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Die Lichtstein-Saga 3: Fineas. Nadine Erdmann
Читать онлайн.Название Die Lichtstein-Saga 3: Fineas
Год выпуска 0
isbn 9783958344037
Автор произведения Nadine Erdmann
Жанр Языкознание
Серия Die Lichtstein-Saga
Издательство Bookwire
Viele Ritter nickten zustimmend.
Auch Ignatius nickte und deutete auf den Mann, der neben ihm am Tisch saß. »Das stimmt und das haben wir bei unseren Planungen auch berücksichtigt. Dazu kann Ragnar euch aber mehr sagen. Er war in den letzten Tagen mit seinem Sohn und seiner Tochter auf Erkundungsritt im Großen Wald.«
Ragnar, der zweite Ratsvorsitzende, erhob sich, damit alle ihn besser sehen konnten. Er war einer der Ältesten hier im Saal und Liv schätzte ihn kaum jünger als Ignatius. Trotzdem strahlte er jede Menge Tatendrang und Vitalität aus und sein wettergegerbtes Gesicht verriet, dass er noch oft auf Patrouille ging.
»Wie Ignatius schon sagte, sind meine Kinder und ich durch den Wald geritten, um die Beobachtungen der Sylphen zu bestätigen und unser weiteres Vorgehen strategisch planen zu können. Wir haben die Gegend ausgekundschaftet, mit einigen Waldarbeitern und Jägern gesprochen und uns mit ein paar Schurken von Bartemis’ Bande herumgeschlagen. Was wir dabei herausgefunden haben, zeige ich euch jetzt hier.«
Während Ragnar eine riesige Karte vor sich ausrollte, rückten die Ritter der Garde enger um den Tisch zusammen, damit alle einen Blick darauf werfen konnten. Ben und Quin, die neben Ragnar am Tisch saßen, winkten Kaelan, Ari, Liv und Noah heran und traten selbst ein Stück zurück.
Kaelan schob Ari vor sich auf Quins Platz. Seit sie vor drei Tagen aus den Weißen Bergen zurückgekommen waren, trug Ari seinen linken Arm in einer Schlinge und Mia und Kaelan hatten dafür gesorgt, dass er sich so viel es ging ausruhte, um Kräfte zu regenerieren und die Wunden heilen zu lassen, die die Harpyien ihm bei ihrem Angriff auf der Brücke über der Weißen Schlucht in die Schulter gerissen hatten. Die Wunden heilten zwar gut, da Mia es mit diversen Tinkturen und Salben geschafft hatte, einer Entzündung entgegenzuwirken, trotzdem würde es noch eine Weile dauern, bis Ari nichts mehr davon spürte.
Liv betrachtete die Karte und brauchte einen Moment, um sich darauf zu orientieren. Ignatius hatte ihr in den letzten Tagen bereits ähnliche Karten von der Gegend ihrer nächsten Reise gezeigt, aber keine war so groß und detailliert gewesen wie Ragnars, die vermutlich extra für den riesigen Tisch im Versammlungssaal angefertigt worden war.
Die Karte zeigte das weitläufige Waldgebiet, das im Zentrum Interrias lag und sich mit schmaleren Ausläufern nach Osten in die Sumpfgebiete und nach Westen in die Berge ausdehnte. Zur Orientierung suchte Liv den Hauptweg, der von Norden nach Südwesten führte und von dem aus immer wieder Wege nach Osten, Westen und Süden abzweigten. Einige Gebiete des Waldes trugen eigene Namen und waren beschriftet mit Silberhain, Eichenholm oder Buchengrin. Kleine Häuser markierten Siedlungen von Holzfällern oder Jägern, im Nordosten gab es eine große Lichtung, über der in geschwungenen Buchstaben Waldsee stand, und im Südosten ging der Wald in ein Gebirge über. Rote Berge stand dort in schnörkeliger Schrift. Ein breiter Fluss teilte den Wald in der Mitte und Ignatius hatte Liv erklärt, dass dieser die Grenze zwischen zwei Jagdgebieten markierte. Das nördliche gehörte zu Burgedal, das südliche zu Dakenhall. Dort, wo der Hauptweg den Fluss kreuzte, waren auf beiden Seiten des Ufers kleine Dreiecke eingezeichnet.
Ragnar zog einen Zeigestock hervor und fuhr damit von Norden nach Süden den Hauptweg entlang. An einer Abzweigung verließ er mit dem Stock den breiten Hauptweg und folgte einem schmalen gewundenen Pfad in die Berge. »Das hier ist der direkte Weg zu den Roten Bergen, in denen das Tal der Drachen liegt.« Dann kehrte er zurück zum Hauptweg und folgte ihm Richtung Südwesten. »Hier lang geht es nach Dakenhall.« Er deutete wieder auf die Abzweigung. »Und ungefähr hier liegt der Eingang zur Schlucht. Sie ist der einzige Zugang zum Pfad, der ins Drachenland führt. Laut der Beobachtungen der Sylphen lässt Konstantin Septimus dort seine Truppen positionieren, um uns so den Weg abzuschneiden.«
»Besteht denn keine Möglichkeit, sich abseits der Wege durch den Wald zu schlagen und anders in die Roten Berge zu gelangen als durch diese Schlucht?«, fragte eine dunkelhäutige Frau, deren Namen Liv nicht kannte.
