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uns auf die Schiffssensoren.«

      Kensington nickte mit verkniffenen Mundwinkeln. Noriko teilte das Unbehagen der Ortungsoffizierin. Wer flog schon gerne in ein unbekanntes Sonnensystem, ohne zu wissen, was ihn erwartete? Und dann auch noch in das System eines eher kriegerisch eingestellten Volkes …

      »Ich orte eine Abfangflotte aus fünf Parlidenschiffen«, meldete Kensington kurz darauf. »Ich kann noch keine Details zu den Schiffstypen nennen, doch ihre Tonnage deutet auf etwas Großes hin.«

      Noriko seufzte. Damit hatte ihre Verfolgung sich quasi erledigt. Die Schiffe würden die SE-RA aus dem All schießen, bevor diese ihre Antimateriebombe aussenden konnte. »Zeit bis zum Kontakt?«

      »Zwei Stunden und zehn Minuten, dann befinden sich die Parliden den bisherigen Erkenntnissen nach in Feuerreichweite zur SE-RA«, sagte Kensington.

      »Lieutenant McCall, stellen Sie eine Verbindung zu einem der Parlidenraumer her.« Noriko wollte den Parliden die Situation erklären. Womöglich fanden sie noch einen anderen Weg, die SE-RA aufzuhalten.

      »Keine Reaktion«, meldete McCall kurz darauf. »Sie empfangen unsere Daten, reagieren aber nicht.«

      Noriko fluchte innerlich. Diese verdammten Aliens! Mit ihrer aggressiven Art verurteilten sie die Crew der SE-RA zum Tode. Sie selbst hätte das Schiff manövrierunfähig geschossen und per Traktorstrahl erst einmal aus dem System geschleppt.

      »Commander Akoskin«, wandte Noriko sich an ihren Taktikoffizier, »ich will eine Lösung, die es uns ermöglicht, das Artefakt zu bergen. Gehen Sie davon aus, dass die SE-RA vernichtet wird und wir es daraufhin noch mit vier feindlichen Schiffen zu tun haben.«

      »Sie wollen vier Parlidenschiffe auf deren Territorium angreifen?« Akoskin runzelte die Stirn. »Unser Zusammenstoß mit ihnen im Elnath-System konnte von den Diplomaten gerade noch zurechtgebogen werden, und dort haben die Sternköpfe den ersten Schuss abgegeben. Aber hier sähe das völlig anders aus!«

      »Wenn Sie eine Lösung für mich haben, bei der kein Schuss abgefeuert wird, bin ich Ihnen dankbar. Andernfalls bleibt uns keine Wahl. Die werden uns so oder so beschießen. Und keinesfalls dürfen die in den Besitz des Artefaktes gelangen.« Noriko hätte den Stuhl des Captains jetzt gerne wieder an Jayden Cross übergeben.

      Sie erinnerte sich noch genau daran, wie sie ihn zu Beginn für ein Weichei gehalten hatte. Einen Grünschnabel, der wegen einer einmaligen Heldentat zum Captain befördert worden war. Doch er hatte seinen Mann gestanden und gezeigt, dass er auf diesen Stuhl gehörte. Nun war sie es, die sich beweisen musste. Aber konnte sie in der aktuellen Situation überhaupt das Richtige tun?

      »Ich werde mir Mühe geben, Ma’am.« Akoskin begann damit, an seiner Konsole Eingaben vorzunehmen.

      Noriko lehnte sich zurück und starrte auf den Holotank, in dem die SE-RA sich den fünf roten Punkten näherte. Dann war es soweit: Die Punkte trafen aufeinander und erloschen nach und nach.

      »Ma’am!« Die Stimme von Lieutenant Kensington überschlug sich. »Die SE-RA bewegt sich weiter ins Systeminnere.« Sie blickte mit aufgerissenen Augen auf ihre Konsole, konnte augenscheinlich nicht fassen, was sie dort sah. »Die Parlidenschiffe sind besiegt. Vier von ihnen wurden zerstört, eines wrackgeschossen.«

      Für einen Moment herrschte Stille auf der Brücke. Alle starrten auf den Holotank.

      »Wie ist das möglich?« Norikos Gedanken überschlugen sich. Wie hatten die das gemacht? Besaßen die Rentalianer eine Geheimwaffe, von der die Menschheit noch nichts wusste? Oder war die Lösung viel offensichtlicher? »Geben Sie mir eine Erklärung, Lieutenant!«

      »Kurz bevor die Parliden ihre Waffen abfeuerten, ging von dem rentalianischen Schiff eine Strahlenwelle aus. Die Details werden noch ausgewertet.«

      Noriko nickte. Also hatte einmal mehr das Artefakt eingegriffen. Aus irgendeinem Grund wollte dieses Ding, dass die Rentalianer ihre Bombe abwarfen. »Lieutenant Task, können wir die SE-RA einholen?«

      »Ja«, sagte Task.

