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die neuesten Berichte, die von den einzelnen Abteilungen gesendet worden waren.

      So viel zur ruhigen ersten Mission!

      Er nahm einen ordentlichen Schluck rentalianisches Ale. Die rauchige Note der bernsteinfarbenen Flüssigkeit breitete sich im Gaumen aus und floss feurig die Kehle hinab. Das Getränk würde innerhalb weniger Minuten für einen Anstieg seines Endorphinhaushalts sorgen – Glück zum Trinken. Gleichzeitig blieb die berauschende Wirkung von Alkohol aus.

      Jayden fixierte das projizierte Konterfei, das über seinem Schreibtisch in der Luft schwebte. Es zeigte Alpha 365, seinen Sicherheitschef.

      Der genetisch gezüchtete Lieutenant Commander glich äußerlich einem Menschen. Mit seinem braunen Haar und dem alterslosen Gesicht wirkte er wie der Prototyp des vertrauenerweckenden Schwiegersohns. Die breiten Schultern und die beachtliche Größe von 1,90 Metern verliehen ihm etwas Martialisches, was er im Dienst jedoch hervorragend verbarg.

      Jayden hatte erst drei Mal mit ihm gesprochen. Meist verrichtete der Alpha seine Arbeit schweigend im Sicherheitsbüro des Schiffes.

      Er erkannte durchaus den Sinn darin, auf allen Schiffen der Solaren Union Sicherheitschefs der Alpha-Linie einzusetzen. Die Genetiker von Kassiopeia wurden nicht müde, deren Vorzüge anzupreisen. Absolute Loyalität, Unbestechlichkeit, eine hundertprozentige Befolgung des Protokolls und das Wichtigste: Sie besaßen keinerlei Emotionen. Sie handelten stets logisch, waren gar nicht in der Lage, etwas Unvorhergesehenes, ja Dummes zu tun.

      Leider war es genau dieser Umstand, der ihn zweifeln ließ. Er hatte erlebt, wie beinahe eine ganze Kolonie ausgelöscht worden war, als der Sicherheitsbeauftragte – ein Beta-Modell – das Protokoll einhalten und sich ergeben wollte.

      Schnell schüttelte er den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben, und nahm einen weiteren Schluck des Ales.

      Er hätte seine Zweifel gerne mit Janis besprochen, doch darauf musste er verzichten. Es hatte auch Nachteile, einen Psychologen als Freund zu haben. Zwar war er froh darüber, Janis als seinen Freund bezeichnen zu dürfen, dessen Analysefähigkeiten jedoch oftmals mehr als nervig waren. Am Ende des letzten Gesprächs hatte Janis ihm ein paar schmerzhafte Wahrheiten um die Ohren gehauen und ihn dazu aufgefordert, sich endlich zusammenzureißen. Er – Jayden – sei nicht umsonst auf diesem Posten. Er solle damit anfangen, an seine Fähigkeiten zu glauben. Zu seinem Wohl und dem seiner Offiziere.

      Jayden ließ die Anzeige von Alpha 365 verschwinden und widmete sich den aktuellen Problemen. Sie hatten einen Parliden an Bord, was alleine bereits einen erheblichen Konflikt auslösen konnte. Obendrein schwebten sie im gleichen Orbit wie ein weiteres dieser verdammten Parlidenschiffe. Wenn eine Patrouille sie hier fand … er wollte gar nicht daran denken.

      Der Weg vom Helden, der eine Kolonie gerettet hatte, zum Paria, der einen neuen Krieg eingeleitet hatte, war verdammt kurz.

      »Maschinenraum an Captain Cross«, erklang die Stimme von Lieutenant Commander Lorencia aus dem Interkom. Ihr Unterton verhieß nichts Gutes.

      »Cross hier. Ich nehme nicht an, dass Sie gute Nachrichten für mich haben, Commander?«

      »Ich fürchte, damit liegen Sie richtig, Sir.« Seine L.I. atmete schwer aus. »Wir haben das Problem am Helix-Konverter gefunden. Prinzipiell ist es keine große Sache, doch um es zu beheben, muss ein bestimmtes Element rekonfiguriert werden. Und das geht leider nur, wenn wir den Konverter abschalten.«

      »Das ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, Commander«, sagte Jayden. »Damit sitzen wir auf dem Präsentierteller und können nicht mal verschwinden, falls wir Besuch bekommen.«

      »Das ist mir klar, Sir. Doch wenn ich das Problem nicht behebe, läuft es auf das Gleiche hinaus. Dann verlieren wir die Antriebsenergie nach einem Flug von weiteren ein bis zwei Lichtjahren. Bei einer Flucht wäre das eine Katastrophe. Wenn ich mich jetzt sofort um das Problem kümmere, ist es in einigen Stunden erledigt. Wir leeren den Speicherring, um eine Rückkopplung zu vermeiden, deaktivieren den Konverter und …«

      »Definieren Sie ›einige‹«, unterbrach Jayden. Lieutenant Commander Lorencia neigte zu ausschweifenden technischen Erläuterungen. Und während er diese in der Regel mit einem Lächeln und einem Nicken überstand, blieb dafür jetzt keine Zeit.

