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RANDYS BAR: LEO

       EPILOG

      PROLOG

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      Als du aufwachst, weißt du: Du bist tot.

      Nicht weil du plötzlich Hunger auf Gehirne verspürst. Oder weil du mit dem Kopf an den Sargdeckel stößt. Oder weil ein Typ mit Heiligenschein dich durchdringend anschaut und murmelt: Hm, Himmel oder Hölle, wo haben wir ein Plätzchen für dich frei?

      Nein – du weißt, du bist tot, weil du die Pixel zählen kannst, aus denen die Wand deines Apartments besteht.

      Die Texturen auf dem Billigserver sind nicht gerade 4K, aber dafür genügt dein Erspartes, um ein paar hundert Jahre hier zu leben.

      Besser gesagt: installiert zu bleiben. Nicht gelöscht zu werden. Zu existieren.

      Willkommen auf dem Server gruft07 von e-tot.de. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Tod.

      Verrottete Scheiße!

      In miesen Hollywoodstreifen haben die Helden ungefähr bis zur zweiten Filmrolle Zeit, um sich zu erinnern, was ihnen widerfahren ist. Dich trifft es wie ein Tritt in den Magen am Morgen.

      Du würdest gerne kotzen, aber der Server unterstützt diese Funktion aus hygienischen Gründen nicht.

      Ruhig, Paul, ruhig.

      Laut Systemuhr ist heute Mittwoch. Montag hast du dein Gehirn auf den Server gewuppt, wie jede Nacht. Also musst du Dienstag gestorben sein. Dein Körper ist vielleicht gerade unterwegs zum Krematorium, und du …

      Du sitzt in deinem digitalen Wohnzimmer an einem 1800 Pixel breiten Tisch. Darauf liegt ein Büchlein, direkt vor dir. Zu auffällig, um unwichtig zu sein. Du schlägst es auf. Die ersten Seiten sind voller Lizenzvereinbarungen, es folgt eine Kurzanleitung, dann das ausführliche Handbuch, endlich auch persönliche Daten. Dein Todesbericht erinnert an amerikanische Idioten-Sitcoms: betrunken vom Balkon gestürzt, und das vor den Augen der Freundin.

      Mann, bist du ein erbärmlicher Versager.

      Das Büchlein klärt dich pflichtschuldig über Dinge auf, die du längst weißt: Im Standardtarif eingeschränkter Telefonsupport, dein Pass wurde eingezogen und falls du deine Memoiren schreibst, gehen neunzig Prozent der Einkünfte an e-tot.de. Na gut, die würde eh keiner kaufen. Es folgt eine rot leuchtende Empfehlung, bei mentalen Schwierigkeiten mit deinem Zustand mögest du dich an eines der zahlreichen Community-Foren wenden: Klicken Sie hier!

      Du findest weiter hinten eine bunt bebilderte Seite mit der Überschrift »Ihr persönlicher Organspendenachweis«. Fein säuberlich ist alles aufgelistet, mit Querverweisen zu den Empfängerprofilen. Deine Niere hat ein 22-jähriges Model aus Heidelberg (nicht schlecht!), deine Leber ein Herr Neumann aus Schweinfurt. Hoffentlich kein Säufer, die machen die nur kaputt.

      Du stehst auf und untersuchst den Raum. Das ist also deine Krypta: eine Wohnküche, billiges Sims-Design – einfarbige Texturen, die aus nächster Nähe ihre pixelige Beschaffenheit offenbaren. Für Gigapixel-Bilder, die nur mit dem Mikroskop von der Realität zu unterscheiden sind, hat’s nicht gereicht.

      Aber lieber billige Unsterblichkeit als ewiger Tod.

      Im Schrank liegen Junkfood und Fusel. Ist nicht mal ungesund. Nahrung ist überflüssig, wir E-Toten beziehen unsere Energie aus der Steckdose, hundert Prozent Ökostrom, Ehrensache!

      Essen ist eine Gewohnheit, die wir nicht ablegen können, um uns weiterhin menschlich zu fühlen. Alkohol wirkt dank eines umstrittenen Softwarepatents wie bei Lebenden, ist aber im Standardtarif streng rationiert. Als ob du dich hier ein weiteres Mal zu Tode saufen könntest.