      »Etwas mehr Details bitte, Lieutenant.« Noriko stand kurz davor, ihn durchzuschütteln. Wie gelang es ihm nur, so ruhig zu bleiben?

      »Bei gleichbleibendem Vektor ist zu vermuten, dass die SE-RA den Abwurf der Bombe in die Sonne plant. Dafür muss das Schiff aber weiter abbremsen, es sei denn, sie opfern das Schiff und fliegen direkt hinein. Wenn wir unsere Geschwindigkeit halten, werden wir die SE-RA zweifellos einholen, Ma’am. Ich übertrage die berechneten Rendezvous-Koordinaten auf den Holotank.«

      »Danke.« Auf Norikos Konsole erschien das hektisch blinkende Symbol einer Prioritätsnachricht. Sie berührte das Icon, worauf die Nachricht sich öffnete. Die Darstellung flimmerte. Codezeilen liefen über das kleine Display. »Was soll das?«, murmelte sie.

      »Ma’am, wir haben soeben einen Torpedo abgefeuert!« Das Gesicht von Lukas Akoskin war kreidebleich. »Einen Typ-A32 mit Lasercluster-Gefechtskopf. Das Ziel ist das wrackgeschossene Parlidenschiff. Einschlag in acht Minuten.«

      Sie sprang auf. »Stoppen Sie den Torpedo!«

      »Das kann ich nicht, Ma’am. Der Zugriff wurde verschlüsselt.« Akoskin blickte überrascht auf. »Der Feuerbefehl erfolgte von der Kommandokonsole.«

      Noriko überlief es eiskalt. Die Nachricht! Irgendjemand hatte ihre Konsole gehackt. Jemand innerhalb des Schiffes. Während die übrige Besatzung sie mit offenem Mund anstarrte, machte Akoskin hektisch Eingaben auf seiner Konsole. Nur einer stellte – wie meist – ein überhebliches Grinsen zur Schau: Lieutenant Bruce Walker.

      Norikos Brust wurde eng, als sie die Wahrheit begriff. »Das ist lächerlich! Natürlich habe ich diesen Torpedo nicht abgefeuert! Können Sie die Verschlüsselung knacken und den Sprengkopf früher zünden?«

      Akoskin schüttelte den Kopf, während seine Finger weiter über die Konsole glitten. »Nicht in der Zeit, die uns verbleibt. Der Einschlag erfolgt in wenigen Minuten.«

      »Lieutenant McCall, Ihnen ist es vor Kurzem gelungen, das Passwort für die Datenbank der PROTECTOR zu entschlüsseln. Können Sie Commander Akoskin helfen?«

      Die schüchterne Lieutenant schüttelte den Kopf. »Ich würde ja gerne, Ma’am, aber die Zeit dafür reicht einfach nicht aus.«

      Das darf nicht wahr sein. Noriko ballte zitternd die Hände zu Fäusten. Machtlos sah sie zu, wie der Torpedo auf das wrackgeschossene Parlidenschiff zuflog, wo er das Leben der wehrlosen Besatzung ebenso auslöschen würde wie den Frieden.

      *

      Blinzelnd kam Jayden zu sich. Sein Schädel pochte im Takt seines Herzschlages. In seinem Mund breitete sich ein metallischer Geschmack aus. »Wo bin ich? Was ist passiert?« Er wuchtete seinen Oberkörper in die Höhe, was er sogleich bereute. Schwindel setzte ein.

      »Bleiben Sie bitte ruhig, Cross.« Die Stimme von Lu drang beruhigend aus Jaydens Translator. »Sie sind zusammengebrochen.«

      Erst jetzt kam die Erinnerung zurück. Das Gespräch mit der Admiralität über Phasenfunk. Dann die Weitergabe des Befehls an seine I.O. Und schließlich – ja, was?

      »Sie wollten die Symbole aus der Asteroiden-Katakombe für uns übersetzen«, erklärte Lu. »Aber als Sie damit begannen, die Daten in das Pad einzugeben, fielen Sie plötzlich um.«

      Ja, er erinnerte sich. Mit der Eingabe hatte sich ein beißender Kopfschmerz gemeldet und er war zusammengesackt. Irgendetwas schien mit seinem Kommandochip ganz und gar nicht in Ordnung zu sein. »Was habt ihr gefunden?«

      »Unsere Heiler sind ratlos«, erklärte Lu. »Sie sind für einen Tag-Zyklus ins Koma gefallen.«

      »Einen Tag-Zyklus! Ins Koma?!« Jayden keuchte auf. Das entsprach zwei irdischen Tagen. »Was ist seitdem geschehen? Gibt es etwas Neues von der HYPERION?«

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