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Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9. Martina Meier
Читать онлайн.Название Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 9
Год выпуска 0
isbn 9783960743293
Автор произведения Martina Meier
Серия Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Издательство Bookwire
„Ich helfe dir“, bot Juliana geknickt an und wickelte emsig ihre Ärmel hoch. Gemeinsam backten sie mehrere Sorten, und seltsamerweise schlug ihre Mutter immer die Kekse vor, die Juliana meistens aus der Blechdose genascht hatte.
Am Mittag war der Vorrat wiederhergestellt. Vorsichtig durfte sie die alte Büchse in den kühlen Keller tragen. Dort überlegte sie, ob ein Plätzchen weniger auffallen würde, entschloss sich aber, der Versuchung zu widerstehen. Sie nahm sich vor, bis Weihnachten nicht mehr nach unten zu gehen, denn dann wollte sie noch von allen Sorten essen können. Als sie wieder oben war, beruhigte sie die Mutter.
„Wir haben die besten Plätzchen, aber ich glaube, die Einbrecher kommen kein zweites Mal zu uns. Bestimmt brechen sie in andere Häuser ein, um dort probieren zu können.“
Ihre Mama grinste sie an. „Ja, das wäre schön. Für dieses Jahr habe ich wirklich genug gebacken.“
Mit vollen Backen betrat Julianas Vater die Küche. „Schon als Kind konnte ich nicht bis Weihnachten auf die Plätzchen warten. Immer bin ich an die Verstecke geschlichen und habe genascht. Meine Eltern sprachen von einer Weihnachtsplätzchenbande, die nachts ihr Unwesen trieb. Ich bin ihnen dafür dankbar, denn so blieb ich unentdeckt.“
„Diese Bande kenn ich, die waren heute Nacht bei uns.“ Die Mutter lachte, nahm ihren Mann kurz in den Arm und verließ die Küche, um Zutaten fürs Mittagessen aus der Vorratskammer zu holen.
Ihr Vater hob Juliana auf den Arm und flüsterte: „Komm, wir gehen ausprobieren, ob zwei Kekse weniger auffallen.“
„Mensch, Papa, und ich dachte, so viel hab ich doch gar nicht gegessen.“
„Stimmt, das warst du nicht alleine. Auch ich bin immer wieder in den Keller geschlichen. Komm, einmal noch.“
Gern ließ sich die Kleine überreden.
Fred Keller wurde 1971 in Pforzheim geboren und liest fast ebenso lang. Mit vierzig fing er an zu schreiben. Seit 2015 gehört er zu dem Goldstadt-Autoren e.V. Dreimal war er in Anthologien des Papierfresserchens MTM-Verlags vertreten. Anfang 2016 erschien die Kurzgeschichtensammlung „Wenn die Sonne bläst“.
*
Der Stern von Bethlehem
Es ist bitterkalt. Und es schneit, als wolle es heute die ganze kleine Stadt derartig mit Schnee überdecken, dass kein Mensch die Eingangstüren zu den einzelnen Häusern finden kann.
Die beiden Dorfpolizisten, die gleich hinter dem Ortseingangsschild stehen, um Verkehrs- und Geschwindigkeitskontrollen durchzuführen, heißen Alfred und Georg. Jeder, der die beiden sieht, fragt sich, ob sie denn an Heiligabend nichts anderes zu tun haben, als ausgerechnet hier zu stehen. Und bei diesen verschneiten Straßen schleichen die wenigen Autos, die unterwegs sind, sowieso im Schritttempo.
Alfred und Georg wollen sich gerade in ihr Polizeiauto setzen, um sich ein wenig aufzuwärmen, als sie weit hinten am Himmel etwas ganz hell aufleuchten sehen.
„Du, Alfred“, flüstert Georg, dem vor Kälte sein Mund fast eingefroren ist, „siehst du es auch da hinten am Himmel hoch oben leuchten? Und es glitzert so.“
„Was soll das denn sein? Wenn das etwa ein Flugzeug ist, das die Landebahn bei dem dichten Schneetreiben nicht findet, dann knallt es bestimmt hier, wo wir stehen, herunter und aus ist’s mit uns!“
Georg hat diesen Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als das leuchtende Gefährt auch schon ganz dicht vor ihm auftaucht. Schnell drückt er bei seiner Polizeikelle auf den Knopf zum Anschalten der roten Lampe und streckt seinen Arm aus, um die Kelle gerade noch rechtzeitig zum Anhalten des Gefährtes anzuheben.
Ein langgezogenes „Brrrrr!“ ertönt und das Gefährt steht vor Alfred und Georg.
