
Höchst töricht, deren allgemeine Predigt
Der Väter Tod ist und die immer rief
Vom ersten Leichnam bis zum heut verstorbnen:
Dies muß so sein! - Wir bitten, werft zu Boden
Dies unfruchtbare Leid und denkt von Uns
Als einem Vater; denn wissen soll die Welt,
Daß Ihr an Unserm Thron der Nächste seid,
Und mit nicht minder Überschwang der Liebe,
Als seinem Sohn der liebste Vater widmet,
Bin ich Euch zugetan. Was Eure Rückkehr
Zur hohen Schul in Wittenberg betrifft,
So widerspricht sie höchlich Unserm Wunsch,
Und Wir ersuchen Euch: Beliebt zu bleiben
Hier in dem milden Scheine Unsers Auges,
Als Unser erster Hofmann, Vetter, Sohn!
KÖNIGIN
Laß deine Mutter fehl nicht bitten, Hamlet;
Ich bitte, bleib bei uns, geh nicht nach Wittenberg!
HAMLET
Ich will Euch gern gehorchen, gnädge Frau.
KÖNIG
Wohl, das ist eine liebe, schöne Antwort.
Seid wie Wir selbst in Dänmark. - Kommt, Gemahlin!
Dies willge, freundliche Nachgeben Hamlets
Lächelt das Herz mir an, und dem zu Ehren
Soll das Geschütz heut jeden frohen Trunk,
Den Dänmark ausbringt, an die Wolken tragen,
Und wenn der König anklingt, soll der Himmel
Nachdröhnen irdschem Donner. - Kommt mit mir!
[König, Königin, Laertes und Gefolge ab. ] Alle außer Hamlet ab.
HAMLET
O schmölze doch dies allzu feste Fleisch,
Zerging' und löst' in einen Tau sich auf!
Oder hätte nicht der Ewge sein Gebot
Gerichtet gegen Selbstmord! O Gott! O Gott!
Wie ekel, schal und flach und unersprießlich
Scheint mir das ganze Treiben dieser Welt!
Pfui, pfui darüber! 's ist ein wüster Garten,
Der auf in Samen schießt; verworfnes Unkraut
Erfüllt ihn gänzlich. Dazu mußt es kommen!
Zwei Mond erst tot! - Nein, nicht soviel, nicht zwei!
Solch trefflicher Monarch, verglichen diesem,
Apoll bei einem Satyr! So meine Mutter liebend,
Daß er des Himmels Winde nicht zu rauh
Ihr Antlitz ließ berühren. Himmel und Erde!
Muß ich gedenken? Hing sie doch an ihm,
Als stieg das Wachstum ihrer Lust mit dem,
Was ihre Kost war. Und doch, in einem Mond -
Laßt michs nicht denken! - Schwachheit, dein Nam ist Weib! -
Ein kurzer Mond; bevor die Schuh verbraucht,
Womit sie meines Vaters Leiche folgte,
Wie Niobe, ganz Tränen - sie, ja sie -
O Himmel, würd ein Tier, das nicht Vernunft hat,
Doch länger trauern! - meinem Ohm vermählt,
Dem Bruder meines Vaters, doch ihm ähnlich,
Wie ich dem Herkules! In einem Mond,
Bevor das Salz höchst frevelhafter Tränen
Der wunden Augen Röte noch verließ,
War sie vermählt! - O schnöde Hast, so rasch
In ein blutschänderisches Bett zu stürzen!
Es ist nicht, und es wird auch nimmer gut.
Doch brich, mein Herz, denn schweigen muß mein Mund!
Horatio, Bernardo und Marcellus treten auf.
HORATIO
Heil Eurer Hoheit!
HAMLET