Ragnar schüttelte den Kopf und zeigte auf ein großflächiges Gebiet, das sich von Osten nach Süden zog und in das nichts weiter eingetragen war als ein gestrichelter kreisähnlicher Bereich. Elfenfeste stand darüber. »Dieser Teil des Waldes ist praktisch undurchdringlich. Mit den Pferden absolut unpassierbar und selbst zu Fuß bräuchte man eine Machete, um sich den Weg freizuschlagen. Die Zeit haben wir nicht.«
»Diese verdammten Elfen!«, brummte ein älterer Ritter mit einer langen Narbe auf der rechten Wange. »Igeln sich in ihrer Feste ein und lassen den ganzen Wald zuwuchern! Sobald wir Caya erneuert haben und Konstantin erledigt ist, sollten wir uns die endlich mal vornehmen.«
Etliche Ritter murmelten Zustimmung, doch Ignatius hob sofort beschwichtigend die Hände. »Ich gebe zu, dass das abweisende Verhalten der Elfen unsere Aufgabe nicht erleichtert, Gaius, aber –«
»Abweisende Verhalten?«, fiel Gaius ihm ins Wort und lachte auf. »Die verdammten Grünlinge führen sich auf wie trotzige Dreijährige! Hocken in ihrem Dschungel und schmollen seit hunderten von Jahren vor sich hin, weil sie sich von Cayaniel benachteiligt fühlen. Dass ich nicht lache! Cayaniel hat sie zu den Hütern des Waldes bestimmt, aber das kriegen sie offensichtlich nicht hin. Der Osten bis runter zu den Roten Bergen ist schon so verwildert, dass keiner der ursprünglich angelegten Wege mehr existiert und man sich kaum mehr durchschlagen kann. In der Mitte am Fluss macht sich Bartemis mit seinem Pack breiter und breiter. Immer häufiger überfällt er Reisende und bestiehlt unsere Holzfäller und Jäger! Ich dachte, es wäre die Aufgabe der Elfen, für Ordnung im Wald zu sorgen und genau solche Taten zu verhindern! Außerdem gab Cayaniel ihnen den Auftrag, die vier Lichtsteinvölker sowie uns Menschen zu unterstützen und dabei zu helfen, dass das Engelslicht immer rechtzeitig erneuert werden kann. Stattdessen schalten sie aber nur auf stur, verschanzen sich in ihrer Feste und lassen den Wald komplett verkommen! Wenn sie ihre Aufgabe nur halbwegs gewissenhaft erledigen würden, hätten sich Bartemis und seine Bande niemals im Wald breitmachen können, und wir müssten uns jetzt keine Strategie überlegen, wie wir an Konstantins Truppen vorbeikommen!«
Erneut gab viel Gemurmel zu verstehen, dass etliche Ritter das genauso sahen.
»Vielleicht sollten ein paar von uns mal bei ihnen vorbeischauen«, schlug Ranja vor. »Dann könnten wir den Elfen deutlichmachen, wie ernst die Lage für Interria und das Engelslicht im Moment ist. Wahrscheinlich wissen sie in ihrer Abgeschiedenheit noch gar nicht, wie es um unsere Welt bestellt ist, aber wenn sie erfahren, dass auch ihre Existenz bedroht ist, sind sie vielleicht bereit, ihren Beitrag zu leisten.«
Das Gemurmel, das auf diesen Vorschlag hin im Saal einsetzte, zeigte, dass die Garde über diesen Vorschlag geteilter Meinung war. Einige schienen Ranja zuzustimmen, andere schüttelten nur zweifelnd die Köpfe oder lachten gar, weil sie die Idee absurd fanden.
Ranja ließ sich davon jedoch nicht beirren und hob bloß die Schultern. »Ich denke, es wäre einen Versuch wert.«
»Ich denke, es wäre Zeitverschwendung!«, hielt Gaius dagegen. »Wir sollten lieber jeden verfügbaren Ritter zusammentrommeln und in den Süden zum Fuß der Roten Berge reiten. Wenn wir Glück haben, hat Konstantin noch nicht allzu viele Männer dort zusammengezogen. Wir kämpfen uns den Weg frei und die Cays holen Fineas. Dafür brauchen wir die Elfen nicht.«
Die Ritter der Garde begannen erneut untereinander zu diskutieren. Einen Moment lang ließ Ignatius sie gewähren, dann verschaffte er sich mit seinem Holzhammer wieder Gehör.
»Ich denke, wir sollten beide Möglichkeiten ausschöpfen. Ranja hat recht, die Elfen könnten wertvolle Verbündete gegen Konstantin und seine Männer sein und wären vielleicht wirklich bereit, zu helfen, wenn sie wüssten, wie ernst es um unsere Heimat steht.«
Gaius schnaufte wenig überzeugt.
Ignatius nickte ihm zu. »Trotzdem stimme ich auch dir zu, Gaius. Wir können uns nicht auf die Hilfe der Elfen verlassen, also müssen wir uns dafür wappnen, allein gegen Konstantin vorzugehen.«
Gaius nickte zufrieden. »Gibt