      Drüben steht unterm Panoramafenster ein Bett mit blauen Kissen und Leselampe, der Großbildschirm an der Wand gegenüber zeigt ein Entspannungsvideo mit Fischen.

      Mia mochte Fische. Du nicht. Aber du mochtest Mia.

      Du bewegst den Arm, und die Fische tauchen ab. Das Hauptmenü erscheint. Du kannst im Netz surfen, E-Mails schreiben und empfangen ([email protected]), Chaträume besuchen und Online-Games spielen. Am besten schreibst du Mia gleich eine Mail. Dass es dir gut geht und dass du immer noch auf sie stehst.

      Das Gesicht deines Avatars wird zum Grinse-Smiley. Alles ist fast wie früher, auch dieses … Prickeln.

      Du fasst dir vorsichtig zwischen die Beine, weil du schlimme Dinge über puritanische E-Tod-Server in den USA gehört hast.

      Zum Glück ist alles noch da.

      Wenn auch hinter einem breiten schwarzen Balken.

      Ob es einen Hack dagegen gibt?

      Ganz sicher gibt es den. Es muss ihn einfach geben. Oder …?

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       Wichtiger Hinweis deines persönlichen E-Tod-Beraters

      Hallo Paul, im Namen von e-tot.de heiße ich dich überaus herzlich willkommen! Gemeinsam mit meinem Team aus fähigen Entwicklern und Administratoren sorge ich dafür, dass du dich bei uns lebendig und heimisch fühlst. Du kannst dich zu 100 % auf uns verlass [message too long, maxLength=255]

      PAUL1

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      Keine Frage, Paul fühlt sich pudelwohl: Das blaue Sofa ist weich und im Gegensatz zu seinem alten fleckenfrei, und er muss beim Bingewatching nicht mehr an der besten Stelle dringend pinkeln gehen.

      Wozu auch die unangenehmen Dinge des Lebens im digitalen Tod simulieren?

      Nach dem Staffelfinale von »Doktor Sonderbär übt Vergeltung« sitzt Paul etwas ratlos da. Unentschlossen navigiert er durch die Menüs seines Videosystems. Er verharrt kurz bei der Aufzeichnung seiner Beerdigung, aber die sieht er sich lieber ein andermal an. Ah, in ein paar Minuten beginnt die Übertragung eines Fußballspiels. Wuppertal gegen Rot-Weiss Essen. Eine Art Derby, Randale garantiert, auch wenn es um nichts geht. Ist Amateurliga. Für höhere Klassen ist das Abo zu teuer. Da muss Paul sich mit Aufzeichnungen begnügen.

      Pauls Blick fällt auf die Küchenzeile. Zeit für einen Imbiss!

      Er erhebt sich, freut sich, dass im E-Tod weder Gliedmaßen einschlafen noch Muskeln durch langes Herumfläzen ermüden, und läuft auf Socken zum Kühlschrank. Paul schnappt sich eine Flasche Erdbeerjoghurt und nippt genüsslich. Er wirft einen Blick auf das Label. Detailliert bis hin zu den Nährwertangaben und der Unbedenklichkeitserklärung für digitale Geschmacksstoffe. Künstliches Aroma, natürlich – echte Erdbeeren kann man hier kaum erwarten. »Du schmeckst gar nicht übel«, murmelt Paul.

      Er nimmt noch einen Schluck, dann stellt er den Joghurt wieder in den Kühlschrank. Bis zum nächsten Mal wird sich die Flasche aufgefüllt haben. Paul grinst. Probleme mit Plastikmüll gibt es hier unten nicht.

      »Unten«? Hat er das wirklich gerade gedacht?

      Paul tritt ans Panoramafenster. Gerade geht die Sonne auf. Das tut sie immer auf diesem Server, die ewige Morgenstimmung kennt Paul aus der Werbung. Sanftes, goldenes Licht flutet die Straßen der Stadt. Sieht ein bisschen aus wie SimCity, aber wirkt echt total echt.

      Pauls Wohnung liegt in einem Haus an einem Hügel, wie alle anderen auch. Die Aussicht ist phänomenal. Er stellt sich vor, dass in den anderen Häusern auch gerade Menschen an ihren Fenstern stehen und die Aussicht genießen. Sicher wird

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