„Na, die Herren, was ist los? War ich zu schnell?“, fragt der Mann auf dem Gefährt, das seltsamerweise ein Schlitten zu sein scheint. Und ebenso seltsam ist, dass dort vorn kein Motor eingebaut, sondern dass dort ein Rentier angespannt ist. „Aber ihr wisst ja, ich bin der Weihnachtsmann, und als Weihnachtsmann hat man es immer eilig. Die vielen Kinder weltweit und die Erwachsenen, alle wollen heute pünktlich ihre Geschenke bekommen. Da kann es schon vorkommen, dass vielleicht die Geschwindigkeit etwas erhöht war.“
„Sie sind gut, etwas erhöht. Und was heißt hier überhaupt Ich bin der Weihnachtsmann? Heute haben wir schon ein paar Gestalten gesehen, die in roten Mänteln mit Kapuzen durch den Schnee gestapft sind. Wenn das wirklich alles echte Weihnachtsmänner gewesen sind, wie jeder von ihnen behauptet hat, dann ist wohl in meinem Kopf von der Kälte schon irgendetwas eingefroren ... oder ich habe Wahnvorstellungen.“
„Aber ich bin wirklich der echte, der einzig echte Weihnachtsmann“, antwortet der Weihnachtsmann und fügt dann flüsternd hinzu: „Und ich muss mal aufs Klo, dringend.“
„Hahaha“, freut sich Alfred, „das hab ich ja noch nicht gehört, der Weihnachtsmann muss aufs Klo. Jetzt haben Sie sich selbst verraten, dass Sie nicht der echte Weihnachtsmann sind. Ein Weihnachtsmann, der aufs Klo muss! So was gibt’s nicht! Und außerdem … wo ist denn Ihr Navigationsgerät, mit dem Sie die vielen Kinder und Erwachsenen in den Städten und Dörfern finden?“ Alfred kann sich kaum beruhigen und möchte am liebsten bei der Zeitung anrufen und die Geschichte schildern.
Er wird aber von Georg unterbrochen, der ihn an der Uniform zupft. Kaum hat Georg nämlich gehört, dass der Weihnachtsmann aufs Klo muss, verspürt auch er das Bedürfnis, zur Toilette zu gehen. „Du, Alfred, ich gehe mal schnell um die Ecke, aufs Klo im Revier, bin gleich wieder da.“
„Kann ich da nicht fix mitgehen?“, bettelt der Weihnachtsmann. „Ich muss so dringend. Und wenn es geht, achten Sie, lieber Kollege“, dabei zeigt er auf Alfred, „in der Zeit auf Rudolph, das ist mein Rentier vor dem Schlitten.“
„Das wird ja immer toller. Erst behaupten Sie, der Weihnachtsmann zu sein, dann haben Sie kein Navigationsgerät, dann müssen Sie aufs Klo und dann soll ich auch noch auf Rudolph aufpassen. Und Sie werden die Gelegenheit nutzen und abhauen. Wenn Sie um die Ecke gegangen sind, werden Sie losrennen und wir kriegen Sie nicht mehr. Dann stehen wir mit dem Schlitten, den Päckchen und Rudolph, dem Rentier, da. Von wegen. Nichts da!“, bleibt Georg standhaft und macht sich auf den Weg.
Da kommt Alfred eine Idee. „Wenn Sie etwas tun, was nur der echte Weihnachtsmann machen kann, dann will ich Ihnen glauben und Sie dürfen aufs Klo und ich nehme Ihnen auch für zu schnelles Fahren kein Strafgeld ab.“
Der Weihnachtsmann hat nicht viel Zeit zum Überlegen, denn er trippelt schon von einem Bein aufs andere, so dringend braucht er eine Toilette. „Sie haben doch als Polizeimeister auf Ihrer Schulterklappe Sterne aufgestickt, stimmt’s?“, fragt der Weihnachtsmann.
Alfred nickt zustimmend.
„Ich habe auch Sterne. Dort oben die Sterne am Himmel, sehen Sie?“
Wieder nickt Alfred.
„Und jetzt Obacht.“ Der Weihnachtsmann hebt die rechte Hand am ausgestreckten Arm zum Himmel.
„Sie sehen dort oben den sehr hell leuchtenden Stern, auf den mein Finger zeigt?“, fragt er Alfred, der auch diesmal wieder zustimmend nickt.
Der Weihnachtsmann macht jetzt mit der flachen Hand eine Bewegung am Himmel, als wenn er eine lange gerade Linie ziehen will. Und dann bewegt er die flache, ausgestreckte Hand von dieser gedachten Linie aus erst nach rechts und anschließend nach links. Und während er dies tut, werden Alfreds Augen immer größer und sein Mund klappt immer weiter auf. Die Sterne, die eben noch für ihn wie ungeordnet am Himmel standen, rücken auf einmal alle zur Seite, die einen weit nach links, die anderen weit nach rechts. Der hell leuchtende Stern, auf den der Weihnachtsmann Alfred vorher aufmerksam gemacht hat, steht nun allein und strahlend am Himmel. Und merkwürdig, es ist trotzdem nicht dunkler geworden auf der Erde.
Alfred