      »Da die gesamte Interlink-Technik noch experimentell ist, kann ich mich nicht so genau festlegen. Meine Schätzung liegt bei fünfzehn Stunden.«

      »Tun Sie es.«

      »Aye, Sir.« Lorencia unterbrach die Verbindung.

      Mit einem Mal fühlte Jayden sich verdammt müde.

      *

      »Wir haben die Servo-Suits mit einem regenerativen Nano-Polymer überzogen. Die Marines werden für einige Stunden vor jeglicher bekannten Strahlung am Boden geschützt sein. Ich empfehle jedoch, den Aufenthalt auf maximal eine Stunde zu beschränken«, sagte Lieutenant Commander Lorencia.

      Neben ihr stand Doktor Petrova, die Arme im Rücken verschränkt. »Mir gefällt das Ganze noch immer nicht. Aber Sie kennen meine Bedanken ja bereits.«

      »Die kenne ich, Doktor. Und ich bin für andere Vorschläge offen.« Jayden fixierte die resolute Ärztin. »Wir müssen so schnell wie möglich aus diesem System verschwinden. Es steht außer Frage, dass wir das Artefakt dabei nicht zurücklassen können. Früher oder später werden wir Risiken eingehen müssen. Und diese Anzugsbeschichtung scheint mir ein guter Ansatz.«

      »Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt bin, Sir, aber ohne ausreichende Tests könnte diese Legierung sich als hübscher, aber völlig unnützer Lack erweisen.« Doktor Petrova funkelte ihn an. »Ich kann meine Hand für die Unversehrtheit der Marines nicht ins Feuer legen.«

      »Es bleibt ein nicht zu unterschätzendes Risiko«, sagte seine L.I. Auch sie wirkte nicht gerade glücklich. »Wir konnten die von unseren Satelliten angemessene Strahlung begrenzt neutralisieren. Sollte dort unten aber irgendetwas sein, dass wir noch nicht kennen und das in Wechselwirkung mit der Strahlung tritt oder auf eine ganz andere Art funktioniert, wird die Legierung nicht viel nutzen.«

      »Das ist mir bewusst«, sagte Jayden. »Doch uns bleibt keine Wahl. Ich werde es jedem Marine freistellen, ob er an der Mission teilnimmt.«

      Lorencia lachte auf.

      Auf seinen fragenden Blick sagte sie: »Sir, wir sprechen hier von Marines. Die meisten kennen lediglich das Wort ›Ehre‹. Keiner von ihnen wird den Einsatz ablehnen. Sie haben viel zu viel Angst, von ihren Kameraden als Feiglinge abgestempelt zu werden.«

      »Das mag sein, ist jedoch nichts Neues. Und jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Grundsatzdiskussionen zu führen.« Er wandte sich direkt an seine L.I. »Versehen sie die Servo-Suits mit der Legierung. Commander Ishida wird den Einsatz von der Kommandobrücke aus überwachen. Doktor Petrova, ich begleite Sie auf die Krankenstation. Wie ich hörte, gibt es Neuigkeiten.«

      Mit diesen Worten machte er sich auf, den Maschinenraum zu verlassen. Die Chefärztin folgte schweigend, während von seiner L.I. ein gemurmeltes »Aye, Sir« zu hören war.

      *

      Ein Vibrieren auf seinem linken Handrücken ließ Jayden aufmerken. Die Displayfolie war normalerweise nicht zu spüren. Nur wenn wichtige Nachrichten von der K.I. oder einem anderen Offizier seines Interesses bedurften, machte sie sich bemerkbar.

      Mit einem Wischen des rechten Zeigefingers rief er die eingegangene Nachricht ab. Sie stammte von Commander Ishida.

      »Wichtige Neuigkeiten?« Doktor Petrova nahm gerade die letzte Eingabe am Stasetank vor.

      Nach dem Abschluss der Einsatzbesprechung hatte sich Jayden auf die Bitte von Doktor Petrova hin auf die Krankenstation begeben. »Die Marines sind auf dem Weg zur Oberfläche. Bald können wir erste Nahbereichsscans des Objekts durchführen. Wie geht es mit

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